Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Mein Zutrauen war freilich kein liebenswürdiges
Kind, es wußte sich nicht beliebt zu machen, nichts Schö¬
nes zu erzählen, dabei flüsterten ihm die Umstehenden
immer zu: Kind sei klug! gehe nicht weiter vorwärts,
der Clemens wird Dir plötzlich einen Streich spielen und
Dir die Schuld geben daß er Dich nicht mehr ausstehen
könne. Da wurde das Kind verwirrt und ungeschickt,
es wußte nicht recht wie man klug sei, und schwankte
hin und her, darf man ihm das so übel nehmen? --
Aber eigensinnig ist das Kind nicht. Wenn es im
Hause freundlich und gut aufgenommen wird, kehrt es
sicher lieber um, als daß es länger auf der Straße
verweile.

So kannst Du dem Clemens über mich berichten,
auch daß seine Scherze über meine Art zu schreiben
und die ungefügen Worte die ich gebrauche, mich nicht
verdrießen, ich muß mich bei dieser Stelle seines Briefs
immer auslachen und werde das Wort Rathschläge gar
nicht mehr gebrauchen können, überdem erinnert es mich
auch noch an Burzelbäume. --

Ich kenne wenig Menschen und vielleicht niemand
ganz genau, denn ich bin sehr ungeschickt andre zu beobach¬
ten. -- Wenn ich daher einen Moment verstehe in ihm,
so kann ich von diesem nicht auf alle übrigen schließen.

Mein Zutrauen war freilich kein liebenswürdiges
Kind, es wußte ſich nicht beliebt zu machen, nichts Schö¬
nes zu erzählen, dabei flüſterten ihm die Umſtehenden
immer zu: Kind ſei klug! gehe nicht weiter vorwärts,
der Clemens wird Dir plötzlich einen Streich ſpielen und
Dir die Schuld geben daß er Dich nicht mehr ausſtehen
könne. Da wurde das Kind verwirrt und ungeſchickt,
es wußte nicht recht wie man klug ſei, und ſchwankte
hin und her, darf man ihm das ſo übel nehmen? —
Aber eigenſinnig iſt das Kind nicht. Wenn es im
Hauſe freundlich und gut aufgenommen wird, kehrt es
ſicher lieber um, als daß es länger auf der Straße
verweile.

So kannſt Du dem Clemens über mich berichten,
auch daß ſeine Scherze über meine Art zu ſchreiben
und die ungefügen Worte die ich gebrauche, mich nicht
verdrießen, ich muß mich bei dieſer Stelle ſeines Briefs
immer auslachen und werde das Wort Rathſchläge gar
nicht mehr gebrauchen können, überdem erinnert es mich
auch noch an Burzelbäume. —

Ich kenne wenig Menſchen und vielleicht niemand
ganz genau, denn ich bin ſehr ungeſchickt andre zu beobach¬
ten. — Wenn ich daher einen Moment verſtehe in ihm,
ſo kann ich von dieſem nicht auf alle übrigen ſchließen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0213" n="199"/>
          <p>Mein Zutrauen war freilich kein liebenswürdiges<lb/>
Kind, es wußte &#x017F;ich nicht beliebt zu machen, nichts Schö¬<lb/>
nes zu erzählen, dabei flü&#x017F;terten ihm die Um&#x017F;tehenden<lb/>
immer zu: Kind &#x017F;ei klug! gehe nicht weiter vorwärts,<lb/>
der Clemens wird Dir plötzlich einen Streich &#x017F;pielen und<lb/>
Dir die Schuld geben daß er Dich nicht mehr aus&#x017F;tehen<lb/>
könne. Da wurde das Kind verwirrt und unge&#x017F;chickt,<lb/>
es wußte nicht recht wie man klug &#x017F;ei, und &#x017F;chwankte<lb/>
hin und her, darf man ihm das &#x017F;o übel nehmen? &#x2014;<lb/>
Aber eigen&#x017F;innig i&#x017F;t das Kind nicht. Wenn es im<lb/>
Hau&#x017F;e freundlich und gut aufgenommen wird, kehrt es<lb/>
&#x017F;icher lieber um, als daß es länger auf der Straße<lb/>
verweile.</p><lb/>
          <p>So kann&#x017F;t Du dem Clemens über mich berichten,<lb/>
auch daß &#x017F;eine Scherze über meine Art zu &#x017F;chreiben<lb/>
und die ungefügen Worte die ich gebrauche, mich nicht<lb/>
verdrießen, ich muß mich bei die&#x017F;er Stelle &#x017F;eines Briefs<lb/>
immer auslachen und werde das Wort Rath&#x017F;chläge gar<lb/>
nicht mehr gebrauchen können, überdem erinnert es mich<lb/>
auch noch an Burzelbäume. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ich kenne wenig Men&#x017F;chen und vielleicht niemand<lb/>
ganz genau, denn ich bin &#x017F;ehr unge&#x017F;chickt andre zu beobach¬<lb/>
ten. &#x2014; Wenn ich daher einen Moment ver&#x017F;tehe in ihm,<lb/>
&#x017F;o kann ich von die&#x017F;em nicht auf alle übrigen &#x017F;chließen.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0213] Mein Zutrauen war freilich kein liebenswürdiges Kind, es wußte ſich nicht beliebt zu machen, nichts Schö¬ nes zu erzählen, dabei flüſterten ihm die Umſtehenden immer zu: Kind ſei klug! gehe nicht weiter vorwärts, der Clemens wird Dir plötzlich einen Streich ſpielen und Dir die Schuld geben daß er Dich nicht mehr ausſtehen könne. Da wurde das Kind verwirrt und ungeſchickt, es wußte nicht recht wie man klug ſei, und ſchwankte hin und her, darf man ihm das ſo übel nehmen? — Aber eigenſinnig iſt das Kind nicht. Wenn es im Hauſe freundlich und gut aufgenommen wird, kehrt es ſicher lieber um, als daß es länger auf der Straße verweile. So kannſt Du dem Clemens über mich berichten, auch daß ſeine Scherze über meine Art zu ſchreiben und die ungefügen Worte die ich gebrauche, mich nicht verdrießen, ich muß mich bei dieſer Stelle ſeines Briefs immer auslachen und werde das Wort Rathſchläge gar nicht mehr gebrauchen können, überdem erinnert es mich auch noch an Burzelbäume. — Ich kenne wenig Menſchen und vielleicht niemand ganz genau, denn ich bin ſehr ungeſchickt andre zu beobach¬ ten. — Wenn ich daher einen Moment verſtehe in ihm, ſo kann ich von dieſem nicht auf alle übrigen ſchließen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/213
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/213>, abgerufen am 22.11.2024.