Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

neres keinen treffenden Bericht kann erstatten, von dem
ich jetzt ahne daß es heiter thront über Wolken, die ih¬
ren Schatten zwar nach der Erde werfen, auf denen Du
aber, himmlisch getragen im Licht schwelgst. --

Hier leg ich Dir das Blatt bei das ich eh der Clau¬
dine Brief kam geschrieben hatte, am Montag wos auf
dem Thurm so frühlingsmäßig war daß ich an keinen
Winter mehr glaubte.

Erstes Blatt vom Montag.

Der poetische Vortrag vom Sonnabend hat mir
seinen wechselnden Rhythmus wie in eine Orgelwalze
eingehämmert, der sogar meine Reden einschnürt; so
leicht kann eine fremde Kraft meinen Geist überwälti¬
gen. Dem Weiß hab ich gestern meinen Gutenachtgruß
wie er behauptet in Hexametern vorgestammelt, wundre
Dich nicht daß ich diesem Plaggeist, weil ich so abend¬
müde bin die Zügel schießen lasse und Dir die Natur¬
seltenheit eines frühlingsträumenden Winterabends in
aufdringlichen Rhythmen vortanze.

Eilt die Sonne nieder zu dem Abend
Löscht das kühle Blau in Purpurgluthen
Dammrungsruhe trinken alle Gipfel.
II. 7

neres keinen treffenden Bericht kann erſtatten, von dem
ich jetzt ahne daß es heiter thront über Wolken, die ih¬
ren Schatten zwar nach der Erde werfen, auf denen Du
aber, himmliſch getragen im Licht ſchwelgſt. —

Hier leg ich Dir das Blatt bei das ich eh der Clau¬
dine Brief kam geſchrieben hatte, am Montag wos auf
dem Thurm ſo frühlingsmäßig war daß ich an keinen
Winter mehr glaubte.

Erſtes Blatt vom Montag.

Der poetiſche Vortrag vom Sonnabend hat mir
ſeinen wechſelnden Rhythmus wie in eine Orgelwalze
eingehämmert, der ſogar meine Reden einſchnürt; ſo
leicht kann eine fremde Kraft meinen Geiſt überwälti¬
gen. Dem Weiß hab ich geſtern meinen Gutenachtgruß
wie er behauptet in Hexametern vorgeſtammelt, wundre
Dich nicht daß ich dieſem Plaggeiſt, weil ich ſo abend¬
müde bin die Zügel ſchießen laſſe und Dir die Natur¬
ſeltenheit eines frühlingsträumenden Winterabends in
aufdringlichen Rhythmen vortanze.

Eilt die Sonne nieder zu dem Abend
Löſcht das kühle Blau in Purpurgluthen
Dammrungsruhe trinken alle Gipfel.
II. 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0159" n="145"/>
neres keinen treffenden Bericht kann er&#x017F;tatten, von dem<lb/>
ich jetzt ahne daß es heiter thront über Wolken, die ih¬<lb/>
ren Schatten zwar nach der Erde werfen, auf denen Du<lb/>
aber, himmli&#x017F;ch getragen im Licht &#x017F;chwelg&#x017F;t. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Hier leg ich Dir das Blatt bei das ich eh der Clau¬<lb/>
dine Brief kam ge&#x017F;chrieben hatte, am Montag wos auf<lb/>
dem Thurm &#x017F;o frühlingsmäßig war daß ich an keinen<lb/>
Winter mehr glaubte.</p><lb/>
          <p rendition="#right">Er&#x017F;tes Blatt vom Montag.</p><lb/>
          <p>Der poeti&#x017F;che Vortrag vom Sonnabend hat mir<lb/>
&#x017F;einen wech&#x017F;elnden Rhythmus wie in eine Orgelwalze<lb/>
eingehämmert, der &#x017F;ogar meine Reden ein&#x017F;chnürt; &#x017F;o<lb/>
leicht kann eine fremde Kraft meinen Gei&#x017F;t überwälti¬<lb/>
gen. Dem Weiß hab ich ge&#x017F;tern meinen Gutenachtgruß<lb/>
wie er behauptet in Hexametern vorge&#x017F;tammelt, wundre<lb/>
Dich nicht daß ich die&#x017F;em Plaggei&#x017F;t, weil ich &#x017F;o abend¬<lb/>
müde bin die Zügel &#x017F;chießen la&#x017F;&#x017F;e und Dir die Natur¬<lb/>
&#x017F;eltenheit eines frühlingsträumenden Winterabends in<lb/>
aufdringlichen Rhythmen vortanze.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Eilt die Sonne nieder zu dem Abend</l><lb/>
              <l>&#x017F;cht das kühle Blau in Purpurgluthen</l><lb/>
              <l>Dammrungsruhe trinken alle Gipfel.</l><lb/>
            </lg>
            <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. 7<lb/></fw>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0159] neres keinen treffenden Bericht kann erſtatten, von dem ich jetzt ahne daß es heiter thront über Wolken, die ih¬ ren Schatten zwar nach der Erde werfen, auf denen Du aber, himmliſch getragen im Licht ſchwelgſt. — Hier leg ich Dir das Blatt bei das ich eh der Clau¬ dine Brief kam geſchrieben hatte, am Montag wos auf dem Thurm ſo frühlingsmäßig war daß ich an keinen Winter mehr glaubte. Erſtes Blatt vom Montag. Der poetiſche Vortrag vom Sonnabend hat mir ſeinen wechſelnden Rhythmus wie in eine Orgelwalze eingehämmert, der ſogar meine Reden einſchnürt; ſo leicht kann eine fremde Kraft meinen Geiſt überwälti¬ gen. Dem Weiß hab ich geſtern meinen Gutenachtgruß wie er behauptet in Hexametern vorgeſtammelt, wundre Dich nicht daß ich dieſem Plaggeiſt, weil ich ſo abend¬ müde bin die Zügel ſchießen laſſe und Dir die Natur¬ ſeltenheit eines frühlingsträumenden Winterabends in aufdringlichen Rhythmen vortanze. Eilt die Sonne nieder zu dem Abend Löſcht das kühle Blau in Purpurgluthen Dammrungsruhe trinken alle Gipfel. II. 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/159
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/159>, abgerufen am 22.11.2024.