Zeit zurückweichen wollen. Nein! -- Geistessehnsucht bildet Frühlingskeime, und Lebenwollen ist Liebe zu diesen Keimen, des Geistes Lebensbegierde ist dasselbe Treiben was in der Natur ist, wo Keim auf Keim auf¬ sprießt; und eine Lebensmelancholie kann nur sein wo der Geist stockt, wo er den Trieb verliert, der Natur gleich, mit heißem Blut seine Triebe zu nähren; das wär die Jugend aufgeben; -- das ganze Leben ist nur Ein¬ mal Frühlingsaufathmen, und ob wir zwanzig oder drei¬ ßig oder hundert Jahr zählen, so lang muß der Athemzug aushalten, aufstrebend ins Leben, mit allen Kräften, in vollster reichster Blüthe den Duft ausbreitend in die Weite auf schwingenbeladenen Winden. -- Wie kannst Du da nur um Jugend Dich grämen? -- und wer anders lebt der ist kein Lebender im Geist. -- Und an was denkst Du in Dir selber? -- zu was empfindest Du Dich hin, als blos zum Ziel! -- zur Umarmung mit einem Ideal was innerlich Dir vorschwebt, -- Du sehnst Dich ihm, entge¬ gen innerlich, alles was Du thust ist Aufstreben; Kind¬ schaft, Jünglingschaft das ganze Leben; wie kann da von der Jugend Ende auf Erden die Rede sein. -- Ju¬ gend bricht in voller Blüthe hervor erst wenns Leben am Ende ist. Hast Du nicht gesehen an manchen Pflan¬
Zeit zurückweichen wollen. Nein! — Geiſtesſehnſucht bildet Frühlingskeime, und Lebenwollen iſt Liebe zu dieſen Keimen, des Geiſtes Lebensbegierde iſt daſſelbe Treiben was in der Natur iſt, wo Keim auf Keim auf¬ ſprießt; und eine Lebensmelancholie kann nur ſein wo der Geiſt ſtockt, wo er den Trieb verliert, der Natur gleich, mit heißem Blut ſeine Triebe zu nähren; das wär die Jugend aufgeben; — das ganze Leben iſt nur Ein¬ mal Frühlingsaufathmen, und ob wir zwanzig oder drei¬ ßig oder hundert Jahr zählen, ſo lang muß der Athemzug aushalten, aufſtrebend ins Leben, mit allen Kräften, in vollſter reichſter Blüthe den Duft ausbreitend in die Weite auf ſchwingenbeladenen Winden. — Wie kannſt Du da nur um Jugend Dich grämen? — und wer anders lebt der iſt kein Lebender im Geiſt. — Und an was denkſt Du in Dir ſelber? — zu was empfindeſt Du Dich hin, als blos zum Ziel! — zur Umarmung mit einem Ideal was innerlich Dir vorſchwebt, — Du ſehnſt Dich ihm, entge¬ gen innerlich, alles was Du thuſt iſt Aufſtreben; Kind¬ ſchaft, Jünglingſchaft das ganze Leben; wie kann da von der Jugend Ende auf Erden die Rede ſein. — Ju¬ gend bricht in voller Blüthe hervor erſt wenns Leben am Ende iſt. Haſt Du nicht geſehen an manchen Pflan¬
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Zeit zurückweichen wollen. Nein! — Geiſtesſehnſucht
bildet Frühlingskeime, und Lebenwollen iſt Liebe zu
dieſen Keimen, des Geiſtes Lebensbegierde iſt daſſelbe
Treiben was in der Natur iſt, wo Keim auf Keim auf¬
ſprießt; und eine Lebensmelancholie kann nur ſein wo
der Geiſt ſtockt, wo er den Trieb verliert, der Natur
gleich, mit heißem Blut ſeine Triebe zu nähren; das
wär die Jugend aufgeben; — das ganze Leben iſt nur Ein¬
mal Frühlingsaufathmen, und ob wir zwanzig oder drei¬
ßig oder hundert Jahr zählen, ſo lang muß der Athemzug
aushalten, aufſtrebend ins Leben, mit allen Kräften, in
vollſter reichſter Blüthe den Duft ausbreitend in die Weite
auf ſchwingenbeladenen Winden. — Wie kannſt Du da nur
um Jugend Dich grämen? — und wer anders lebt der
iſt kein Lebender im Geiſt. — Und an was denkſt Du
in Dir ſelber? — zu was empfindeſt Du Dich hin, als
blos zum Ziel! — zur Umarmung mit einem Ideal was
innerlich Dir vorſchwebt, — Du ſehnſt Dich ihm, entge¬
gen innerlich, alles was Du thuſt iſt Aufſtreben; Kind¬
ſchaft, Jünglingſchaft das ganze Leben; wie kann da
von der Jugend Ende auf Erden die Rede ſein. — Ju¬
gend bricht in voller Blüthe hervor erſt wenns Leben
am Ende iſt. Haſt Du nicht geſehen an manchen Pflan¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/156>, abgerufen am 22.11.2024.
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