von ihm vorübergegangen, sein Brief hat mich betrübt weil er mir die verworrnen Schmerzen seines Gemüths deutlich und doch wieder dunkel darstellt, auch wenn ich ihn nie gesehen hätte, würde mich dieser kalte Le¬ bensüberdruß tief und schmerzlich bewegen. -- Er stellt sich so an den Rand der Jugend als habe sie ihn ausgestoßen, wie mich das schmerzt, wollt er es doch anders sein lassen, lieber die vergangne Zeit zurückru¬ fen und fortleben ewig frisch, jung und träumerisch, wie er es gewiß könnte; es wird und muß wieder so mit ihm werden, und Du mußt ihm jetzt recht anhäng¬ lich schreiben, Dein freieres Bewegen, wo Du sonst so von ihm abzuhängen schienst, wird ihm wohl auch un¬ gewohnt und empfindlich sein; Du kannst es nicht än¬ dern, aber ersetze es ihm. Du schriebst ja immer nur kurze Briefe an ihn, aber schreib doch öfter. -- Sein Beifall an meinen Gedichten erfreut mich, und mehr wird es keiner. Er schreibt Savigny habe die Nach¬ richt aus Paris, daß eine Übersetzung dort vom Tian gemacht sei, ihm mitgetheilt, frag ihn doch und schreib mir etwas Näheres darüber.
Dem Molitor hab ich Deine Ansichten über die Erziehungen lesen lassen, es freute ihn und ver¬ spricht Dich nicht mehr zu stören, das ist mir lieb,
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von ihm vorübergegangen, ſein Brief hat mich betrübt weil er mir die verworrnen Schmerzen ſeines Gemüths deutlich und doch wieder dunkel darſtellt, auch wenn ich ihn nie geſehen hätte, würde mich dieſer kalte Le¬ bensüberdruß tief und ſchmerzlich bewegen. — Er ſtellt ſich ſo an den Rand der Jugend als habe ſie ihn ausgeſtoßen, wie mich das ſchmerzt, wollt er es doch anders ſein laſſen, lieber die vergangne Zeit zurückru¬ fen und fortleben ewig friſch, jung und träumeriſch, wie er es gewiß könnte; es wird und muß wieder ſo mit ihm werden, und Du mußt ihm jetzt recht anhäng¬ lich ſchreiben, Dein freieres Bewegen, wo Du ſonſt ſo von ihm abzuhängen ſchienſt, wird ihm wohl auch un¬ gewohnt und empfindlich ſein; Du kannſt es nicht än¬ dern, aber erſetze es ihm. Du ſchriebſt ja immer nur kurze Briefe an ihn, aber ſchreib doch öfter. — Sein Beifall an meinen Gedichten erfreut mich, und mehr wird es keiner. Er ſchreibt Savigny habe die Nach¬ richt aus Paris, daß eine Überſetzung dort vom Tian gemacht ſei, ihm mitgetheilt, frag ihn doch und ſchreib mir etwas Näheres darüber.
Dem Molitor hab ich Deine Anſichten über die Erziehungen leſen laſſen, es freute ihn und ver¬ ſpricht Dich nicht mehr zu ſtören, das iſt mir lieb,
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von ihm vorübergegangen, ſein Brief hat mich betrübt
weil er mir die verworrnen Schmerzen ſeines Gemüths
deutlich und doch wieder dunkel darſtellt, auch wenn
ich ihn nie geſehen hätte, würde mich dieſer kalte Le¬
bensüberdruß tief und ſchmerzlich bewegen. — Er ſtellt
ſich ſo an den Rand der Jugend als habe ſie ihn
ausgeſtoßen, wie mich das ſchmerzt, wollt er es doch
anders ſein laſſen, lieber die vergangne Zeit zurückru¬
fen und fortleben ewig friſch, jung und träumeriſch,
wie er es gewiß könnte; es wird und muß wieder ſo
mit ihm werden, und Du mußt ihm jetzt recht anhäng¬
lich ſchreiben, Dein freieres Bewegen, wo Du ſonſt ſo
von ihm abzuhängen ſchienſt, wird ihm wohl auch un¬
gewohnt und empfindlich ſein; Du kannſt es nicht än¬
dern, aber erſetze es ihm. Du ſchriebſt ja immer nur
kurze Briefe an ihn, aber ſchreib doch öfter. — Sein
Beifall an meinen Gedichten erfreut mich, und mehr
wird es keiner. Er ſchreibt Savigny habe die Nach¬
richt aus Paris, daß eine Überſetzung dort vom Tian
gemacht ſei, ihm mitgetheilt, frag ihn doch und ſchreib
mir etwas Näheres darüber.
Dem Molitor hab ich Deine Anſichten über die
Erziehungen leſen laſſen, es freute ihn und ver¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/143>, abgerufen am 23.11.2024.
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