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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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fühle eine Neigung zu diesem Treiben!" -- "mein aufgeregt
Gefühl gehe mit mir durch," -- Du sagst alles im Scherz
es kränkt mich doch -- aber der Scherz kommt nicht aus
Dir. -- Du scherzest wie ein thauigter Zweig der mich
ansprützt, wie das Morgenlüftchen das mich neckt, aber
nicht mit brandigen Hadern mich andampft. -- So
viel prophetische Gabe kannst Du mir zutrauen daß
es mir ahnend im Geist liegt, diese Strohflamme so
gewaltig sie um sich griff, so schneller wird sie ver¬
flackern; bald wird alles in Asche versunken sein,
-- und Du machst mirs zum Vorwurf daß ich mit
des Ostertag schlechter Übersetzung mich so lang ge¬
plackt hab, -- weil ich wolle die großen Kaiserrollen
studieren? freilich hab ich diese zwölf Kaiser mit In¬
teresse studiert, und hab gefunden was ich vorher
hätte sagen können, daß alle Tyrannen arglistige klein¬
liche Naturen waren, sie gaben Befehle wo ihre
Bitten genügt hätten, der Fortgang ihrer Macht ent¬
wickelt sich aus des Pöbels Eitelkeit, überall war so
viel Knechtsinn für Hofpracht so viel Wahnsinn die
Seele diesem Götzen zu verschreiben, und wie denn al¬
les Narrheit wird so ergoß sich alles in die Quelle der
Hoffart, -- Das ists was ich in diesen zwölf Kaisern
studierte, aber ich suchte nicht nach Ähnlichkeiten seiner

Größe

fühle eine Neigung zu dieſem Treiben!“ — „mein aufgeregt
Gefühl gehe mit mir durch,“ — Du ſagſt alles im Scherz
es kränkt mich doch — aber der Scherz kommt nicht aus
Dir. — Du ſcherzeſt wie ein thauigter Zweig der mich
anſprützt, wie das Morgenlüftchen das mich neckt, aber
nicht mit brandigen Hadern mich andampft. — So
viel prophetiſche Gabe kannſt Du mir zutrauen daß
es mir ahnend im Geiſt liegt, dieſe Strohflamme ſo
gewaltig ſie um ſich griff, ſo ſchneller wird ſie ver¬
flackern; bald wird alles in Aſche verſunken ſein,
— und Du machſt mirs zum Vorwurf daß ich mit
des Oſtertag ſchlechter Überſetzung mich ſo lang ge¬
plackt hab, — weil ich wolle die großen Kaiſerrollen
ſtudieren? freilich hab ich dieſe zwölf Kaiſer mit In¬
tereſſe ſtudiert, und hab gefunden was ich vorher
hätte ſagen können, daß alle Tyrannen argliſtige klein¬
liche Naturen waren, ſie gaben Befehle wo ihre
Bitten genügt hätten, der Fortgang ihrer Macht ent¬
wickelt ſich aus des Pöbels Eitelkeit, überall war ſo
viel Knechtſinn für Hofpracht ſo viel Wahnſinn die
Seele dieſem Götzen zu verſchreiben, und wie denn al¬
les Narrheit wird ſo ergoß ſich alles in die Quelle der
Hoffart, — Das iſts was ich in dieſen zwölf Kaiſern
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Größe
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[120/0134] fühle eine Neigung zu dieſem Treiben!“ — „mein aufgeregt Gefühl gehe mit mir durch,“ — Du ſagſt alles im Scherz es kränkt mich doch — aber der Scherz kommt nicht aus Dir. — Du ſcherzeſt wie ein thauigter Zweig der mich anſprützt, wie das Morgenlüftchen das mich neckt, aber nicht mit brandigen Hadern mich andampft. — So viel prophetiſche Gabe kannſt Du mir zutrauen daß es mir ahnend im Geiſt liegt, dieſe Strohflamme ſo gewaltig ſie um ſich griff, ſo ſchneller wird ſie ver¬ flackern; bald wird alles in Aſche verſunken ſein, — und Du machſt mirs zum Vorwurf daß ich mit des Oſtertag ſchlechter Überſetzung mich ſo lang ge¬ plackt hab, — weil ich wolle die großen Kaiſerrollen ſtudieren? freilich hab ich dieſe zwölf Kaiſer mit In¬ tereſſe ſtudiert, und hab gefunden was ich vorher hätte ſagen können, daß alle Tyrannen argliſtige klein¬ liche Naturen waren, ſie gaben Befehle wo ihre Bitten genügt hätten, der Fortgang ihrer Macht ent¬ wickelt ſich aus des Pöbels Eitelkeit, überall war ſo viel Knechtſinn für Hofpracht ſo viel Wahnſinn die Seele dieſem Götzen zu verſchreiben, und wie denn al¬ les Narrheit wird ſo ergoß ſich alles in die Quelle der Hoffart, — Das iſts was ich in dieſen zwölf Kaiſern ſtudierte, aber ich ſuchte nicht nach Ähnlichkeiten ſeiner Größe

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/134>, abgerufen am 24.11.2024.