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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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Samstag.

Der gestrige Abend war ein Gedulderprobender, es
war wieder Dämmerungsstunde erfüllt mit allerlei Ga¬
ben der Muse. Schäfer der ein feiner und geistreicher
Mann ist, hörte mit zu; Savigny ist gar liebenswürdig
mit seinen Freunden und Bekannten, die höchste Güte
leuchtet aus ihm, so befindet sich alles kindlich wohl
und heiter um ihn her. Es wurden Gedichte vorgele¬
sen vom Autor; das ist schwierig für den Leser und
für den Hörer, da sind zwei Fragen: wo kommen die
Gedichte her und wo wollen sie hin, die meisten be¬
haupten ihre Abkunft aus dem Feuergeist der Liebe
und behaupten ihr Recht ins Herz einzukehren. -- Ich
saß in der Ecke und hörte ein lang Gedicht mit den
Ohren, die Seele sehnte sich hinaus in den Schnee,
in die sternenhallende Luft; die Sterne haben einen
Ton, einen sprechenden Laut der viel vernehmlicher ist
in klarer Winternacht wie im Sommer; -- vernehmlich,
nicht hörbar, wie denn alles in der Natur vernehm¬
lich ist, wenns auch die äußeren Sinne nicht gewahr
werden. Ich dachte mich hinaus in alle Welt wäh¬
rend dem Rollen auf der Versechaussee; meinem Nach¬
bar mochte es wohl auch schwer auf dem Herzen lie¬

Samstag.

Der geſtrige Abend war ein Gedulderprobender, es
war wieder Dämmerungsſtunde erfüllt mit allerlei Ga¬
ben der Muſe. Schäfer der ein feiner und geiſtreicher
Mann iſt, hörte mit zu; Savigny iſt gar liebenswürdig
mit ſeinen Freunden und Bekannten, die höchſte Güte
leuchtet aus ihm, ſo befindet ſich alles kindlich wohl
und heiter um ihn her. Es wurden Gedichte vorgele¬
ſen vom Autor; das iſt ſchwierig für den Leſer und
für den Hörer, da ſind zwei Fragen: wo kommen die
Gedichte her und wo wollen ſie hin, die meiſten be¬
haupten ihre Abkunft aus dem Feuergeiſt der Liebe
und behaupten ihr Recht ins Herz einzukehren. — Ich
ſaß in der Ecke und hörte ein lang Gedicht mit den
Ohren, die Seele ſehnte ſich hinaus in den Schnee,
in die ſternenhallende Luft; die Sterne haben einen
Ton, einen ſprechenden Laut der viel vernehmlicher iſt
in klarer Winternacht wie im Sommer; — vernehmlich,
nicht hörbar, wie denn alles in der Natur vernehm¬
lich iſt, wenns auch die äußeren Sinne nicht gewahr
werden. Ich dachte mich hinaus in alle Welt wäh¬
rend dem Rollen auf der Verſechauſſee; meinem Nach¬
bar mochte es wohl auch ſchwer auf dem Herzen lie¬

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[107/0121] Samstag. Der geſtrige Abend war ein Gedulderprobender, es war wieder Dämmerungsſtunde erfüllt mit allerlei Ga¬ ben der Muſe. Schäfer der ein feiner und geiſtreicher Mann iſt, hörte mit zu; Savigny iſt gar liebenswürdig mit ſeinen Freunden und Bekannten, die höchſte Güte leuchtet aus ihm, ſo befindet ſich alles kindlich wohl und heiter um ihn her. Es wurden Gedichte vorgele¬ ſen vom Autor; das iſt ſchwierig für den Leſer und für den Hörer, da ſind zwei Fragen: wo kommen die Gedichte her und wo wollen ſie hin, die meiſten be¬ haupten ihre Abkunft aus dem Feuergeiſt der Liebe und behaupten ihr Recht ins Herz einzukehren. — Ich ſaß in der Ecke und hörte ein lang Gedicht mit den Ohren, die Seele ſehnte ſich hinaus in den Schnee, in die ſternenhallende Luft; die Sterne haben einen Ton, einen ſprechenden Laut der viel vernehmlicher iſt in klarer Winternacht wie im Sommer; — vernehmlich, nicht hörbar, wie denn alles in der Natur vernehm¬ lich iſt, wenns auch die äußeren Sinne nicht gewahr werden. Ich dachte mich hinaus in alle Welt wäh¬ rend dem Rollen auf der Verſechauſſee; meinem Nach¬ bar mochte es wohl auch ſchwer auf dem Herzen lie¬

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/121>, abgerufen am 24.11.2024.