Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Des Sehers Traum
Durchflieget den Raum
Und all' die künftigen Zeiten,
Bald kostet er, in trunknem Wahne,
Die Seligkeit gelung'ner Plane,
Dann sieht er seinen Untergang.
Entsetzen und Wuth,
Mit wechselnder Fluth,
Kämpfen im innersten Leben,
Von Zweifeln, ruft er, nur umgeben!
Verhauchet der Entschluß sein Leben!
Eh' Reu ihn und Mißlingen straft.
Der Gottheit Macht,
Zerreiße die Nacht
Des Schicksals, vor meinen Blicken!
Sie lasse mich die Zukunft sehen,
Ob meine Fahnen siegreich wehen?
Ob mein Gesetz die Welt regiert?
Er sprichts; da bebt
Die Erde, es hebt
Die See sich auf zu den Wolken,
Flammen entlodern den Felsenklüften,
Die Luft, erfüllt von Schwefeldüften,
Läßt träg die müden Schwingen ruhn.
Des Sehers Traum
Durchflieget den Raum
Und all' die künftigen Zeiten,
Bald koſtet er, in trunknem Wahne,
Die Seligkeit gelung'ner Plane,
Dann ſieht er ſeinen Untergang.
Entſetzen und Wuth,
Mit wechſelnder Fluth,
Kämpfen im innerſten Leben,
Von Zweifeln, ruft er, nur umgeben!
Verhauchet der Entſchluß ſein Leben!
Eh' Reu ihn und Mißlingen ſtraft.
Der Gottheit Macht,
Zerreiße die Nacht
Des Schickſals, vor meinen Blicken!
Sie laſſe mich die Zukunft ſehen,
Ob meine Fahnen ſiegreich wehen?
Ob mein Geſetz die Welt regiert?
Er ſprichts; da bebt
Die Erde, es hebt
Die See ſich auf zu den Wolken,
Flammen entlodern den Felſenklüften,
Die Luft, erfüllt von Schwefeldüften,
Läßt träg die müden Schwingen ruhn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0012" n="VI"/>
            <lg n="4">
              <l rendition="#et">Des Sehers Traum</l><lb/>
              <l rendition="#et">Durchflieget den Raum</l><lb/>
              <l>Und all' die künftigen Zeiten,</l><lb/>
              <l>Bald ko&#x017F;tet er, in trunknem Wahne,</l><lb/>
              <l>Die Seligkeit gelung'ner Plane,</l><lb/>
              <l>Dann &#x017F;ieht er &#x017F;einen Untergang.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l rendition="#et">Ent&#x017F;etzen und Wuth,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Mit wech&#x017F;elnder Fluth,</l><lb/>
              <l>Kämpfen im inner&#x017F;ten Leben,</l><lb/>
              <l>Von Zweifeln, ruft er, nur umgeben!</l><lb/>
              <l>Verhauchet der Ent&#x017F;chluß &#x017F;ein Leben!</l><lb/>
              <l>Eh' Reu ihn und Mißlingen &#x017F;traft.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l rendition="#et">Der Gottheit Macht,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Zerreiße die Nacht</l><lb/>
              <l>Des Schick&#x017F;als, vor meinen Blicken!</l><lb/>
              <l>Sie la&#x017F;&#x017F;e mich die Zukunft &#x017F;ehen,</l><lb/>
              <l>Ob meine Fahnen &#x017F;iegreich wehen?</l><lb/>
              <l>Ob mein Ge&#x017F;etz die Welt regiert?</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="7">
              <l rendition="#et">Er &#x017F;prichts; da bebt</l><lb/>
              <l rendition="#et">Die Erde, es hebt</l><lb/>
              <l>Die See &#x017F;ich auf zu den Wolken,</l><lb/>
              <l>Flammen entlodern den Fel&#x017F;enklüften,</l><lb/>
              <l>Die Luft, erfüllt von Schwefeldüften,</l><lb/>
              <l>Läßt träg die müden Schwingen ruhn.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[VI/0012] Des Sehers Traum Durchflieget den Raum Und all' die künftigen Zeiten, Bald koſtet er, in trunknem Wahne, Die Seligkeit gelung'ner Plane, Dann ſieht er ſeinen Untergang. Entſetzen und Wuth, Mit wechſelnder Fluth, Kämpfen im innerſten Leben, Von Zweifeln, ruft er, nur umgeben! Verhauchet der Entſchluß ſein Leben! Eh' Reu ihn und Mißlingen ſtraft. Der Gottheit Macht, Zerreiße die Nacht Des Schickſals, vor meinen Blicken! Sie laſſe mich die Zukunft ſehen, Ob meine Fahnen ſiegreich wehen? Ob mein Geſetz die Welt regiert? Er ſprichts; da bebt Die Erde, es hebt Die See ſich auf zu den Wolken, Flammen entlodern den Felſenklüften, Die Luft, erfüllt von Schwefeldüften, Läßt träg die müden Schwingen ruhn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/12
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/12>, abgerufen am 24.11.2024.