Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Bett der Empfindung voll Jugendbrausen, voll Licht¬
durchdrungenheit, voll Lustathmen und heißer Lieb und
beglückter Lieb; alles aus innerer Lebendigkeit, womit
die Natur ihn durchdringt? --

In deinen Gedichten weht mich die stille Säulen¬
ordnung an, mir deucht eine weite Ebne; an dem fernen
Horizont rundum heben sich leise wie Wellen auf beruhig¬
tem Meer die Berglinien; senken und heben sich wie der
Athem durch die Brust fliegt eines Beschauenden; alles
ist stille Feier dieses heiligen Ebenmaaßes, die Leiden¬
schaften, wie Libationen von der reinen Priesterin den
Göttern in die Flammen des Heerdes gegossen, und leise
lodern sie auf -- wie stilles Gebet in Deiner Poesie, so ist
Hingebung und Liebesglück ein sanfter Wiesenschmelz
thauigter Knospen, die auf weitem Plan sich aufthuen dem
Sternenlicht und den glänzenden Lüften, und kaum daß
sie sich erheben an des Sprachbaus schlanker Säule, kaum
daß die Rose ihren Purpur spiegelt im Marmorglanz heili¬
ger Form der sie sich anschmiegt; so -- verschleiernd der
Welt, Bedeutung und geheime Gewalt die in der Tiefe
Dir quellen, -- durchwandelt ein leiser schleierwehender
Geist jene Gefilde, die im Bereich der Poesie Du Dir
abgrenzest. -- So ist mir immer wenn ich mich erkühne
aus meinem kindischen Treiben hinauf zu schauen

Bett der Empfindung voll Jugendbrauſen, voll Licht¬
durchdrungenheit, voll Luſtathmen und heißer Lieb und
beglückter Lieb; alles aus innerer Lebendigkeit, womit
die Natur ihn durchdringt? —

In deinen Gedichten weht mich die ſtille Säulen¬
ordnung an, mir deucht eine weite Ebne; an dem fernen
Horizont rundum heben ſich leiſe wie Wellen auf beruhig¬
tem Meer die Berglinien; ſenken und heben ſich wie der
Athem durch die Bruſt fliegt eines Beſchauenden; alles
iſt ſtille Feier dieſes heiligen Ebenmaaßes, die Leiden¬
ſchaften, wie Libationen von der reinen Prieſterin den
Göttern in die Flammen des Heerdes gegoſſen, und leiſe
lodern ſie auf — wie ſtilles Gebet in Deiner Poeſie, ſo iſt
Hingebung und Liebesglück ein ſanfter Wieſenſchmelz
thauigter Knospen, die auf weitem Plan ſich aufthuen dem
Sternenlicht und den glänzenden Lüften, und kaum daß
ſie ſich erheben an des Sprachbaus ſchlanker Säule, kaum
daß die Roſe ihren Purpur ſpiegelt im Marmorglanz heili¬
ger Form der ſie ſich anſchmiegt; ſo — verſchleiernd der
Welt, Bedeutung und geheime Gewalt die in der Tiefe
Dir quellen, — durchwandelt ein leiſer ſchleierwehender
Geiſt jene Gefilde, die im Bereich der Poeſie Du Dir
abgrenzeſt. — So iſt mir immer wenn ich mich erkühne
aus meinem kindiſchen Treiben hinauf zu ſchauen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0105" n="91"/>
Bett der Empfindung voll Jugendbrau&#x017F;en, voll Licht¬<lb/>
durchdrungenheit, voll Lu&#x017F;tathmen und heißer Lieb und<lb/>
beglückter Lieb; alles aus innerer Lebendigkeit, womit<lb/>
die Natur ihn durchdringt? &#x2014;</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">deinen</hi> Gedichten weht mich die &#x017F;tille Säulen¬<lb/>
ordnung an, mir deucht eine weite Ebne; an dem fernen<lb/>
Horizont rundum heben &#x017F;ich lei&#x017F;e wie Wellen auf beruhig¬<lb/>
tem Meer die Berglinien; &#x017F;enken und heben &#x017F;ich wie der<lb/>
Athem durch die Bru&#x017F;t fliegt eines Be&#x017F;chauenden; alles<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;tille Feier die&#x017F;es heiligen Ebenmaaßes, die Leiden¬<lb/>
&#x017F;chaften, wie Libationen von der reinen Prie&#x017F;terin den<lb/>
Göttern in die Flammen des Heerdes gego&#x017F;&#x017F;en, und lei&#x017F;e<lb/>
lodern &#x017F;ie auf &#x2014; wie &#x017F;tilles Gebet in Deiner Poe&#x017F;ie, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
Hingebung und Liebesglück ein &#x017F;anfter Wie&#x017F;en&#x017F;chmelz<lb/>
thauigter Knospen, die auf weitem Plan &#x017F;ich aufthuen dem<lb/>
Sternenlicht und den glänzenden Lüften, und kaum daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich erheben an des Sprachbaus &#x017F;chlanker Säule, kaum<lb/>
daß die Ro&#x017F;e ihren Purpur &#x017F;piegelt im Marmorglanz heili¬<lb/>
ger Form der &#x017F;ie &#x017F;ich an&#x017F;chmiegt; &#x017F;o &#x2014; ver&#x017F;chleiernd der<lb/>
Welt, Bedeutung und geheime Gewalt die in der Tiefe<lb/>
Dir quellen, &#x2014; durchwandelt ein lei&#x017F;er &#x017F;chleierwehender<lb/>
Gei&#x017F;t jene Gefilde, die im Bereich der Poe&#x017F;ie Du Dir<lb/>
abgrenze&#x017F;t. &#x2014; So i&#x017F;t mir immer wenn ich mich erkühne<lb/>
aus meinem kindi&#x017F;chen Treiben hinauf zu &#x017F;chauen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0105] Bett der Empfindung voll Jugendbrauſen, voll Licht¬ durchdrungenheit, voll Luſtathmen und heißer Lieb und beglückter Lieb; alles aus innerer Lebendigkeit, womit die Natur ihn durchdringt? — In deinen Gedichten weht mich die ſtille Säulen¬ ordnung an, mir deucht eine weite Ebne; an dem fernen Horizont rundum heben ſich leiſe wie Wellen auf beruhig¬ tem Meer die Berglinien; ſenken und heben ſich wie der Athem durch die Bruſt fliegt eines Beſchauenden; alles iſt ſtille Feier dieſes heiligen Ebenmaaßes, die Leiden¬ ſchaften, wie Libationen von der reinen Prieſterin den Göttern in die Flammen des Heerdes gegoſſen, und leiſe lodern ſie auf — wie ſtilles Gebet in Deiner Poeſie, ſo iſt Hingebung und Liebesglück ein ſanfter Wieſenſchmelz thauigter Knospen, die auf weitem Plan ſich aufthuen dem Sternenlicht und den glänzenden Lüften, und kaum daß ſie ſich erheben an des Sprachbaus ſchlanker Säule, kaum daß die Roſe ihren Purpur ſpiegelt im Marmorglanz heili¬ ger Form der ſie ſich anſchmiegt; ſo — verſchleiernd der Welt, Bedeutung und geheime Gewalt die in der Tiefe Dir quellen, — durchwandelt ein leiſer ſchleierwehender Geiſt jene Gefilde, die im Bereich der Poeſie Du Dir abgrenzeſt. — So iſt mir immer wenn ich mich erkühne aus meinem kindiſchen Treiben hinauf zu ſchauen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/105
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/105>, abgerufen am 24.11.2024.