chen von meiner Guitarre, was er gewohnt ist alle Nacht zu hören, ich werd ihm ein Lied von der heili¬ gen Jungfrau Maria singen, denn es ist heut Maria Himmelfahrt und nicht Sonntag, wie ich irriger Weise sagte, ich hab diese Seite im Mondschein geschrieben, Du wirst nicht lesen können, nun es schad nichts, es steht auch nichts drauf, was Du nothwendig wissen müßtest, es ist mir doch so wohl seit dem kleinen Schauer¬ chen von Furcht, ich hab auch keinen Schlaf mehr. Der Mond schwimmt so eilig hinter den weißen Wölkchen hervor, daß es mir ordentlich im Herzen Gewalt an¬ thut. Ich muß singen, sonst muß ich weinen.
Gute Nacht. Bettine.
Günderödchen. Die Engländer sind recht närrische Passagiere, sie brachten mir einen Brief vom L'ange mit, der mich warnt mich nicht in sie zu verlieben. -- Der mit dem gepuderten Haupte, Mr. Haise ließ sich gestern in einem Nanquin-Morgenrock auf der Terrasse sehen und gelben Pantoffeln, die Tonie sah zum Fenster hin¬ aus, sie wollte nicht hinunter, sie schämte sich vor den Leuten, wenn er mit ihr spreche, weil er so absonderlich aussieht. -- Ich sah aber wie er herauflugte nach un¬ sern Fenstern, und wie er die Tonie erblickte, da rief
chen von meiner Guitarre, was er gewohnt iſt alle Nacht zu hören, ich werd ihm ein Lied von der heili¬ gen Jungfrau Maria ſingen, denn es iſt heut Maria Himmelfahrt und nicht Sonntag, wie ich irriger Weiſe ſagte, ich hab dieſe Seite im Mondſchein geſchrieben, Du wirſt nicht leſen können, nun es ſchad nichts, es ſteht auch nichts drauf, was Du nothwendig wiſſen müßteſt, es iſt mir doch ſo wohl ſeit dem kleinen Schauer¬ chen von Furcht, ich hab auch keinen Schlaf mehr. Der Mond ſchwimmt ſo eilig hinter den weißen Wölkchen hervor, daß es mir ordentlich im Herzen Gewalt an¬ thut. Ich muß ſingen, ſonſt muß ich weinen.
Gute Nacht. Bettine.
Günderödchen. Die Engländer ſind recht närriſche Paſſagiere, ſie brachten mir einen Brief vom L'ange mit, der mich warnt mich nicht in ſie zu verlieben. — Der mit dem gepuderten Haupte, Mr. Haiſe ließ ſich geſtern in einem Nanquin-Morgenrock auf der Terraſſe ſehen und gelben Pantoffeln, die Tonie ſah zum Fenſter hin¬ aus, ſie wollte nicht hinunter, ſie ſchämte ſich vor den Leuten, wenn er mit ihr ſpreche, weil er ſo abſonderlich ausſieht. — Ich ſah aber wie er herauflugte nach un¬ ſern Fenſtern, und wie er die Tonie erblickte, da rief
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chen von meiner Guitarre, was er gewohnt iſt alle
Nacht zu hören, ich werd ihm ein Lied von der heili¬
gen Jungfrau Maria ſingen, denn es iſt heut Maria
Himmelfahrt und nicht Sonntag, wie ich irriger Weiſe
ſagte, ich hab dieſe Seite im Mondſchein geſchrieben,
Du wirſt nicht leſen können, nun es ſchad nichts, es
ſteht auch nichts drauf, was Du nothwendig wiſſen
müßteſt, es iſt mir doch ſo wohl ſeit dem kleinen Schauer¬
chen von Furcht, ich hab auch keinen Schlaf mehr. Der
Mond ſchwimmt ſo eilig hinter den weißen Wölkchen
hervor, daß es mir ordentlich im Herzen Gewalt an¬
thut. Ich muß ſingen, ſonſt muß ich weinen.
Gute Nacht. Bettine.
Günderödchen. Die Engländer ſind recht närriſche
Paſſagiere, ſie brachten mir einen Brief vom L'ange mit,
der mich warnt mich nicht in ſie zu verlieben. — Der
mit dem gepuderten Haupte, Mr. Haiſe ließ ſich geſtern
in einem Nanquin-Morgenrock auf der Terraſſe ſehen
und gelben Pantoffeln, die Tonie ſah zum Fenſter hin¬
aus, ſie wollte nicht hinunter, ſie ſchämte ſich vor den
Leuten, wenn er mit ihr ſpreche, weil er ſo abſonderlich
ausſieht. — Ich ſah aber wie er herauflugte nach un¬
ſern Fenſtern, und wie er die Tonie erblickte, da rief
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/95>, abgerufen am 26.11.2024.
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