ihr entspringe, aber ich wollt es doch, ich sehne mich nach ihm. Ich hab ihn nicht, ich denk mir ihn aber, und trag ihm alles vor in meinen Nachtgedanken, und manchmal schreib ich an Dich als wärst Du sein Bote, und er würde durch Dich alles erfahren von mir. Manchmal wenn wir zusammen schwätzten im Dunkel bei dem verglommenen Feuer in Deinem Öfchen, wo der März¬ schnee vom Baum vor Deinem Fenster herunter fiel, da dacht ich, was schüttelt doch den Baum? -- und da war ich gleich so begeistert, als lausche was und reize mich an, und Du sagtest es fülle sich unser Gespräch mit Gas, ein Gedanke nach dem andern stieg in die Wolken, und verglichst sie mit romanischen Lichtern die hoch über uns sich in sanften Leuchtkugeln ausbreiten. Das Rasseln im beschneiten Baum, an der Wand das neugierige Mondlicht, das aufflammende Feuerchen, Du, und ich die mit Deinen Fingern spielte beim Sprechen, das war als so, daß ich dacht der Geist wär nah bei uns und trenne uns von allem Unsinn; und das Leben war auch so weit ab, auf der Straße wenn ich nach Haus ging, wenn mir da Menschen begegneten, so wars wie eine Scheidewand zwischen mir und ihnen und zwi¬ schen allem was in der Welt vorgehe. -- Ja die Welt, die auch von Begeistrung leben sollte wie der Baum
ihr entſpringe, aber ich wollt es doch, ich ſehne mich nach ihm. Ich hab ihn nicht, ich denk mir ihn aber, und trag ihm alles vor in meinen Nachtgedanken, und manchmal ſchreib ich an Dich als wärſt Du ſein Bote, und er würde durch Dich alles erfahren von mir. Manchmal wenn wir zuſammen ſchwätzten im Dunkel bei dem verglommenen Feuer in Deinem Öfchen, wo der März¬ ſchnee vom Baum vor Deinem Fenſter herunter fiel, da dacht ich, was ſchüttelt doch den Baum? — und da war ich gleich ſo begeiſtert, als lauſche was und reize mich an, und Du ſagteſt es fülle ſich unſer Geſpräch mit Gas, ein Gedanke nach dem andern ſtieg in die Wolken, und verglichſt ſie mit romaniſchen Lichtern die hoch über uns ſich in ſanften Leuchtkugeln ausbreiten. Das Raſſeln im beſchneiten Baum, an der Wand das neugierige Mondlicht, das aufflammende Feuerchen, Du, und ich die mit Deinen Fingern ſpielte beim Sprechen, das war als ſo, daß ich dacht der Geiſt wär nah bei uns und trenne uns von allem Unſinn; und das Leben war auch ſo weit ab, auf der Straße wenn ich nach Haus ging, wenn mir da Menſchen begegneten, ſo wars wie eine Scheidewand zwiſchen mir und ihnen und zwi¬ ſchen allem was in der Welt vorgehe. — Ja die Welt, die auch von Begeiſtrung leben ſollte wie der Baum
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ihr entſpringe, aber ich wollt es doch, ich ſehne mich nach
ihm. Ich hab ihn nicht, ich denk mir ihn aber, und trag
ihm alles vor in meinen Nachtgedanken, und manchmal
ſchreib ich an Dich als wärſt Du ſein Bote, und er
würde durch Dich alles erfahren von mir. Manchmal
wenn wir zuſammen ſchwätzten im Dunkel bei dem
verglommenen Feuer in Deinem Öfchen, wo der März¬
ſchnee vom Baum vor Deinem Fenſter herunter fiel, da
dacht ich, was ſchüttelt doch den Baum? — und da
war ich gleich ſo begeiſtert, als lauſche was und reize
mich an, und Du ſagteſt es fülle ſich unſer Geſpräch
mit Gas, ein Gedanke nach dem andern ſtieg in die
Wolken, und verglichſt ſie mit romaniſchen Lichtern die
hoch über uns ſich in ſanften Leuchtkugeln ausbreiten.
Das Raſſeln im beſchneiten Baum, an der Wand das
neugierige Mondlicht, das aufflammende Feuerchen, Du,
und ich die mit Deinen Fingern ſpielte beim Sprechen,
das war als ſo, daß ich dacht der Geiſt wär nah bei
uns und trenne uns von allem Unſinn; und das Leben
war auch ſo weit ab, auf der Straße wenn ich nach
Haus ging, wenn mir da Menſchen begegneten, ſo wars
wie eine Scheidewand zwiſchen mir und ihnen und zwi¬
ſchen allem was in der Welt vorgehe. — Ja die Welt,
die auch von Begeiſtrung leben ſollte wie der Baum
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/90>, abgerufen am 26.11.2024.
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