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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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Hund so laut bellen zu machen; er erzählte mir aber
nicht was ich von der Tonie hernach hörte, daß die
Kurprinzeß sagte: sie ist ein liebes Kind, und daß der
Herzog von Gotha sagte: ein allerliebstes Kind. -- Nun,
ich gefall mir selbst gut. --

Lieb Günderödchen, über allen Wechsel und Zer¬
streuung von heute hinweg klingen noch immer die
Worte der Predigt in mich hinein, als wär heut ein
feierlicher Tag gewesen. -- Es ist ja wahr, Du und
ich sind bis jetzt noch die zwei einzigen die mit einander
denken, wir haben noch keinen Dritten gefunden der
mit uns denken wollt; oder dem wir vertraut hätten
was wir denken, Du nicht und ich nicht; Niemand weiß
was wir mit einander vorhaben, und wir lassen jetzt
schon ein ganzes Jahr die Leute sich wundern warum
ich doch alle Tag ins Stift lauf. -- Aber den Geist¬
lichen, -- wärs in Frankfurt gewesen, den hätt ich ange¬
redet daß er mit mir zu Dir gegangen wär. -- Der
hat gewiß keinen Freund -- sein Geist wird sein Freund
sein müssen, der wird ihm antworten. Ich denk, ob ei¬
ner mit seinem eignen Geist reden kann? -- Der Dämon
des Cocrates wo ist der geblieben?-- Ich glaub jeder
Mensch könnte einen Dämon haben der mit ihm spre¬
chen würde, aber worauf der Dämon antworten kann,

das

Hund ſo laut bellen zu machen; er erzählte mir aber
nicht was ich von der Tonie hernach hörte, daß die
Kurprinzeß ſagte: ſie iſt ein liebes Kind, und daß der
Herzog von Gotha ſagte: ein allerliebſtes Kind. — Nun,
ich gefall mir ſelbſt gut. —

Lieb Günderödchen, über allen Wechſel und Zer¬
ſtreuung von heute hinweg klingen noch immer die
Worte der Predigt in mich hinein, als wär heut ein
feierlicher Tag geweſen. — Es iſt ja wahr, Du und
ich ſind bis jetzt noch die zwei einzigen die mit einander
denken, wir haben noch keinen Dritten gefunden der
mit uns denken wollt; oder dem wir vertraut hätten
was wir denken, Du nicht und ich nicht; Niemand weiß
was wir mit einander vorhaben, und wir laſſen jetzt
ſchon ein ganzes Jahr die Leute ſich wundern warum
ich doch alle Tag ins Stift lauf. — Aber den Geiſt¬
lichen, — wärs in Frankfurt geweſen, den hätt ich ange¬
redet daß er mit mir zu Dir gegangen wär. — Der
hat gewiß keinen Freund — ſein Geiſt wird ſein Freund
ſein müſſen, der wird ihm antworten. Ich denk, ob ei¬
ner mit ſeinem eignen Geiſt reden kann? — Der Dämon
des Cocrates wo iſt der geblieben?— Ich glaub jeder
Menſch könnte einen Dämon haben der mit ihm ſpre¬
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[72/0088] Hund ſo laut bellen zu machen; er erzählte mir aber nicht was ich von der Tonie hernach hörte, daß die Kurprinzeß ſagte: ſie iſt ein liebes Kind, und daß der Herzog von Gotha ſagte: ein allerliebſtes Kind. — Nun, ich gefall mir ſelbſt gut. — Lieb Günderödchen, über allen Wechſel und Zer¬ ſtreuung von heute hinweg klingen noch immer die Worte der Predigt in mich hinein, als wär heut ein feierlicher Tag geweſen. — Es iſt ja wahr, Du und ich ſind bis jetzt noch die zwei einzigen die mit einander denken, wir haben noch keinen Dritten gefunden der mit uns denken wollt; oder dem wir vertraut hätten was wir denken, Du nicht und ich nicht; Niemand weiß was wir mit einander vorhaben, und wir laſſen jetzt ſchon ein ganzes Jahr die Leute ſich wundern warum ich doch alle Tag ins Stift lauf. — Aber den Geiſt¬ lichen, — wärs in Frankfurt geweſen, den hätt ich ange¬ redet daß er mit mir zu Dir gegangen wär. — Der hat gewiß keinen Freund — ſein Geiſt wird ſein Freund ſein müſſen, der wird ihm antworten. Ich denk, ob ei¬ ner mit ſeinem eignen Geiſt reden kann? — Der Dämon des Cocrates wo iſt der geblieben?— Ich glaub jeder Menſch könnte einen Dämon haben der mit ihm ſpre¬ chen würde, aber worauf der Dämon antworten kann, das

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/88>, abgerufen am 26.11.2024.