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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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thränenschwere Knospen, die mächtige Sonne der gött¬
lichen Liebe wird sie zum ewigen Leben der Liebe wecken,
denn dies ist alles Lebens, alles Strebens Ziel auf Er¬
den. Amen." Diese schönen Worte waren die einzigen,
welche ich von der Predigt hörte, aber sie waren mir
genügend, um mich den ganzen Tag zu begleiten, sie
klangen wie ein himmlisch Geläut in mein Ohr, wie
ein schöner Sonntag-Morgen; als Alles zum Tempel
hinaus war, ging ich von der Emporkirche herab in
die runde Kapelle, ein andrer Priester hatte eben die
Messe gelesen, es kam ein alt Mütterchen, die löschte
die Kerzen und räumte auf; ich frug ob sie Sacristan
sei, sie sagte ihr Sohn sei Küster, aber der sei heut
über Land, ich frug wo sie die vielen Blumen hernehme,
da ich doch nirgend einen Blumengarten gesehen, sie
sagte die Blumen sind aus unserem Garten, mein Sohn
pflegt sie alle; ich hatte eine rechte Lust mit in den
Garten zu gehen, das war sie zufrieden; das ist ein
Garten, so groß wie der Hof von unserem Haus, an
der weißen Wand des Hauses wachsen Trauben und
ein paar hohe Rosenbüsche sind dazwischen verflochten,
Rosen und Trauben, ich kann mir keine schönere Ver¬
mählung denken, Ariadne und Bacchus. Ein hölzern
Bänkchen war da an der Mauer, ich setzte mich ganz

thränenſchwere Knospen, die mächtige Sonne der gött¬
lichen Liebe wird ſie zum ewigen Leben der Liebe wecken,
denn dies iſt alles Lebens, alles Strebens Ziel auf Er¬
den. Amen.“ Dieſe ſchönen Worte waren die einzigen,
welche ich von der Predigt hörte, aber ſie waren mir
genügend, um mich den ganzen Tag zu begleiten, ſie
klangen wie ein himmliſch Geläut in mein Ohr, wie
ein ſchöner Sonntag-Morgen; als Alles zum Tempel
hinaus war, ging ich von der Emporkirche herab in
die runde Kapelle, ein andrer Prieſter hatte eben die
Meſſe geleſen, es kam ein alt Mütterchen, die löſchte
die Kerzen und räumte auf; ich frug ob ſie Sacriſtan
ſei, ſie ſagte ihr Sohn ſei Küſter, aber der ſei heut
über Land, ich frug wo ſie die vielen Blumen hernehme,
da ich doch nirgend einen Blumengarten geſehen, ſie
ſagte die Blumen ſind aus unſerem Garten, mein Sohn
pflegt ſie alle; ich hatte eine rechte Luſt mit in den
Garten zu gehen, das war ſie zufrieden; das iſt ein
Garten, ſo groß wie der Hof von unſerem Haus, an
der weißen Wand des Hauſes wachſen Trauben und
ein paar hohe Roſenbüſche ſind dazwiſchen verflochten,
Roſen und Trauben, ich kann mir keine ſchönere Ver¬
mählung denken, Ariadne und Bacchus. Ein hölzern
Bänkchen war da an der Mauer, ich ſetzte mich ganz

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[60/0076] thränenſchwere Knospen, die mächtige Sonne der gött¬ lichen Liebe wird ſie zum ewigen Leben der Liebe wecken, denn dies iſt alles Lebens, alles Strebens Ziel auf Er¬ den. Amen.“ Dieſe ſchönen Worte waren die einzigen, welche ich von der Predigt hörte, aber ſie waren mir genügend, um mich den ganzen Tag zu begleiten, ſie klangen wie ein himmliſch Geläut in mein Ohr, wie ein ſchöner Sonntag-Morgen; als Alles zum Tempel hinaus war, ging ich von der Emporkirche herab in die runde Kapelle, ein andrer Prieſter hatte eben die Meſſe geleſen, es kam ein alt Mütterchen, die löſchte die Kerzen und räumte auf; ich frug ob ſie Sacriſtan ſei, ſie ſagte ihr Sohn ſei Küſter, aber der ſei heut über Land, ich frug wo ſie die vielen Blumen hernehme, da ich doch nirgend einen Blumengarten geſehen, ſie ſagte die Blumen ſind aus unſerem Garten, mein Sohn pflegt ſie alle; ich hatte eine rechte Luſt mit in den Garten zu gehen, das war ſie zufrieden; das iſt ein Garten, ſo groß wie der Hof von unſerem Haus, an der weißen Wand des Hauſes wachſen Trauben und ein paar hohe Roſenbüſche ſind dazwiſchen verflochten, Roſen und Trauben, ich kann mir keine ſchönere Ver¬ mählung denken, Ariadne und Bacchus. Ein hölzern Bänkchen war da an der Mauer, ich ſetzte mich ganz

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/76>, abgerufen am 25.11.2024.