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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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prinzessin zum Thee auf die Terrasse einlud, zugleich
machte er viele Entschuldigungen, er habe gar nicht ge¬
ahnt, wer wir seien, weil wir in Hemdsärmel im Fen¬
ster gelegen haben; ich war still, aber ich war sehr er¬
grimmt über den rothen Mann. Als wir bei der Kur¬
prinzessin vorgestellt waren, die mich bei der Hand
nahm und ins Gesicht küßte, da saßen wir alle in ei¬
nem Kreis, und der Rothe stellte sich hinter mich, daß
ich seinen Athem fühlte, das kränkte mich sehr, ich
sagte, gehen Sie fort hinter mir Sie garstiger Mann,
da lief er weg, aber die Tonie sah mich sehr ernsthaft
an, und wie wir wieder oben waren, da schmälte sie,
daß ich so laut gesprochen habe, das ist mir aber einer¬
lei, ich kann ihn nicht in meiner Nähe leiden, was liegt
mir dran, obs die Kurprinzessin merkt, wenn sie frägt,
so sag ich, er hat uns wollen ermorden in unserem
Zimmer, und dann kann er sich nachher vertheidigen,
wenns nicht wahr ist, und kann sagen warum er uns
so mörderischer Weise angefallen hat. -- Die Tonie
will auch nicht, daß ich Abends allein spazieren gehe,
sie sagt der Kammerherr könnte mir begegnen, so muß
ich immer einen hinter mir drein laufen haben. -- Es
ist nichts schöner als so ein Spaziergang im Nebel,
mit dem sich, wenn die Nacht kommt, alle Schluchten

prinzeſſin zum Thee auf die Terraſſe einlud, zugleich
machte er viele Entſchuldigungen, er habe gar nicht ge¬
ahnt, wer wir ſeien, weil wir in Hemdsärmel im Fen¬
ſter gelegen haben; ich war ſtill, aber ich war ſehr er¬
grimmt über den rothen Mann. Als wir bei der Kur¬
prinzeſſin vorgeſtellt waren, die mich bei der Hand
nahm und ins Geſicht küßte, da ſaßen wir alle in ei¬
nem Kreis, und der Rothe ſtellte ſich hinter mich, daß
ich ſeinen Athem fühlte, das kränkte mich ſehr, ich
ſagte, gehen Sie fort hinter mir Sie garſtiger Mann,
da lief er weg, aber die Tonie ſah mich ſehr ernſthaft
an, und wie wir wieder oben waren, da ſchmälte ſie,
daß ich ſo laut geſprochen habe, das iſt mir aber einer¬
lei, ich kann ihn nicht in meiner Nähe leiden, was liegt
mir dran, obs die Kurprinzeſſin merkt, wenn ſie frägt,
ſo ſag ich, er hat uns wollen ermorden in unſerem
Zimmer, und dann kann er ſich nachher vertheidigen,
wenns nicht wahr iſt, und kann ſagen warum er uns
ſo mörderiſcher Weiſe angefallen hat. — Die Tonie
will auch nicht, daß ich Abends allein ſpazieren gehe,
ſie ſagt der Kammerherr könnte mir begegnen, ſo muß
ich immer einen hinter mir drein laufen haben. — Es
iſt nichts ſchöner als ſo ein Spaziergang im Nebel,
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[55/0071] prinzeſſin zum Thee auf die Terraſſe einlud, zugleich machte er viele Entſchuldigungen, er habe gar nicht ge¬ ahnt, wer wir ſeien, weil wir in Hemdsärmel im Fen¬ ſter gelegen haben; ich war ſtill, aber ich war ſehr er¬ grimmt über den rothen Mann. Als wir bei der Kur¬ prinzeſſin vorgeſtellt waren, die mich bei der Hand nahm und ins Geſicht küßte, da ſaßen wir alle in ei¬ nem Kreis, und der Rothe ſtellte ſich hinter mich, daß ich ſeinen Athem fühlte, das kränkte mich ſehr, ich ſagte, gehen Sie fort hinter mir Sie garſtiger Mann, da lief er weg, aber die Tonie ſah mich ſehr ernſthaft an, und wie wir wieder oben waren, da ſchmälte ſie, daß ich ſo laut geſprochen habe, das iſt mir aber einer¬ lei, ich kann ihn nicht in meiner Nähe leiden, was liegt mir dran, obs die Kurprinzeſſin merkt, wenn ſie frägt, ſo ſag ich, er hat uns wollen ermorden in unſerem Zimmer, und dann kann er ſich nachher vertheidigen, wenns nicht wahr iſt, und kann ſagen warum er uns ſo mörderiſcher Weiſe angefallen hat. — Die Tonie will auch nicht, daß ich Abends allein ſpazieren gehe, ſie ſagt der Kammerherr könnte mir begegnen, ſo muß ich immer einen hinter mir drein laufen haben. — Es iſt nichts ſchöner als ſo ein Spaziergang im Nebel, mit dem ſich, wenn die Nacht kommt, alle Schluchten

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/71>, abgerufen am 23.07.2024.