lichen. Und nur die Poesie verwandle aus einem Leben ins andre, die freie nemlich. -- Und es sei Schicksal der schuldlo¬ sen Geistesnatur, sich ins Organische zu bilden, im regsam Heroischen, wie im leidenden Verhalten. -- Und jedes Kunst¬ werk sei Ein Rhythmus nur, wo die Cäsur einen Mo¬ ment des Besinnens gebe, des Widerstemmens im Geist, und dann schnell vom Göttlichen dahingerissen, sich zum End schwinge. So offenbare sich der dichtende Gott. Die Cäsur sei eben jener lebendige Schwebepunkt des Men¬ schengeistes, auf dem der göttliche Strahl ruhe. -- Die Begeistrung welche durch Berührung mit dem Strahl ent¬ stehe, bewege ihn, bringe ihn ins Schwanken; und das sei die Poesie die aus dem Urlicht schöpfe und hinabströme den ganzen Rhythmus in Übermacht über den Geist der Zeit und Natur, der ihm das Sinnliche-- den Gegenstand -- entgegentrage, wo dann die Begeistrung bei der Berüh¬ rung des Himmlischen mächtig erwache im Schwebepunkt, (Menschengeist), und diesen Augenblick müsse der Dichter¬ geist festhalten und müsse ganz offen, ohne Hinterhalt seines Karakters sich ihm hingeben, -- und so begleite diesen Hauptstrahl des göttlichen Dichtens immer noch die eigenthümliche Menschennatur des Dichters, bald das tragisch Ermattende, bald das von göttlichem Heroismus
lichen. Und nur die Poeſie verwandle aus einem Leben ins andre, die freie nemlich. — Und es ſei Schickſal der ſchuldlo¬ ſen Geiſtesnatur, ſich ins Organiſche zu bilden, im regſam Heroiſchen, wie im leidenden Verhalten. — Und jedes Kunſt¬ werk ſei Ein Rhythmus nur, wo die Cäſur einen Mo¬ ment des Beſinnens gebe, des Widerſtemmens im Geiſt, und dann ſchnell vom Göttlichen dahingeriſſen, ſich zum End ſchwinge. So offenbare ſich der dichtende Gott. Die Cäſur ſei eben jener lebendige Schwebepunkt des Men¬ ſchengeiſtes, auf dem der göttliche Strahl ruhe. — Die Begeiſtrung welche durch Berührung mit dem Strahl ent¬ ſtehe, bewege ihn, bringe ihn ins Schwanken; und das ſei die Poeſie die aus dem Urlicht ſchöpfe und hinabſtröme den ganzen Rhythmus in Übermacht über den Geiſt der Zeit und Natur, der ihm das Sinnliche— den Gegenſtand — entgegentrage, wo dann die Begeiſtrung bei der Berüh¬ rung des Himmliſchen mächtig erwache im Schwebepunkt, (Menſchengeiſt), und dieſen Augenblick müſſe der Dichter¬ geiſt feſthalten und müſſe ganz offen, ohne Hinterhalt ſeines Karakters ſich ihm hingeben, — und ſo begleite dieſen Hauptſtrahl des göttlichen Dichtens immer noch die eigenthümliche Menſchennatur des Dichters, bald das tragiſch Ermattende, bald das von göttlichem Heroismus
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lichen. Und nur die Poeſie verwandle aus einem Leben ins
andre, die freie nemlich. — Und es ſei Schickſal der ſchuldlo¬
ſen Geiſtesnatur, ſich ins Organiſche zu bilden, im regſam
Heroiſchen, wie im leidenden Verhalten. — Und jedes Kunſt¬
werk ſei Ein Rhythmus nur, wo die Cäſur einen Mo¬
ment des Beſinnens gebe, des Widerſtemmens im Geiſt,
und dann ſchnell vom Göttlichen dahingeriſſen, ſich zum
End ſchwinge. So offenbare ſich der dichtende Gott. Die
Cäſur ſei eben jener lebendige Schwebepunkt des Men¬
ſchengeiſtes, auf dem der göttliche Strahl ruhe. — Die
Begeiſtrung welche durch Berührung mit dem Strahl ent¬
ſtehe, bewege ihn, bringe ihn ins Schwanken; und das
ſei die Poeſie die aus dem Urlicht ſchöpfe und hinabſtröme
den ganzen Rhythmus in Übermacht über den Geiſt der
Zeit und Natur, der ihm das Sinnliche— den Gegenſtand
— entgegentrage, wo dann die Begeiſtrung bei der Berüh¬
rung des Himmliſchen mächtig erwache im Schwebepunkt,
(Menſchengeiſt), und dieſen Augenblick müſſe der Dichter¬
geiſt feſthalten und müſſe ganz offen, ohne Hinterhalt
ſeines Karakters ſich ihm hingeben, — und ſo begleite
dieſen Hauptſtrahl des göttlichen Dichtens immer noch
die eigenthümliche Menſchennatur des Dichters, bald das
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/436>, abgerufen am 22.12.2024.
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