Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

schnell im Purpur anschossen, was hab ich alles gesehn
von Farben und von wogenden Wipfeln, die sich ein¬
schmelzenden Farben und Lichtglanz in der Ferne und
wie war die Natur so gütig gegen mich grad als ob
ich sie nicht verläugnet hätt gehabt mit meinem Aber¬
witz auf dem Papier. Alles Selbstdenken kommt mir
wie Sünde vor wenn ich in der Natur bin; könnt man
ihr nicht lieber zuhören? -- ja Du meinst, davon denkt
man ja daß man ihr zuhört, nein das ist doch noch ein
Unterschied. Wenn ich der Natur lausche, Zuhören will
ichs nicht nennen, denn es ist mehr als man mit dem
Ohr fassen kann, aber lauschen das thut die Seele. --
Siehst Du da fühl ich alles was in ihr vorgeht, ich
fühl den Saft der in die Bäume hinaufsteigt bis zum
Wipfel in meinem Blut aufsteigen, ich steh so da und
lausch -- und dann -- da empfind ich -- ich denk aber
nicht grad, oder doch nicht daß ichs wüßt, aber wart
nur einmal wies weiter geht. -- Alles was ich anseh --
ja das empfind ich plötzlich ganz -- grad als wär ich
die Natur selber, oder vielmehr alles was sie erzeugt,
Grashalme wie sie jung aus der Erd heraustreiben, dies
fühl ich bis zur Wurzel und alle Blumen und alle
Knospen alles fühl ich verschieden. -- Seh ich den gro¬
ßen Rosenstrauch an da auf dem Inselberg, er hatte

ſchnell im Purpur anſchoſſen, was hab ich alles geſehn
von Farben und von wogenden Wipfeln, die ſich ein¬
ſchmelzenden Farben und Lichtglanz in der Ferne und
wie war die Natur ſo gütig gegen mich grad als ob
ich ſie nicht verläugnet hätt gehabt mit meinem Aber¬
witz auf dem Papier. Alles Selbſtdenken kommt mir
wie Sünde vor wenn ich in der Natur bin; könnt man
ihr nicht lieber zuhören? — ja Du meinſt, davon denkt
man ja daß man ihr zuhört, nein das iſt doch noch ein
Unterſchied. Wenn ich der Natur lauſche, Zuhören will
ichs nicht nennen, denn es iſt mehr als man mit dem
Ohr faſſen kann, aber lauſchen das thut die Seele. —
Siehſt Du da fühl ich alles was in ihr vorgeht, ich
fühl den Saft der in die Bäume hinaufſteigt bis zum
Wipfel in meinem Blut aufſteigen, ich ſteh ſo da und
lauſch — und dann — da empfind ich — ich denk aber
nicht grad, oder doch nicht daß ichs wüßt, aber wart
nur einmal wies weiter geht. — Alles was ich anſeh —
ja das empfind ich plötzlich ganz — grad als wär ich
die Natur ſelber, oder vielmehr alles was ſie erzeugt,
Grashalme wie ſie jung aus der Erd heraustreiben, dies
fühl ich bis zur Wurzel und alle Blumen und alle
Knospen alles fühl ich verſchieden. — Seh ich den gro¬
ßen Roſenſtrauch an da auf dem Inſelberg, er hatte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p xml:id="p405a" next="p407a"><pb facs="#f0406" n="390"/>
&#x017F;chnell im Purpur an&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en, was hab ich alles ge&#x017F;ehn<lb/>
von Farben und von wogenden Wipfeln, die &#x017F;ich ein¬<lb/>
&#x017F;chmelzenden Farben und Lichtglanz in der Ferne und<lb/>
wie war die Natur &#x017F;o gütig gegen mich grad als ob<lb/>
ich &#x017F;ie nicht verläugnet hätt gehabt mit meinem Aber¬<lb/>
witz auf dem Papier. Alles Selb&#x017F;tdenken kommt mir<lb/>
wie Sünde vor wenn ich in der Natur bin; könnt man<lb/>
ihr nicht lieber zuhören? &#x2014; ja Du mein&#x017F;t, davon denkt<lb/>
man ja daß man ihr zuhört, nein das i&#x017F;t doch noch ein<lb/>
Unter&#x017F;chied. Wenn ich der Natur lau&#x017F;che, Zuhören will<lb/>
ichs nicht nennen, denn es i&#x017F;t mehr als man mit dem<lb/>
Ohr fa&#x017F;&#x017F;en kann, aber lau&#x017F;chen das thut die Seele. &#x2014;<lb/>
Sieh&#x017F;t Du da fühl ich alles was in ihr vorgeht, ich<lb/>
fühl den Saft der in die Bäume hinauf&#x017F;teigt bis zum<lb/>
Wipfel in meinem Blut auf&#x017F;teigen, ich &#x017F;teh &#x017F;o da und<lb/>
lau&#x017F;ch &#x2014; und dann &#x2014; da empfind ich &#x2014; ich denk aber<lb/>
nicht grad, oder doch nicht daß ichs wüßt, aber wart<lb/>
nur einmal wies weiter geht. &#x2014; Alles was ich an&#x017F;eh &#x2014;<lb/>
ja das empfind ich plötzlich ganz &#x2014; grad als wär ich<lb/>
die Natur &#x017F;elber, oder vielmehr alles was &#x017F;ie erzeugt,<lb/>
Grashalme wie &#x017F;ie jung aus der Erd heraustreiben, dies<lb/>
fühl ich bis zur Wurzel und alle Blumen und alle<lb/>
Knospen alles fühl ich ver&#x017F;chieden. &#x2014; Seh ich den gro¬<lb/>
ßen Ro&#x017F;en&#x017F;trauch an da auf dem In&#x017F;elberg, er hatte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[390/0406] ſchnell im Purpur anſchoſſen, was hab ich alles geſehn von Farben und von wogenden Wipfeln, die ſich ein¬ ſchmelzenden Farben und Lichtglanz in der Ferne und wie war die Natur ſo gütig gegen mich grad als ob ich ſie nicht verläugnet hätt gehabt mit meinem Aber¬ witz auf dem Papier. Alles Selbſtdenken kommt mir wie Sünde vor wenn ich in der Natur bin; könnt man ihr nicht lieber zuhören? — ja Du meinſt, davon denkt man ja daß man ihr zuhört, nein das iſt doch noch ein Unterſchied. Wenn ich der Natur lauſche, Zuhören will ichs nicht nennen, denn es iſt mehr als man mit dem Ohr faſſen kann, aber lauſchen das thut die Seele. — Siehſt Du da fühl ich alles was in ihr vorgeht, ich fühl den Saft der in die Bäume hinaufſteigt bis zum Wipfel in meinem Blut aufſteigen, ich ſteh ſo da und lauſch — und dann — da empfind ich — ich denk aber nicht grad, oder doch nicht daß ichs wüßt, aber wart nur einmal wies weiter geht. — Alles was ich anſeh — ja das empfind ich plötzlich ganz — grad als wär ich die Natur ſelber, oder vielmehr alles was ſie erzeugt, Grashalme wie ſie jung aus der Erd heraustreiben, dies fühl ich bis zur Wurzel und alle Blumen und alle Knospen alles fühl ich verſchieden. — Seh ich den gro¬ ßen Roſenſtrauch an da auf dem Inſelberg, er hatte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/406
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/406>, abgerufen am 28.11.2024.