Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

ich recht in mir wie alles in mir schwankt nichts errei¬
chen kann, wie ein Feuer in mir braust, jede Kunst liegt
in mir so nah ich mein ich hätte sie schon in mir, die
Wangen glühn mir gleich so hoch, sie brennen mir
wenn ich nur in die Ferne denk, da liegen mir goldne
Berge. Ich steh da als hätt ich nur den Zauberstab in
der Hand, alles inwendig im Geist, aber wenns heraus
soll, da bleib ich beim Buchdeckel und muß mühselig
Sandkörnchen für Sandkörnchen zusammentragen. Wie
ich von der Pappel herunter der Trepp herauf war und
hatt meinen ersten papiernen Gedanken aufgeschrieben,
der mich noch immer anlachte -- so wollt ich doch noch
ein bischen im Abendschein mich wiegen, denn beim Wie¬
gen kommen mir Gedanken. Kaum war ich der halben
Pappel hinaufgeklettert so fiel mir schon wieder was
ein, ich klettert also gleich wieder herunter und wieder
die Trepp hinauf und schrieb auf:

Der ganze Mensch muß in sich einverstanden
sein nämlich Herz und Kopf und Hand und
Mund.

Da stand ich noch so eine Weile vor dem Gedanken
still und dacht vor dem hätt ich immer auf der Pappel
können sitzen bleiben und es that mir schon leid daß
ich das Buch mit bekleckst hatte, aber weil der Clemens

ich recht in mir wie alles in mir ſchwankt nichts errei¬
chen kann, wie ein Feuer in mir brauſt, jede Kunſt liegt
in mir ſo nah ich mein ich hätte ſie ſchon in mir, die
Wangen glühn mir gleich ſo hoch, ſie brennen mir
wenn ich nur in die Ferne denk, da liegen mir goldne
Berge. Ich ſteh da als hätt ich nur den Zauberſtab in
der Hand, alles inwendig im Geiſt, aber wenns heraus
ſoll, da bleib ich beim Buchdeckel und muß mühſelig
Sandkörnchen für Sandkörnchen zuſammentragen. Wie
ich von der Pappel herunter der Trepp herauf war und
hatt meinen erſten papiernen Gedanken aufgeſchrieben,
der mich noch immer anlachte — ſo wollt ich doch noch
ein bischen im Abendſchein mich wiegen, denn beim Wie¬
gen kommen mir Gedanken. Kaum war ich der halben
Pappel hinaufgeklettert ſo fiel mir ſchon wieder was
ein, ich klettert alſo gleich wieder herunter und wieder
die Trepp hinauf und ſchrieb auf:

Der ganze Menſch muß in ſich einverſtanden
ſein nämlich Herz und Kopf und Hand und
Mund.

Da ſtand ich noch ſo eine Weile vor dem Gedanken
ſtill und dacht vor dem hätt ich immer auf der Pappel
können ſitzen bleiben und es that mir ſchon leid daß
ich das Buch mit bekleckſt hatte, aber weil der Clemens

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p xml:id="p403a" prev="p402a" next="p404a"><pb facs="#f0404" n="388"/>
ich recht in mir wie alles in mir &#x017F;chwankt nichts errei¬<lb/>
chen kann, wie ein Feuer in mir brau&#x017F;t, jede Kun&#x017F;t liegt<lb/>
in mir &#x017F;o nah ich mein ich hätte &#x017F;ie &#x017F;chon in mir, die<lb/>
Wangen glühn mir gleich &#x017F;o hoch, &#x017F;ie brennen mir<lb/>
wenn ich nur in die Ferne denk, da liegen mir goldne<lb/>
Berge. Ich &#x017F;teh da als hätt ich nur den Zauber&#x017F;tab in<lb/>
der Hand, alles inwendig im Gei&#x017F;t, aber wenns heraus<lb/>
&#x017F;oll, da bleib ich beim Buchdeckel und muß müh&#x017F;elig<lb/>
Sandkörnchen für Sandkörnchen zu&#x017F;ammentragen. Wie<lb/>
ich von der Pappel herunter der Trepp herauf war und<lb/>
hatt meinen er&#x017F;ten papiernen Gedanken aufge&#x017F;chrieben,<lb/>
der mich noch immer anlachte &#x2014; &#x017F;o wollt ich doch noch<lb/>
ein bischen im Abend&#x017F;chein mich wiegen, denn beim Wie¬<lb/>
gen kommen mir Gedanken. Kaum war ich der halben<lb/>
Pappel hinaufgeklettert &#x017F;o fiel mir &#x017F;chon wieder was<lb/>
ein, ich klettert al&#x017F;o gleich wieder herunter und wieder<lb/>
die Trepp hinauf und &#x017F;chrieb auf:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Der ganze Men&#x017F;ch muß in &#x017F;ich einver&#x017F;tanden</l><lb/>
            <l>&#x017F;ein nämlich Herz und Kopf und Hand und</l><lb/>
            <l>Mund.</l><lb/>
          </lg>
          <p xml:id="p404a" prev="p403a">Da &#x017F;tand ich noch &#x017F;o eine Weile vor dem Gedanken<lb/>
&#x017F;till und dacht vor dem hätt ich immer auf der Pappel<lb/>
können &#x017F;itzen bleiben und es that mir &#x017F;chon leid daß<lb/>
ich das Buch mit bekleck&#x017F;t hatte, aber weil der Clemens<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0404] ich recht in mir wie alles in mir ſchwankt nichts errei¬ chen kann, wie ein Feuer in mir brauſt, jede Kunſt liegt in mir ſo nah ich mein ich hätte ſie ſchon in mir, die Wangen glühn mir gleich ſo hoch, ſie brennen mir wenn ich nur in die Ferne denk, da liegen mir goldne Berge. Ich ſteh da als hätt ich nur den Zauberſtab in der Hand, alles inwendig im Geiſt, aber wenns heraus ſoll, da bleib ich beim Buchdeckel und muß mühſelig Sandkörnchen für Sandkörnchen zuſammentragen. Wie ich von der Pappel herunter der Trepp herauf war und hatt meinen erſten papiernen Gedanken aufgeſchrieben, der mich noch immer anlachte — ſo wollt ich doch noch ein bischen im Abendſchein mich wiegen, denn beim Wie¬ gen kommen mir Gedanken. Kaum war ich der halben Pappel hinaufgeklettert ſo fiel mir ſchon wieder was ein, ich klettert alſo gleich wieder herunter und wieder die Trepp hinauf und ſchrieb auf: Der ganze Menſch muß in ſich einverſtanden ſein nämlich Herz und Kopf und Hand und Mund. Da ſtand ich noch ſo eine Weile vor dem Gedanken ſtill und dacht vor dem hätt ich immer auf der Pappel können ſitzen bleiben und es that mir ſchon leid daß ich das Buch mit bekleckſt hatte, aber weil der Clemens

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/404
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/404>, abgerufen am 28.11.2024.