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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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so nachgepetert, wo die Natur nicht hat wollen mit da¬
bei sein, und die Philister allein sich erzeugen lassen;
und da hab ich Dich gefragt: hab ich ein Antlitz? --
da hast Du gelacht und gesagt: "es steckt noch zu tief
in der Knospe ich kanns nicht erkennen." Noch an je¬
nem Abend hab ich mich vor den Spiegel gestellt und
gebetet Gott soll mich doch aus der Knospe herauslassen
mit einem Antlitz, und nicht mit einem Gesicht; denn
wenn ich kein Antlitz hab wie kann ich da einem Antlitz
gefallen. Noch an jenem Abend fragte ich die Frau Hoch,
weil Wartfrauen von Schönheitsmitteln manches wissen,
sie meinte wenn man keine Sünde thue, so könne man
nicht unschön werden und wenn es darauf ankomme
so werde ich gewiß mich vor allen Sünden hüten; wie
aber die Frau Hoch draus war um den Kindchen die
Suppe zu kochen, da kletterte ich vors Fenster auf das
Blumenbrett und hockte mich ganz klein zusammen, wie
sie wieder hereinkam wars ganz still, es war dunkel
und noch kein Licht angezündet, da meinte die Hoch sie
wär allein und wollte ihr Abendgebet hersagen weil das
Kindchen noch schlief. -- "Jetzt geh ich ins ewige Leben,
sprach er mit freudiger Seele neigte das Haupt und er¬
bleichte." Das hörte ich auf dem Blumenbrett vom Ge¬

ſo nachgepetert, wo die Natur nicht hat wollen mit da¬
bei ſein, und die Philiſter allein ſich erzeugen laſſen;
und da hab ich Dich gefragt: hab ich ein Antlitz? —
da haſt Du gelacht und geſagt: „es ſteckt noch zu tief
in der Knospe ich kanns nicht erkennen.“ Noch an je¬
nem Abend hab ich mich vor den Spiegel geſtellt und
gebetet Gott ſoll mich doch aus der Knospe herauslaſſen
mit einem Antlitz, und nicht mit einem Geſicht; denn
wenn ich kein Antlitz hab wie kann ich da einem Antlitz
gefallen. Noch an jenem Abend fragte ich die Frau Hoch,
weil Wartfrauen von Schönheitsmitteln manches wiſſen,
ſie meinte wenn man keine Sünde thue, ſo könne man
nicht unſchön werden und wenn es darauf ankomme
ſo werde ich gewiß mich vor allen Sünden hüten; wie
aber die Frau Hoch draus war um den Kindchen die
Suppe zu kochen, da kletterte ich vors Fenſter auf das
Blumenbrett und hockte mich ganz klein zuſammen, wie
ſie wieder hereinkam wars ganz ſtill, es war dunkel
und noch kein Licht angezündet, da meinte die Hoch ſie
wär allein und wollte ihr Abendgebet herſagen weil das
Kindchen noch ſchlief. — „Jetzt geh ich ins ewige Leben,
ſprach er mit freudiger Seele neigte das Haupt und er¬
bleichte.“ Das hörte ich auf dem Blumenbrett vom Ge¬

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[383/0399] ſo nachgepetert, wo die Natur nicht hat wollen mit da¬ bei ſein, und die Philiſter allein ſich erzeugen laſſen; und da hab ich Dich gefragt: hab ich ein Antlitz? — da haſt Du gelacht und geſagt: „es ſteckt noch zu tief in der Knospe ich kanns nicht erkennen.“ Noch an je¬ nem Abend hab ich mich vor den Spiegel geſtellt und gebetet Gott ſoll mich doch aus der Knospe herauslaſſen mit einem Antlitz, und nicht mit einem Geſicht; denn wenn ich kein Antlitz hab wie kann ich da einem Antlitz gefallen. Noch an jenem Abend fragte ich die Frau Hoch, weil Wartfrauen von Schönheitsmitteln manches wiſſen, ſie meinte wenn man keine Sünde thue, ſo könne man nicht unſchön werden und wenn es darauf ankomme ſo werde ich gewiß mich vor allen Sünden hüten; wie aber die Frau Hoch draus war um den Kindchen die Suppe zu kochen, da kletterte ich vors Fenſter auf das Blumenbrett und hockte mich ganz klein zuſammen, wie ſie wieder hereinkam wars ganz ſtill, es war dunkel und noch kein Licht angezündet, da meinte die Hoch ſie wär allein und wollte ihr Abendgebet herſagen weil das Kindchen noch ſchlief. — „Jetzt geh ich ins ewige Leben, ſprach er mit freudiger Seele neigte das Haupt und er¬ bleichte.“ Das hörte ich auf dem Blumenbrett vom Ge¬

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/399>, abgerufen am 27.11.2024.