so nachgepetert, wo die Natur nicht hat wollen mit da¬ bei sein, und die Philister allein sich erzeugen lassen; und da hab ich Dich gefragt: hab ich ein Antlitz? -- da hast Du gelacht und gesagt: "es steckt noch zu tief in der Knospe ich kanns nicht erkennen." Noch an je¬ nem Abend hab ich mich vor den Spiegel gestellt und gebetet Gott soll mich doch aus der Knospe herauslassen mit einem Antlitz, und nicht mit einem Gesicht; denn wenn ich kein Antlitz hab wie kann ich da einem Antlitz gefallen. Noch an jenem Abend fragte ich die Frau Hoch, weil Wartfrauen von Schönheitsmitteln manches wissen, sie meinte wenn man keine Sünde thue, so könne man nicht unschön werden und wenn es darauf ankomme so werde ich gewiß mich vor allen Sünden hüten; wie aber die Frau Hoch draus war um den Kindchen die Suppe zu kochen, da kletterte ich vors Fenster auf das Blumenbrett und hockte mich ganz klein zusammen, wie sie wieder hereinkam wars ganz still, es war dunkel und noch kein Licht angezündet, da meinte die Hoch sie wär allein und wollte ihr Abendgebet hersagen weil das Kindchen noch schlief. -- "Jetzt geh ich ins ewige Leben, sprach er mit freudiger Seele neigte das Haupt und er¬ bleichte." Das hörte ich auf dem Blumenbrett vom Ge¬
ſo nachgepetert, wo die Natur nicht hat wollen mit da¬ bei ſein, und die Philiſter allein ſich erzeugen laſſen; und da hab ich Dich gefragt: hab ich ein Antlitz? — da haſt Du gelacht und geſagt: „es ſteckt noch zu tief in der Knospe ich kanns nicht erkennen.“ Noch an je¬ nem Abend hab ich mich vor den Spiegel geſtellt und gebetet Gott ſoll mich doch aus der Knospe herauslaſſen mit einem Antlitz, und nicht mit einem Geſicht; denn wenn ich kein Antlitz hab wie kann ich da einem Antlitz gefallen. Noch an jenem Abend fragte ich die Frau Hoch, weil Wartfrauen von Schönheitsmitteln manches wiſſen, ſie meinte wenn man keine Sünde thue, ſo könne man nicht unſchön werden und wenn es darauf ankomme ſo werde ich gewiß mich vor allen Sünden hüten; wie aber die Frau Hoch draus war um den Kindchen die Suppe zu kochen, da kletterte ich vors Fenſter auf das Blumenbrett und hockte mich ganz klein zuſammen, wie ſie wieder hereinkam wars ganz ſtill, es war dunkel und noch kein Licht angezündet, da meinte die Hoch ſie wär allein und wollte ihr Abendgebet herſagen weil das Kindchen noch ſchlief. — „Jetzt geh ich ins ewige Leben, ſprach er mit freudiger Seele neigte das Haupt und er¬ bleichte.“ Das hörte ich auf dem Blumenbrett vom Ge¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pxml:id="p396a"next="p400a"><pbfacs="#f0399"n="383"/>ſo nachgepetert, wo die Natur nicht hat wollen mit da¬<lb/>
bei ſein, und die Philiſter allein ſich erzeugen laſſen;<lb/>
und da hab ich Dich gefragt: hab ich ein Antlitz? —<lb/>
da haſt Du gelacht und geſagt: „es <choice><sic>ſtickt</sic><corr>ſteckt</corr></choice> noch zu tief<lb/>
in der Knospe ich kanns nicht erkennen.“ Noch an je¬<lb/>
nem Abend hab ich mich vor den Spiegel geſtellt und<lb/>
gebetet Gott ſoll mich doch aus der Knospe herauslaſſen<lb/>
mit einem Antlitz, und nicht mit einem Geſicht; denn<lb/>
wenn ich kein Antlitz hab wie kann ich da einem Antlitz<lb/>
gefallen. Noch an jenem Abend fragte ich die Frau Hoch,<lb/>
weil Wartfrauen von Schönheitsmitteln manches wiſſen,<lb/>ſie meinte wenn man keine Sünde thue, ſo könne man<lb/>
nicht unſchön werden und wenn es darauf ankomme<lb/>ſo werde ich gewiß mich vor allen Sünden hüten; wie<lb/>
aber die Frau Hoch draus war um den Kindchen die<lb/>
Suppe zu kochen, da kletterte ich vors Fenſter auf das<lb/>
Blumenbrett und hockte mich ganz klein zuſammen, wie<lb/>ſie wieder hereinkam wars ganz ſtill, es war dunkel<lb/>
und noch kein Licht angezündet, da meinte die Hoch ſie<lb/>
wär allein und wollte ihr Abendgebet herſagen weil das<lb/>
Kindchen noch ſchlief. —„Jetzt geh ich ins ewige Leben,<lb/>ſprach er mit freudiger Seele neigte das Haupt und er¬<lb/>
bleichte.“ Das hörte ich auf dem Blumenbrett vom Ge¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[383/0399]
ſo nachgepetert, wo die Natur nicht hat wollen mit da¬
bei ſein, und die Philiſter allein ſich erzeugen laſſen;
und da hab ich Dich gefragt: hab ich ein Antlitz? —
da haſt Du gelacht und geſagt: „es ſteckt noch zu tief
in der Knospe ich kanns nicht erkennen.“ Noch an je¬
nem Abend hab ich mich vor den Spiegel geſtellt und
gebetet Gott ſoll mich doch aus der Knospe herauslaſſen
mit einem Antlitz, und nicht mit einem Geſicht; denn
wenn ich kein Antlitz hab wie kann ich da einem Antlitz
gefallen. Noch an jenem Abend fragte ich die Frau Hoch,
weil Wartfrauen von Schönheitsmitteln manches wiſſen,
ſie meinte wenn man keine Sünde thue, ſo könne man
nicht unſchön werden und wenn es darauf ankomme
ſo werde ich gewiß mich vor allen Sünden hüten; wie
aber die Frau Hoch draus war um den Kindchen die
Suppe zu kochen, da kletterte ich vors Fenſter auf das
Blumenbrett und hockte mich ganz klein zuſammen, wie
ſie wieder hereinkam wars ganz ſtill, es war dunkel
und noch kein Licht angezündet, da meinte die Hoch ſie
wär allein und wollte ihr Abendgebet herſagen weil das
Kindchen noch ſchlief. — „Jetzt geh ich ins ewige Leben,
ſprach er mit freudiger Seele neigte das Haupt und er¬
bleichte.“ Das hörte ich auf dem Blumenbrett vom Ge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/399>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.