Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

im Hingeben? -- Ist nicht manches im Geist und in
der Seele Wirkung anderer Welten? -- Die Liebe, die
Leidenschaft, ist die nicht Anziehungskraft von der
Sonne? --

Wir saßen auf der Hoftreppe ich und der Clemens
in der Dämmerung, und schwätzten allerlei. -- "Es ist
alles recht lieblich was Du da vorbringst", sagte er --
"aber werd nur nicht faselig, manchmal ängstigt michs
was aus Dir werden soll, Du zersplitterst Deinen Geist,
mit dem Du dir eine so herrliche Freiheit erringen könn¬
test. -- Ach kannst Du Dich denn nicht auf Eins hin¬
wenden mit Deinen fünf Sinnen, und das ganz auf¬
fassen? -- Wenn Du sprichst bist Du gescheut, und
giebst manchen Aufschluß von dem die Philosophen noch
nichts wissen. -- Schreib doch was! -- hast Du mir
nicht Kindermärchen versprochen? -- schreib doch alles
auf was Du im Kloster erlebt hast, Du kannst so schön
davon erzählen. -- Was treibst Du denn mit der Gün¬
derode? -- Lernst Du mit ihr? -- Ich hab so große
Sorge um Dich ich muß manchmal die Hände ringen,
daß alle Anmuth Deines Geistes den vier Winden preis¬
gegeben ist." -- Der liebste Clemens! -- ich mußte ihn
küssen in der stillen Nachtdämmerung auf seine leuch¬
tende Stirn unter den schwarzen Locken für seine Liebe.

im Hingeben? — Iſt nicht manches im Geiſt und in
der Seele Wirkung anderer Welten? — Die Liebe, die
Leidenſchaft, iſt die nicht Anziehungskraft von der
Sonne? —

Wir ſaßen auf der Hoftreppe ich und der Clemens
in der Dämmerung, und ſchwätzten allerlei. — „Es iſt
alles recht lieblich was Du da vorbringſt“, ſagte er —
„aber werd nur nicht faſelig, manchmal ängſtigt michs
was aus Dir werden ſoll, Du zerſplitterſt Deinen Geiſt,
mit dem Du dir eine ſo herrliche Freiheit erringen könn¬
teſt. — Ach kannſt Du Dich denn nicht auf Eins hin¬
wenden mit Deinen fünf Sinnen, und das ganz auf¬
faſſen? — Wenn Du ſprichſt biſt Du geſcheut, und
giebſt manchen Aufſchluß von dem die Philoſophen noch
nichts wiſſen. — Schreib doch was! — haſt Du mir
nicht Kindermärchen verſprochen? — ſchreib doch alles
auf was Du im Kloſter erlebt haſt, Du kannſt ſo ſchön
davon erzählen. — Was treibſt Du denn mit der Gün¬
derode? — Lernſt Du mit ihr? — Ich hab ſo große
Sorge um Dich ich muß manchmal die Hände ringen,
daß alle Anmuth Deines Geiſtes den vier Winden preis¬
gegeben iſt.“ — Der liebſte Clemens! — ich mußte ihn
küſſen in der ſtillen Nachtdämmerung auf ſeine leuch¬
tende Stirn unter den ſchwarzen Locken für ſeine Liebe.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0394" n="378"/>
im Hingeben? &#x2014; I&#x017F;t nicht manches im Gei&#x017F;t und in<lb/>
der Seele Wirkung anderer Welten? &#x2014; Die Liebe, die<lb/>
Leiden&#x017F;chaft, i&#x017F;t die nicht Anziehungskraft von der<lb/>
Sonne? &#x2014;</p><lb/>
          <p>Wir &#x017F;aßen auf der Hoftreppe ich und der Clemens<lb/>
in der Dämmerung, und &#x017F;chwätzten allerlei. &#x2014; &#x201E;Es i&#x017F;t<lb/>
alles recht lieblich was Du da vorbring&#x017F;t&#x201C;, &#x017F;agte er &#x2014;<lb/>
&#x201E;aber werd nur nicht fa&#x017F;elig, manchmal äng&#x017F;tigt michs<lb/>
was aus Dir werden &#x017F;oll, Du zer&#x017F;plitter&#x017F;t Deinen Gei&#x017F;t,<lb/>
mit dem Du dir eine &#x017F;o herrliche Freiheit erringen könn¬<lb/>
te&#x017F;t. &#x2014; Ach kann&#x017F;t Du Dich denn nicht auf Eins hin¬<lb/>
wenden mit Deinen fünf Sinnen, und das ganz auf¬<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en? &#x2014; Wenn Du &#x017F;prich&#x017F;t bi&#x017F;t Du ge&#x017F;cheut, und<lb/>
gieb&#x017F;t manchen Auf&#x017F;chluß von dem die Philo&#x017F;ophen noch<lb/>
nichts wi&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Schreib doch was! &#x2014; ha&#x017F;t Du mir<lb/>
nicht Kindermärchen ver&#x017F;prochen? &#x2014; &#x017F;chreib doch alles<lb/>
auf was Du im Klo&#x017F;ter erlebt ha&#x017F;t, Du kann&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chön<lb/>
davon erzählen. &#x2014; Was treib&#x017F;t Du denn mit der Gün¬<lb/>
derode? &#x2014; Lern&#x017F;t Du mit ihr? &#x2014; Ich hab &#x017F;o große<lb/>
Sorge um Dich ich muß manchmal die Hände ringen,<lb/>
daß alle Anmuth Deines Gei&#x017F;tes den vier Winden preis¬<lb/>
gegeben i&#x017F;t.&#x201C; &#x2014; Der lieb&#x017F;te Clemens! &#x2014; ich mußte ihn<lb/>&#x017F;&#x017F;en in der &#x017F;tillen Nachtdämmerung auf &#x017F;eine leuch¬<lb/>
tende Stirn unter den &#x017F;chwarzen Locken für &#x017F;eine Liebe.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[378/0394] im Hingeben? — Iſt nicht manches im Geiſt und in der Seele Wirkung anderer Welten? — Die Liebe, die Leidenſchaft, iſt die nicht Anziehungskraft von der Sonne? — Wir ſaßen auf der Hoftreppe ich und der Clemens in der Dämmerung, und ſchwätzten allerlei. — „Es iſt alles recht lieblich was Du da vorbringſt“, ſagte er — „aber werd nur nicht faſelig, manchmal ängſtigt michs was aus Dir werden ſoll, Du zerſplitterſt Deinen Geiſt, mit dem Du dir eine ſo herrliche Freiheit erringen könn¬ teſt. — Ach kannſt Du Dich denn nicht auf Eins hin¬ wenden mit Deinen fünf Sinnen, und das ganz auf¬ faſſen? — Wenn Du ſprichſt biſt Du geſcheut, und giebſt manchen Aufſchluß von dem die Philoſophen noch nichts wiſſen. — Schreib doch was! — haſt Du mir nicht Kindermärchen verſprochen? — ſchreib doch alles auf was Du im Kloſter erlebt haſt, Du kannſt ſo ſchön davon erzählen. — Was treibſt Du denn mit der Gün¬ derode? — Lernſt Du mit ihr? — Ich hab ſo große Sorge um Dich ich muß manchmal die Hände ringen, daß alle Anmuth Deines Geiſtes den vier Winden preis¬ gegeben iſt.“ — Der liebſte Clemens! — ich mußte ihn küſſen in der ſtillen Nachtdämmerung auf ſeine leuch¬ tende Stirn unter den ſchwarzen Locken für ſeine Liebe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/394
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/394>, abgerufen am 27.11.2024.