wir zusammen, -- "nein wenn Dus so machst dann kannst Du mir nit e mal Quartier bestellen ich überleb Dich hun¬ dertmal." Ich mußt mirs gefallen lassen, das Licht war aus, ich nahm sie aber dafür auf den Arm und trug sie mit sammt ihrem Laternchen hinunter auf ihren Le¬ dersessel. Sie schrie erst, ich werde sie der Treppe herun¬ terwerfen, aber mitten in der Todesgefahr war sie vor Angst ganz still, unten auf dem Sessel wollte sie anfan¬ gen zu zanken, ich nahm aber ihr Federbett und warfs ihr auf den Kopf und lief fort. -- Jetzt kommt sie ge¬ wiß nicht wieder. -- Obschon ich müde war hätt gern noch geschrieben was ich jetzt nicht mehr weiß, heut schwärmt mirs nur vor Augen und Ohren daß Du nicht mehr auf Deinem alten Plätzchen meine Briefe bekom¬ men sollst. Die Großmama hatte gestern einen Anfall von Schwindel, ich mag nicht nach Frankfurt verlangen, und auch mag ich nicht hin, was soll ich dort wenn Deine Haiden Deine Holzhausen Deine Nees Dich in Beschlag nehmen! -- Ich glaubte, ja wahrhaftig ich glaubte ich wär Dir lieber wie die andern und es wär Dir Ernst mit unsrer religiösen Weltumwälzung wies auch mir ist, und so wars auch recht von Gott angeordnet daß wir beide nicht beisammen und doch so nah waren daß jeden Tag unsere Briefe sich erreichten
wir zuſammen, — „nein wenn Dus ſo machſt dann kannſt Du mir nit e mal Quartier beſtellen ich überleb Dich hun¬ dertmal.“ Ich mußt mirs gefallen laſſen, das Licht war aus, ich nahm ſie aber dafür auf den Arm und trug ſie mit ſammt ihrem Laternchen hinunter auf ihren Le¬ derſeſſel. Sie ſchrie erſt, ich werde ſie der Treppe herun¬ terwerfen, aber mitten in der Todesgefahr war ſie vor Angſt ganz ſtill, unten auf dem Seſſel wollte ſie anfan¬ gen zu zanken, ich nahm aber ihr Federbett und warfs ihr auf den Kopf und lief fort. — Jetzt kommt ſie ge¬ wiß nicht wieder. — Obſchon ich müde war hätt gern noch geſchrieben was ich jetzt nicht mehr weiß, heut ſchwärmt mirs nur vor Augen und Ohren daß Du nicht mehr auf Deinem alten Plätzchen meine Briefe bekom¬ men ſollſt. Die Großmama hatte geſtern einen Anfall von Schwindel, ich mag nicht nach Frankfurt verlangen, und auch mag ich nicht hin, was ſoll ich dort wenn Deine Haiden Deine Holzhauſen Deine Nees Dich in Beſchlag nehmen! — Ich glaubte, ja wahrhaftig ich glaubte ich wär Dir lieber wie die andern und es wär Dir Ernſt mit unſrer religiöſen Weltumwälzung wies auch mir iſt, und ſo wars auch recht von Gott angeordnet daß wir beide nicht beiſammen und doch ſo nah waren daß jeden Tag unſere Briefe ſich erreichten
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wir zuſammen, — „nein wenn Dus ſo machſt dann kannſt
Du mir nit e mal Quartier beſtellen ich überleb Dich hun¬
dertmal.“ Ich mußt mirs gefallen laſſen, das Licht war
aus, ich nahm ſie aber dafür auf den Arm und trug
ſie mit ſammt ihrem Laternchen hinunter auf ihren Le¬
derſeſſel. Sie ſchrie erſt, ich werde ſie der Treppe herun¬
terwerfen, aber mitten in der Todesgefahr war ſie vor
Angſt ganz ſtill, unten auf dem Seſſel wollte ſie anfan¬
gen zu zanken, ich nahm aber ihr Federbett und warfs
ihr auf den Kopf und lief fort. — Jetzt kommt ſie ge¬
wiß nicht wieder. — Obſchon ich müde war hätt gern
noch geſchrieben was ich jetzt nicht mehr weiß, heut
ſchwärmt mirs nur vor Augen und Ohren daß Du nicht
mehr auf Deinem alten Plätzchen meine Briefe bekom¬
men ſollſt. Die Großmama hatte geſtern einen Anfall
von Schwindel, ich mag nicht nach Frankfurt verlangen,
und auch mag ich nicht hin, was ſoll ich dort wenn
Deine Haiden Deine Holzhauſen Deine Nees Dich in
Beſchlag nehmen! — Ich glaubte, ja wahrhaftig ich
glaubte ich wär Dir lieber wie die andern und es
wär Dir Ernſt mit unſrer religiöſen Weltumwälzung
wies auch mir iſt, und ſo wars auch recht von Gott
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/375>, abgerufen am 25.11.2024.
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