die Kunst für Weisheit übt. Wo keine Hand hinreicht, wo keine Lippe sich öffnet, kein Gedanke sich hinwagt, da tritt sie als Priesterin auf, und das Herz bricht vor ihr, legt flehend seine Bekenntnisse dar, will jedes Fehls sich zeihen, will ganz im Busen ihr aufgenommen sein. Ja Musik -- sie schrotet Gold und Stahl, kein Helm sitzt so fest auf dem Haupt, und kein Harnisch auf der Brust, sie dringt durch, und es gelobet sich Ihr der König wie der Vasall.
Wie aber ists mit der Symphonie von Beethoven die gleich drauf folgte? -- Willst Du mit hinüber un¬ ter jenes Ölwalds gleiche Stämme mit Laub wie Sammt, schwimmend im Wind der Wellen schlägt in ihren grünen Schleiern, und sanft auf flockigem Rasen den einsam lautlosen Tritt Dir umflüstert! -- Komm! -- schau die Sonne im Feuerpanzer ihre Pfeilstrahlen vom Bogen strömend ins ewige Blau. -- Bald vom Wechsel der Wogen getragen schwankt unter Dir das unendliche Meer. Der Wind fährt daher zwischen thür¬ menden Wellen -- bahnt Weg silbernen Göttern die aufrauschend, sich umschlingen mit Dir nach himmlischen Rhythmen Dir aus der Brust geboren. So nah ist alles verwandt Dir. -- Doch ohne End wechselnd dies
die Kunſt für Weisheit übt. Wo keine Hand hinreicht, wo keine Lippe ſich öffnet, kein Gedanke ſich hinwagt, da tritt ſie als Prieſterin auf, und das Herz bricht vor ihr, legt flehend ſeine Bekenntniſſe dar, will jedes Fehls ſich zeihen, will ganz im Buſen ihr aufgenommen ſein. Ja Muſik — ſie ſchrotet Gold und Stahl, kein Helm ſitzt ſo feſt auf dem Haupt, und kein Harniſch auf der Bruſt, ſie dringt durch, und es gelobet ſich Ihr der König wie der Vaſall.
Wie aber iſts mit der Symphonie von Beethoven die gleich drauf folgte? — Willſt Du mit hinüber un¬ ter jenes Ölwalds gleiche Stämme mit Laub wie Sammt, ſchwimmend im Wind der Wellen ſchlägt in ihren grünen Schleiern, und ſanft auf flockigem Raſen den einſam lautloſen Tritt Dir umflüſtert! — Komm! — ſchau die Sonne im Feuerpanzer ihre Pfeilſtrahlen vom Bogen ſtrömend ins ewige Blau. — Bald vom Wechſel der Wogen getragen ſchwankt unter Dir das unendliche Meer. Der Wind fährt daher zwiſchen thür¬ menden Wellen — bahnt Weg ſilbernen Göttern die aufrauſchend, ſich umſchlingen mit Dir nach himmliſchen Rhythmen Dir aus der Bruſt geboren. So nah iſt alles verwandt Dir. — Doch ohne End wechſelnd dies
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die Kunſt für Weisheit übt. Wo keine Hand hinreicht,
wo keine Lippe ſich öffnet, kein Gedanke ſich hinwagt,
da tritt ſie als Prieſterin auf, und das Herz bricht vor
ihr, legt flehend ſeine Bekenntniſſe dar, will jedes Fehls
ſich zeihen, will ganz im Buſen ihr aufgenommen ſein.
Ja Muſik — ſie ſchrotet Gold und Stahl, kein Helm
ſitzt ſo feſt auf dem Haupt, und kein Harniſch auf
der Bruſt, ſie dringt durch, und es gelobet ſich Ihr
der König wie der Vaſall.
Wie aber iſts mit der Symphonie von Beethoven
die gleich drauf folgte? — Willſt Du mit hinüber un¬
ter jenes Ölwalds gleiche Stämme mit Laub wie
Sammt, ſchwimmend im Wind der Wellen ſchlägt in
ihren grünen Schleiern, und ſanft auf flockigem Raſen
den einſam lautloſen Tritt Dir umflüſtert! — Komm!
— ſchau die Sonne im Feuerpanzer ihre Pfeilſtrahlen
vom Bogen ſtrömend ins ewige Blau. — Bald vom
Wechſel der Wogen getragen ſchwankt unter Dir das
unendliche Meer. Der Wind fährt daher zwiſchen thür¬
menden Wellen — bahnt Weg ſilbernen Göttern die
aufrauſchend, ſich umſchlingen mit Dir nach himmliſchen
Rhythmen Dir aus der Bruſt geboren. So nah iſt
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/315>, abgerufen am 22.11.2024.
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