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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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hen machen, und Dein zärtlicher Umgang mit dem hei¬
ligen Geist, wie Du das nennst, den Du gleich einem
Jagdhund witterst, das würde ihm unsägliche Sorgen
machen. Er frägt mich was Du mir schreibst, denn er
wisse, daß ich enorm lange Briefe von Dir bekomme.
Wo er das her weiß das ist mir ein Räthsel, ich hab
mit Niemand davon gesprochen. Ich mein daß der Cle¬
mens recht hat, denn wenn du auch ein neues Leben
ausgefunden hast indem Du mit Dir selber zusammen¬
triffst, wie Du sagst, so mußt Du doch auch füh¬
len: so gut wie in jenen Naturerscheinungen, die Dein
Genius, wie Du meinst, benutzt, um zu Dir zu gelan¬
gen, so würde er jede Kunst wohl auch benutzen dazu,
wenn Du ihm nur die Pforte öffnen wolltest, aber der
Arme! ich glaube Du würdest ihn eher zerquetschen ehe
Du ihn da durch ließest. -- Was Dich einen Augenblick
anregt, wozu sich wirklich Dein Feuer sammelt, das
zerstreuest Du mit allem Fleiß wieder, und giebst es
den vier Winden preiß. Du kannst nicht läugnen
daß die Musik mit allem was Anregung in Dir
bedurfte übereinstimmt. Du hast mir selber geschrie¬
ben, Dein eigner Lebensgeist rufe Dir immer zu, eine
Geige nimm, und verstärke den Strom der Harmonieen,

hen machen, und Dein zärtlicher Umgang mit dem hei¬
ligen Geiſt, wie Du das nennſt, den Du gleich einem
Jagdhund witterſt, das würde ihm unſägliche Sorgen
machen. Er frägt mich was Du mir ſchreibſt, denn er
wiſſe, daß ich enorm lange Briefe von Dir bekomme.
Wo er das her weiß das iſt mir ein Räthſel, ich hab
mit Niemand davon geſprochen. Ich mein daß der Cle¬
mens recht hat, denn wenn du auch ein neues Leben
ausgefunden haſt indem Du mit Dir ſelber zuſammen¬
triffſt, wie Du ſagſt, ſo mußt Du doch auch füh¬
len: ſo gut wie in jenen Naturerſcheinungen, die Dein
Genius, wie Du meinſt, benutzt, um zu Dir zu gelan¬
gen, ſo würde er jede Kunſt wohl auch benutzen dazu,
wenn Du ihm nur die Pforte öffnen wollteſt, aber der
Arme! ich glaube Du würdeſt ihn eher zerquetſchen ehe
Du ihn da durch ließeſt. — Was Dich einen Augenblick
anregt, wozu ſich wirklich Dein Feuer ſammelt, das
zerſtreueſt Du mit allem Fleiß wieder, und giebſt es
den vier Winden preiß. Du kannſt nicht läugnen
daß die Muſik mit allem was Anregung in Dir
bedurfte übereinſtimmt. Du haſt mir ſelber geſchrie¬
ben, Dein eigner Lebensgeiſt rufe Dir immer zu, eine
Geige nimm, und verſtärke den Strom der Harmonieen,

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[293/0309] hen machen, und Dein zärtlicher Umgang mit dem hei¬ ligen Geiſt, wie Du das nennſt, den Du gleich einem Jagdhund witterſt, das würde ihm unſägliche Sorgen machen. Er frägt mich was Du mir ſchreibſt, denn er wiſſe, daß ich enorm lange Briefe von Dir bekomme. Wo er das her weiß das iſt mir ein Räthſel, ich hab mit Niemand davon geſprochen. Ich mein daß der Cle¬ mens recht hat, denn wenn du auch ein neues Leben ausgefunden haſt indem Du mit Dir ſelber zuſammen¬ triffſt, wie Du ſagſt, ſo mußt Du doch auch füh¬ len: ſo gut wie in jenen Naturerſcheinungen, die Dein Genius, wie Du meinſt, benutzt, um zu Dir zu gelan¬ gen, ſo würde er jede Kunſt wohl auch benutzen dazu, wenn Du ihm nur die Pforte öffnen wollteſt, aber der Arme! ich glaube Du würdeſt ihn eher zerquetſchen ehe Du ihn da durch ließeſt. — Was Dich einen Augenblick anregt, wozu ſich wirklich Dein Feuer ſammelt, das zerſtreueſt Du mit allem Fleiß wieder, und giebſt es den vier Winden preiß. Du kannſt nicht läugnen daß die Muſik mit allem was Anregung in Dir bedurfte übereinſtimmt. Du haſt mir ſelber geſchrie¬ ben, Dein eigner Lebensgeiſt rufe Dir immer zu, eine Geige nimm, und verſtärke den Strom der Harmonieen,

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/309>, abgerufen am 23.07.2024.