daß ein Tapferer könne zu einem Feigen werden, -- dem ist aber nicht so, denn bei einer Wunde die in der Be¬ geistrung selbst empfangen wird, da haucht das Blut selbst Unsterblichkeit aus. Wenn nämlich die Tugend (die Tapferkeit) wach ist in dem Menschen, das heißt: wenn der Genius in sein Blut gestiegen ist und kämpft, und er geht auf die Wunde los die er empfangen soll, da ist die Kühnheit so Herr, daß keine sclavische Ent¬ weichung stattfinden könne, denn dann ist grad aller Stahl im Blut in den Geist übergegangen, -- denn wie Gott immerdar in jedem Hauch erzeugt weil er ganz Weisheit ist, so erzeugt auch das Genie weil es mit Gottes elektrischer Kette verbunden ist, ewig seine Schläge empfängt und wieder einschlägt ins Blut. -- Ich bitte Dich, wie willst Du denn die elektrische Kraft erklären, anders, als daß durch Gottes Geist die Natur zuckt und bis ins Blut geht, wo sie im Menschen wieder den Weg in die Begeistrung findet, weil der Geist hat. -- Und siehe da! -- die Kraft empfängt den Blitzstrahl, und so erzeu¬ gen Weisheit und Tapferkeit sich in einander. -- Was hab ich im vorigen Brief gesagt: -- Gott sei die Poesie, und heute, daß er die Weisheit ist, -- das ist schon eine alte Geschichte, das haben glaub ich die Kirchenväter herausgestellt, und haben deswegen großen Respekt vor
daß ein Tapferer könne zu einem Feigen werden, — dem iſt aber nicht ſo, denn bei einer Wunde die in der Be¬ geiſtrung ſelbſt empfangen wird, da haucht das Blut ſelbſt Unſterblichkeit aus. Wenn nämlich die Tugend (die Tapferkeit) wach iſt in dem Menſchen, das heißt: wenn der Genius in ſein Blut geſtiegen iſt und kämpft, und er geht auf die Wunde los die er empfangen ſoll, da iſt die Kühnheit ſo Herr, daß keine ſclaviſche Ent¬ weichung ſtattfinden könne, denn dann iſt grad aller Stahl im Blut in den Geiſt übergegangen, — denn wie Gott immerdar in jedem Hauch erzeugt weil er ganz Weisheit iſt, ſo erzeugt auch das Genie weil es mit Gottes elektriſcher Kette verbunden iſt, ewig ſeine Schläge empfängt und wieder einſchlägt ins Blut. — Ich bitte Dich, wie willſt Du denn die elektriſche Kraft erklären, anders, als daß durch Gottes Geiſt die Natur zuckt und bis ins Blut geht, wo ſie im Menſchen wieder den Weg in die Begeiſtrung findet, weil der Geiſt hat. — Und ſiehe da! — die Kraft empfängt den Blitzſtrahl, und ſo erzeu¬ gen Weisheit und Tapferkeit ſich in einander. — Was hab ich im vorigen Brief geſagt: — Gott ſei die Poeſie, und heute, daß er die Weisheit iſt, — das iſt ſchon eine alte Geſchichte, das haben glaub ich die Kirchenväter herausgeſtellt, und haben deswegen großen Reſpekt vor
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0285"n="269"/>
daß ein Tapferer könne zu einem Feigen werden, — dem<lb/>
iſt aber nicht ſo, denn bei einer Wunde die in der Be¬<lb/>
geiſtrung ſelbſt empfangen wird, da haucht das Blut<lb/>ſelbſt Unſterblichkeit aus. Wenn nämlich die Tugend<lb/>
(die Tapferkeit) wach iſt in dem Menſchen, das heißt:<lb/>
wenn der Genius in ſein Blut geſtiegen iſt und kämpft,<lb/>
und er geht auf die Wunde los die er empfangen ſoll,<lb/>
da iſt die Kühnheit ſo Herr, daß keine ſclaviſche Ent¬<lb/>
weichung ſtattfinden könne, denn dann iſt grad aller<lb/>
Stahl im Blut in den Geiſt übergegangen, — denn wie<lb/>
Gott immerdar in jedem Hauch erzeugt weil er ganz<lb/>
Weisheit iſt, ſo erzeugt auch das Genie weil es mit<lb/>
Gottes elektriſcher Kette verbunden iſt, ewig ſeine Schläge<lb/>
empfängt und wieder einſchlägt ins Blut. — Ich bitte<lb/>
Dich, wie willſt Du denn die elektriſche Kraft erklären,<lb/>
anders, als daß durch Gottes Geiſt die Natur zuckt und<lb/>
bis ins Blut geht, wo ſie im Menſchen wieder den Weg<lb/>
in die Begeiſtrung findet, weil der Geiſt hat. — Und<lb/>ſiehe da! — die Kraft empfängt den Blitzſtrahl, und ſo erzeu¬<lb/>
gen Weisheit und Tapferkeit ſich in einander. — Was<lb/>
hab ich im vorigen Brief geſagt: — Gott ſei die Poeſie,<lb/>
und heute, daß er die Weisheit iſt, — das iſt ſchon eine<lb/>
alte Geſchichte, das haben glaub ich die Kirchenväter<lb/>
herausgeſtellt, und haben deswegen großen Reſpekt vor<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[269/0285]
daß ein Tapferer könne zu einem Feigen werden, — dem
iſt aber nicht ſo, denn bei einer Wunde die in der Be¬
geiſtrung ſelbſt empfangen wird, da haucht das Blut
ſelbſt Unſterblichkeit aus. Wenn nämlich die Tugend
(die Tapferkeit) wach iſt in dem Menſchen, das heißt:
wenn der Genius in ſein Blut geſtiegen iſt und kämpft,
und er geht auf die Wunde los die er empfangen ſoll,
da iſt die Kühnheit ſo Herr, daß keine ſclaviſche Ent¬
weichung ſtattfinden könne, denn dann iſt grad aller
Stahl im Blut in den Geiſt übergegangen, — denn wie
Gott immerdar in jedem Hauch erzeugt weil er ganz
Weisheit iſt, ſo erzeugt auch das Genie weil es mit
Gottes elektriſcher Kette verbunden iſt, ewig ſeine Schläge
empfängt und wieder einſchlägt ins Blut. — Ich bitte
Dich, wie willſt Du denn die elektriſche Kraft erklären,
anders, als daß durch Gottes Geiſt die Natur zuckt und
bis ins Blut geht, wo ſie im Menſchen wieder den Weg
in die Begeiſtrung findet, weil der Geiſt hat. — Und
ſiehe da! — die Kraft empfängt den Blitzſtrahl, und ſo erzeu¬
gen Weisheit und Tapferkeit ſich in einander. — Was
hab ich im vorigen Brief geſagt: — Gott ſei die Poeſie,
und heute, daß er die Weisheit iſt, — das iſt ſchon eine
alte Geſchichte, das haben glaub ich die Kirchenväter
herausgeſtellt, und haben deswegen großen Reſpekt vor
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/285>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.