Ach ich hab eine Sehnsucht rein zu sein von die¬ sen Fehlern. Ins Bad steigen, und mich abwaschen von allen Verkehrtheiten. Die ganze Welt kommt mir vor wie verrückt, und ich schußbartele immer so mit, und doch ist in mir eine Stimme, die mich besser belehrt. -- Lasse uns doch eine Religion stiften, ich und Du, und lasse uns einstweilen Priester und Laie darin sein, ganz im Stillen, und streng danach leben, und ihre Gesetze entwickeln, wie sich ein junger Königssohn entwickelt der einst der größte Herrscher sollt werden der ganzen Welt. -- So muß es sein, daß er ein Held sei, und durch seinen Willen alle Gebrechen abweise und die ganze Welt umfasse, und daß sie müsse sich bessern. Ich glaub auch, daß Gott nur hat Königsstämme wer¬ den lassen, damit sie dem Auge, den Menschen so erhaben hinstellen, um ihn nach allen Seiten zu erkennen. Der König hat Macht über alles, also erkennt der Mensch, der seinem öffentlichen Thun zusieht, wie schlecht er es anfängt, oder auch wenn ers gut macht, wie groß er selber sein könne. Dann, steht grade der König so, daß ihm allein gelinge, was kein andrer vermag, ein genia¬ ler Herrscher reißt mit Gewalt sein Volk auf die Stufe, wohin es nie ohne ihn kommen würde. Also müssen wir unsere Religion ganz für den jungen Herrscher bil¬
Ach ich hab eine Sehnſucht rein zu ſein von die¬ ſen Fehlern. Ins Bad ſteigen, und mich abwaſchen von allen Verkehrtheiten. Die ganze Welt kommt mir vor wie verrückt, und ich ſchußbartele immer ſo mit, und doch iſt in mir eine Stimme, die mich beſſer belehrt. — Laſſe uns doch eine Religion ſtiften, ich und Du, und laſſe uns einſtweilen Prieſter und Laie darin ſein, ganz im Stillen, und ſtreng danach leben, und ihre Geſetze entwickeln, wie ſich ein junger Königsſohn entwickelt der einſt der größte Herrſcher ſollt werden der ganzen Welt. — So muß es ſein, daß er ein Held ſei, und durch ſeinen Willen alle Gebrechen abweiſe und die ganze Welt umfaſſe, und daß ſie müſſe ſich beſſern. Ich glaub auch, daß Gott nur hat Königsſtämme wer¬ den laſſen, damit ſie dem Auge, den Menſchen ſo erhaben hinſtellen, um ihn nach allen Seiten zu erkennen. Der König hat Macht über alles, alſo erkennt der Menſch, der ſeinem öffentlichen Thun zuſieht, wie ſchlecht er es anfängt, oder auch wenn ers gut macht, wie groß er ſelber ſein könne. Dann, ſteht grade der König ſo, daß ihm allein gelinge, was kein andrer vermag, ein genia¬ ler Herrſcher reißt mit Gewalt ſein Volk auf die Stufe, wohin es nie ohne ihn kommen würde. Alſo müſſen wir unſere Religion ganz für den jungen Herrſcher bil¬
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Ach ich hab eine Sehnſucht rein zu ſein von die¬
ſen Fehlern. Ins Bad ſteigen, und mich abwaſchen von
allen Verkehrtheiten. Die ganze Welt kommt mir vor
wie verrückt, und ich ſchußbartele immer ſo mit, und
doch iſt in mir eine Stimme, die mich beſſer belehrt. —
Laſſe uns doch eine Religion ſtiften, ich und Du, und
laſſe uns einſtweilen Prieſter und Laie darin ſein, ganz
im Stillen, und ſtreng danach leben, und ihre Geſetze
entwickeln, wie ſich ein junger Königsſohn entwickelt
der einſt der größte Herrſcher ſollt werden der ganzen
Welt. — So muß es ſein, daß er ein Held ſei,
und durch ſeinen Willen alle Gebrechen abweiſe und
die ganze Welt umfaſſe, und daß ſie müſſe ſich beſſern.
Ich glaub auch, daß Gott nur hat Königsſtämme wer¬
den laſſen, damit ſie dem Auge, den Menſchen ſo erhaben
hinſtellen, um ihn nach allen Seiten zu erkennen. Der
König hat Macht über alles, alſo erkennt der Menſch,
der ſeinem öffentlichen Thun zuſieht, wie ſchlecht er es
anfängt, oder auch wenn ers gut macht, wie groß er
ſelber ſein könne. Dann, ſteht grade der König ſo, daß
ihm allein gelinge, was kein andrer vermag, ein genia¬
ler Herrſcher reißt mit Gewalt ſein Volk auf die Stufe,
wohin es nie ohne ihn kommen würde. Alſo müſſen
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/270>, abgerufen am 26.11.2024.
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