Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
An die Bettine.

Liebe Bettine! -- Du drückst mir die Schreibefinger
zusammen, daß ich kaum athme noch weniger aber es
wage zu denken, denn aus Furcht, ich könne willkühr¬
liche Gedanken haben, denke ich lieber gar nicht, magst
Du am Ende meines Briefes fühlen, ob ich in den en¬
gen Grenzen meiner geistigen Richtungen Dich nicht ver¬
letzte, so daß Dein Vertrauen ohne Hinderniß hinab¬
ströme zu mir, ja hinab, denn ich bin nichts. So lasse
mich denn gesund mit Dir sprechen, da nichts mir fremd
ist in Dir, denn in Deine Töne eingehen, das wäre
Deinen Lauf stören.

In Dein Lamento über Deine Geschichtsmisere stimme
ich ein, sie macht mich mit caput, kauf in Gottes Na¬
men ein paar Beinkleider als Sühnopfer, und entlasse
Deinen Arenswald in Gnaden. Clemens schreibt, daß
ich ihm Antwort schuldig sei, ich wußte nicht daß er in
Marburg ist, wenn Du ihm schreibst so gieb ihm die
Einlage, er ist mehr wie unendlich gut gegen Dich, und
es ist ein eigen Schicksal daß unser beider Bemühung
Dich zu einer innern Bildung zu leiten oder vielmehr
sie Dir zu erleichtern nicht gelingen will, so schreibt er

An die Bettine.

Liebe Bettine! — Du drückſt mir die Schreibefinger
zuſammen, daß ich kaum athme noch weniger aber es
wage zu denken, denn aus Furcht, ich könne willkühr¬
liche Gedanken haben, denke ich lieber gar nicht, magſt
Du am Ende meines Briefes fühlen, ob ich in den en¬
gen Grenzen meiner geiſtigen Richtungen Dich nicht ver¬
letzte, ſo daß Dein Vertrauen ohne Hinderniß hinab¬
ſtröme zu mir, ja hinab, denn ich bin nichts. So laſſe
mich denn geſund mit Dir ſprechen, da nichts mir fremd
iſt in Dir, denn in Deine Töne eingehen, das wäre
Deinen Lauf ſtören.

In Dein Lamento über Deine Geſchichtsmiſere ſtimme
ich ein, ſie macht mich mit caput, kauf in Gottes Na¬
men ein paar Beinkleider als Sühnopfer, und entlaſſe
Deinen Arenswald in Gnaden. Clemens ſchreibt, daß
ich ihm Antwort ſchuldig ſei, ich wußte nicht daß er in
Marburg iſt, wenn Du ihm ſchreibſt ſo gieb ihm die
Einlage, er iſt mehr wie unendlich gut gegen Dich, und
es iſt ein eigen Schickſal daß unſer beider Bemühung
Dich zu einer innern Bildung zu leiten oder vielmehr
ſie Dir zu erleichtern nicht gelingen will, ſo ſchreibt er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0248" n="232"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>An die Bettine.<lb/></head>
          <p>Liebe Bettine! &#x2014; Du drück&#x017F;t mir die Schreibefinger<lb/>
zu&#x017F;ammen, daß ich kaum athme noch weniger aber es<lb/>
wage zu denken, denn aus Furcht, ich könne willkühr¬<lb/>
liche Gedanken haben, denke ich lieber gar nicht, mag&#x017F;t<lb/>
Du am Ende meines Briefes fühlen, ob ich in den en¬<lb/>
gen Grenzen meiner gei&#x017F;tigen Richtungen Dich nicht ver¬<lb/>
letzte, &#x017F;o daß Dein Vertrauen ohne Hinderniß hinab¬<lb/>
&#x017F;tröme zu mir, ja hinab, denn ich bin nichts. So la&#x017F;&#x017F;e<lb/>
mich denn ge&#x017F;und mit Dir &#x017F;prechen, da nichts mir fremd<lb/>
i&#x017F;t in Dir, denn in Deine Töne eingehen, das wäre<lb/>
Deinen Lauf &#x017F;tören.</p><lb/>
          <p>In Dein Lamento über Deine Ge&#x017F;chichtsmi&#x017F;ere &#x017F;timme<lb/>
ich ein, &#x017F;ie macht mich mit caput, kauf in Gottes Na¬<lb/>
men ein paar Beinkleider als Sühnopfer, und entla&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Deinen Arenswald in Gnaden. Clemens &#x017F;chreibt, daß<lb/>
ich ihm Antwort &#x017F;chuldig &#x017F;ei, ich wußte nicht daß er in<lb/>
Marburg i&#x017F;t, wenn Du ihm &#x017F;chreib&#x017F;t &#x017F;o gieb ihm die<lb/>
Einlage, er i&#x017F;t mehr wie unendlich gut gegen Dich, und<lb/>
es i&#x017F;t ein eigen Schick&#x017F;al daß un&#x017F;er beider Bemühung<lb/>
Dich zu einer innern Bildung zu leiten oder vielmehr<lb/>
&#x017F;ie Dir zu erleichtern nicht gelingen will, &#x017F;o &#x017F;chreibt er<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0248] An die Bettine. Liebe Bettine! — Du drückſt mir die Schreibefinger zuſammen, daß ich kaum athme noch weniger aber es wage zu denken, denn aus Furcht, ich könne willkühr¬ liche Gedanken haben, denke ich lieber gar nicht, magſt Du am Ende meines Briefes fühlen, ob ich in den en¬ gen Grenzen meiner geiſtigen Richtungen Dich nicht ver¬ letzte, ſo daß Dein Vertrauen ohne Hinderniß hinab¬ ſtröme zu mir, ja hinab, denn ich bin nichts. So laſſe mich denn geſund mit Dir ſprechen, da nichts mir fremd iſt in Dir, denn in Deine Töne eingehen, das wäre Deinen Lauf ſtören. In Dein Lamento über Deine Geſchichtsmiſere ſtimme ich ein, ſie macht mich mit caput, kauf in Gottes Na¬ men ein paar Beinkleider als Sühnopfer, und entlaſſe Deinen Arenswald in Gnaden. Clemens ſchreibt, daß ich ihm Antwort ſchuldig ſei, ich wußte nicht daß er in Marburg iſt, wenn Du ihm ſchreibſt ſo gieb ihm die Einlage, er iſt mehr wie unendlich gut gegen Dich, und es iſt ein eigen Schickſal daß unſer beider Bemühung Dich zu einer innern Bildung zu leiten oder vielmehr ſie Dir zu erleichtern nicht gelingen will, ſo ſchreibt er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/248
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/248>, abgerufen am 22.12.2024.