Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

manche Blumen verblühen, das will ich nicht, weil ich
aber auf Dich gerichtet bin, fliegen so manche Gedan¬
ken auf zu Dir von selbst. Ja sie kommen sogar zwi¬
schen uns wenn ich mit Dir bin. Du bist eben gar
nicht wie ein Mensch der mich fassen und halten will,
Du bist wie die Luft, der Sonnenstrahl fährt nieder
durch Dich in meinen Geist, so hell bist Du.

Die Eule, die Jungfer Salome, der weise Mei¬
ster im Abendschein, eine Vision des Philisterthums, in
dessen Geist sie versammelt waren.

In der Bibliothek hab ich heute einen geschnittnen
Stein gefunden, der blecherne lackirte Kerl, der heut
aus Homburg herüber kam, der G. r. g., der die Welt
durchs Perspektiv beguckt um alles zu durchschauen, (zu¬
fällig passirt nichts vorm Guckloch), erklärt den Stein
für antik, sonst wollt die Großmama mir ihn schon
schenken für Dich. -- Daphnis vom Apoll verfolgt, wur¬
zelt fest mit der flüchtigen Sohle und sprießt in Lor¬
beer auf. Das paßt so schön auf Dich. Dein Schick¬
sal, du siehst's vor Augen, Geliebt, verfolgt, umfan¬
gen vom Gott der Musen, und dann, ewig immerdar
goldne Keime aufschossend, und der Dichter reiner Or¬
den der Dich umwandelt mit Dir sich zu berühren, das
ist kein Philisterthum, solche Geschicke wie heilige Ge¬

10

manche Blumen verblühen, das will ich nicht, weil ich
aber auf Dich gerichtet bin, fliegen ſo manche Gedan¬
ken auf zu Dir von ſelbſt. Ja ſie kommen ſogar zwi¬
ſchen uns wenn ich mit Dir bin. Du biſt eben gar
nicht wie ein Menſch der mich faſſen und halten will,
Du biſt wie die Luft, der Sonnenſtrahl fährt nieder
durch Dich in meinen Geiſt, ſo hell biſt Du.

Die Eule, die Jungfer Salome, der weiſe Mei¬
ſter im Abendſchein, eine Viſion des Philiſterthums, in
deſſen Geiſt ſie verſammelt waren.

In der Bibliothek hab ich heute einen geſchnittnen
Stein gefunden, der blecherne lackirte Kerl, der heut
aus Homburg herüber kam, der G. r. g., der die Welt
durchs Perſpektiv beguckt um alles zu durchſchauen, (zu¬
fällig paſſirt nichts vorm Guckloch), erklärt den Stein
für antik, ſonſt wollt die Großmama mir ihn ſchon
ſchenken für Dich. — Daphnis vom Apoll verfolgt, wur¬
zelt feſt mit der flüchtigen Sohle und ſprießt in Lor¬
beer auf. Das paßt ſo ſchön auf Dich. Dein Schick¬
ſal, du ſiehſt's vor Augen, Geliebt, verfolgt, umfan¬
gen vom Gott der Muſen, und dann, ewig immerdar
goldne Keime aufſchoſſend, und der Dichter reiner Or¬
den der Dich umwandelt mit Dir ſich zu berühren, das
iſt kein Philiſterthum, ſolche Geſchicke wie heilige Ge¬

10
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0233" n="217"/>
manche Blumen verblühen, das will ich nicht, weil ich<lb/>
aber auf Dich gerichtet bin, fliegen &#x017F;o manche Gedan¬<lb/>
ken auf zu Dir von &#x017F;elb&#x017F;t. Ja &#x017F;ie kommen &#x017F;ogar zwi¬<lb/>
&#x017F;chen uns wenn ich mit Dir bin. Du bi&#x017F;t eben gar<lb/>
nicht wie ein Men&#x017F;ch der mich fa&#x017F;&#x017F;en und halten will,<lb/>
Du bi&#x017F;t wie die Luft, der Sonnen&#x017F;trahl fährt nieder<lb/>
durch Dich in meinen Gei&#x017F;t, &#x017F;o hell bi&#x017F;t Du.</p><lb/>
          <p>Die Eule, die Jungfer Salome, der wei&#x017F;e Mei¬<lb/>
&#x017F;ter im Abend&#x017F;chein, eine Vi&#x017F;ion des Phili&#x017F;terthums, in<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Gei&#x017F;t &#x017F;ie ver&#x017F;ammelt waren.</p><lb/>
          <p>In der Bibliothek hab ich heute einen ge&#x017F;chnittnen<lb/>
Stein gefunden, der blecherne lackirte Kerl, der heut<lb/>
aus Homburg herüber kam, der G. r. g., der die Welt<lb/>
durchs Per&#x017F;pektiv beguckt um alles zu durch&#x017F;chauen, (zu¬<lb/>
fällig pa&#x017F;&#x017F;irt nichts vorm Guckloch), erklärt den Stein<lb/>
für antik, &#x017F;on&#x017F;t wollt die Großmama mir ihn &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;chenken für Dich. &#x2014; Daphnis vom Apoll verfolgt, wur¬<lb/>
zelt fe&#x017F;t mit der flüchtigen Sohle und &#x017F;prießt in Lor¬<lb/>
beer auf. Das paßt &#x017F;o &#x017F;chön auf Dich. Dein Schick¬<lb/>
&#x017F;al, du &#x017F;ieh&#x017F;t's vor Augen, Geliebt, verfolgt, umfan¬<lb/>
gen vom Gott der Mu&#x017F;en, und dann, ewig immerdar<lb/>
goldne Keime auf&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;end, und der Dichter reiner Or¬<lb/>
den der Dich umwandelt mit Dir &#x017F;ich zu berühren, das<lb/>
i&#x017F;t kein Phili&#x017F;terthum, &#x017F;olche Ge&#x017F;chicke wie heilige Ge¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">10<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0233] manche Blumen verblühen, das will ich nicht, weil ich aber auf Dich gerichtet bin, fliegen ſo manche Gedan¬ ken auf zu Dir von ſelbſt. Ja ſie kommen ſogar zwi¬ ſchen uns wenn ich mit Dir bin. Du biſt eben gar nicht wie ein Menſch der mich faſſen und halten will, Du biſt wie die Luft, der Sonnenſtrahl fährt nieder durch Dich in meinen Geiſt, ſo hell biſt Du. Die Eule, die Jungfer Salome, der weiſe Mei¬ ſter im Abendſchein, eine Viſion des Philiſterthums, in deſſen Geiſt ſie verſammelt waren. In der Bibliothek hab ich heute einen geſchnittnen Stein gefunden, der blecherne lackirte Kerl, der heut aus Homburg herüber kam, der G. r. g., der die Welt durchs Perſpektiv beguckt um alles zu durchſchauen, (zu¬ fällig paſſirt nichts vorm Guckloch), erklärt den Stein für antik, ſonſt wollt die Großmama mir ihn ſchon ſchenken für Dich. — Daphnis vom Apoll verfolgt, wur¬ zelt feſt mit der flüchtigen Sohle und ſprießt in Lor¬ beer auf. Das paßt ſo ſchön auf Dich. Dein Schick¬ ſal, du ſiehſt's vor Augen, Geliebt, verfolgt, umfan¬ gen vom Gott der Muſen, und dann, ewig immerdar goldne Keime aufſchoſſend, und der Dichter reiner Or¬ den der Dich umwandelt mit Dir ſich zu berühren, das iſt kein Philiſterthum, ſolche Geſchicke wie heilige Ge¬ 10

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/233
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/233>, abgerufen am 24.11.2024.