abspühlt von den Gluthen die ihm der Tagesgott ein¬ gebrannt hat zur Zeit der Ebbe. Der Jud kommt, Adieu. Was hast Du denn, daß Dich so unmuthig macht, laß Dich anhauchen von meinem Brief. Sa¬ vignys sind noch drei Wochen auf dem Trages, geh doch hin. Aber, "Teufel, Donnerwetter" ist das auch geflucht. Darf ich das auch nicht sagen? --
Vom Clemens glaub doch nicht, daß ich ihn be¬ lüg, ich bin anders mit ihm in meinen Briefen, weil ich so sein muß. In Bürgel die kleine Orgel hat elf Register, groß und kleine Choralstimm, Harfenstimm, Trompetenstimm, Posaunen-Ton, schnarrende Engels¬ stimm, was weiß ichs alles -- und vox humana, der Hofmann hat mir gestern eine halbe Stund lang davon erzählt, und daß es Orgeln giebt die dreißig Register ha¬ ben, er sagt meine Kehl wär wie so eine Orgel, ich zög allemal ein ander Register wenn ich sanft oder be¬ geistert sing, oder schmetternd wenn ich tob, oder be¬ wegt wenns zum Seufzen stimmt in meiner Brust, oder gewaltig wenn mirs ist als ob ichs allein alles zwingen müßt. -- Das hat der kleine Kerl alles ge¬ wußt, er hat mir zugehört gestern Abend wie ich einen homerischen Hymnus an die Diana ableierte aus dem Dach weils Vollmond ist. Das deuchte mir so schön
abſpühlt von den Gluthen die ihm der Tagesgott ein¬ gebrannt hat zur Zeit der Ebbe. Der Jud kommt, Adieu. Was haſt Du denn, daß Dich ſo unmuthig macht, laß Dich anhauchen von meinem Brief. Sa¬ vignys ſind noch drei Wochen auf dem Trages, geh doch hin. Aber, „Teufel, Donnerwetter“ iſt das auch geflucht. Darf ich das auch nicht ſagen? —
Vom Clemens glaub doch nicht, daß ich ihn be¬ lüg, ich bin anders mit ihm in meinen Briefen, weil ich ſo ſein muß. In Bürgel die kleine Orgel hat elf Regiſter, groß und kleine Choralſtimm, Harfenſtimm, Trompetenſtimm, Poſaunen-Ton, ſchnarrende Engels¬ ſtimm, was weiß ichs alles — und vox humana, der Hofmann hat mir geſtern eine halbe Stund lang davon erzählt, und daß es Orgeln giebt die dreißig Regiſter ha¬ ben, er ſagt meine Kehl wär wie ſo eine Orgel, ich zög allemal ein ander Regiſter wenn ich ſanft oder be¬ geiſtert ſing, oder ſchmetternd wenn ich tob, oder be¬ wegt wenns zum Seufzen ſtimmt in meiner Bruſt, oder gewaltig wenn mirs iſt als ob ichs allein alles zwingen müßt. — Das hat der kleine Kerl alles ge¬ wußt, er hat mir zugehört geſtern Abend wie ich einen homeriſchen Hymnus an die Diana ableierte aus dem Dach weils Vollmond iſt. Das deuchte mir ſo ſchön
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abſpühlt von den Gluthen die ihm der Tagesgott ein¬
gebrannt hat zur Zeit der Ebbe. Der Jud kommt,
Adieu. Was haſt Du denn, daß Dich ſo unmuthig
macht, laß Dich anhauchen von meinem Brief. Sa¬
vignys ſind noch drei Wochen auf dem Trages, geh
doch hin. Aber, „Teufel, Donnerwetter“ iſt das auch
geflucht. Darf ich das auch nicht ſagen? —
Vom Clemens glaub doch nicht, daß ich ihn be¬
lüg, ich bin anders mit ihm in meinen Briefen, weil
ich ſo ſein muß. In Bürgel die kleine Orgel hat elf
Regiſter, groß und kleine Choralſtimm, Harfenſtimm,
Trompetenſtimm, Poſaunen-Ton, ſchnarrende Engels¬
ſtimm, was weiß ichs alles — und vox humana, der
Hofmann hat mir geſtern eine halbe Stund lang davon
erzählt, und daß es Orgeln giebt die dreißig Regiſter ha¬
ben, er ſagt meine Kehl wär wie ſo eine Orgel, ich
zög allemal ein ander Regiſter wenn ich ſanft oder be¬
geiſtert ſing, oder ſchmetternd wenn ich tob, oder be¬
wegt wenns zum Seufzen ſtimmt in meiner Bruſt,
oder gewaltig wenn mirs iſt als ob ichs allein alles
zwingen müßt. — Das hat der kleine Kerl alles ge¬
wußt, er hat mir zugehört geſtern Abend wie ich einen
homeriſchen Hymnus an die Diana ableierte aus dem
Dach weils Vollmond iſt. Das deuchte mir ſo ſchön
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/222>, abgerufen am 24.11.2024.
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