was mich nichts angeht. -- Aber in der Früh, da hab ich ein ganz lauter Herz; und schäm mich nicht die Natur zu fragen, und ich versteh sie auch, gestern Abend war mir so wohl hier, wie Bernhards Schiff mit der Harmonie hin und her fuhr auf dem Main, die meisten Leut waren nachgefahren auf Nachen, wir blieben am Ufer, ich hatt mich ganz in die Ecke gesetzt, da steht ein großer Zitronenbaum, es war Wetterleuchten, aber die Hitz war doch nicht abgekühlt, und die Blüthen vom Baum wetterleuchteten auch, oder sollt ich mich getäuscht haben? -- denn ich war eingeschlafen über der Musik, und wie ich aufwachte, da sah ich ganz ver¬ wundert wie der Zitronenbaum Flammen hauchte aus den Blüthen. -- Ich kanns doch nicht geträumt haben? -- Denn ich guckte eine ganze Weile zu, bis ein leiser Regen kam, da gingen wir nach Haus. Wer weiß, was doch alles vorgeht in der Natur, was sie uns verbirgt. Der Mensch hat ja auch als Gefühle, die er nimmer wollt belauscht haben. Daß aber der Baum über mir fortleuchtete, wie ich mich besann und ihm zuschaute, das ist mir so lieb, -- ich konnt nicht schlafen im Bett, es war mir zu wohl dort gestern, wo ich den Herzschlag der Natur fühlte und wo sie mit ihren Blumen mich anflammte. Im Dunkel haucht man die Lieb aus, und schämt sich nicht
was mich nichts angeht. — Aber in der Früh, da hab ich ein ganz lauter Herz; und ſchäm mich nicht die Natur zu fragen, und ich verſteh ſie auch, geſtern Abend war mir ſo wohl hier, wie Bernhards Schiff mit der Harmonie hin und her fuhr auf dem Main, die meiſten Leut waren nachgefahren auf Nachen, wir blieben am Ufer, ich hatt mich ganz in die Ecke geſetzt, da ſteht ein großer Zitronenbaum, es war Wetterleuchten, aber die Hitz war doch nicht abgekühlt, und die Blüthen vom Baum wetterleuchteten auch, oder ſollt ich mich getäuſcht haben? — denn ich war eingeſchlafen über der Muſik, und wie ich aufwachte, da ſah ich ganz ver¬ wundert wie der Zitronenbaum Flammen hauchte aus den Blüthen. — Ich kanns doch nicht geträumt haben? — Denn ich guckte eine ganze Weile zu, bis ein leiſer Regen kam, da gingen wir nach Haus. Wer weiß, was doch alles vorgeht in der Natur, was ſie uns verbirgt. Der Menſch hat ja auch als Gefühle, die er nimmer wollt belauſcht haben. Daß aber der Baum über mir fortleuchtete, wie ich mich beſann und ihm zuſchaute, das iſt mir ſo lieb, — ich konnt nicht ſchlafen im Bett, es war mir zu wohl dort geſtern, wo ich den Herzſchlag der Natur fühlte und wo ſie mit ihren Blumen mich anflammte. Im Dunkel haucht man die Lieb aus, und ſchämt ſich nicht
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was mich nichts angeht. — Aber in der Früh, da hab
ich ein ganz lauter Herz; und ſchäm mich nicht die
Natur zu fragen, und ich verſteh ſie auch, geſtern Abend
war mir ſo wohl hier, wie Bernhards Schiff mit der
Harmonie hin und her fuhr auf dem Main, die meiſten
Leut waren nachgefahren auf Nachen, wir blieben am
Ufer, ich hatt mich ganz in die Ecke geſetzt, da ſteht
ein großer Zitronenbaum, es war Wetterleuchten, aber
die Hitz war doch nicht abgekühlt, und die Blüthen
vom Baum wetterleuchteten auch, oder ſollt ich mich
getäuſcht haben? — denn ich war eingeſchlafen über der
Muſik, und wie ich aufwachte, da ſah ich ganz ver¬
wundert wie der Zitronenbaum Flammen hauchte aus
den Blüthen. — Ich kanns doch nicht geträumt haben? —
Denn ich guckte eine ganze Weile zu, bis ein leiſer Regen
kam, da gingen wir nach Haus. Wer weiß, was doch alles
vorgeht in der Natur, was ſie uns verbirgt. Der Menſch
hat ja auch als Gefühle, die er nimmer wollt belauſcht
haben. Daß aber der Baum über mir fortleuchtete, wie
ich mich beſann und ihm zuſchaute, das iſt mir ſo lieb, —
ich konnt nicht ſchlafen im Bett, es war mir zu wohl
dort geſtern, wo ich den Herzſchlag der Natur fühlte
und wo ſie mit ihren Blumen mich anflammte. Im
Dunkel haucht man die Lieb aus, und ſchämt ſich nicht
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/215>, abgerufen am 27.11.2024.
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