Dir heut noch eine Ohrfeig geben drüber, -- aber das war grad mein himmlischstes, daß Du nicht bös gewor¬ den bist, und hast die geschlagne Wange sanft an mich gelehnt, und hast gegirrt wie eine Taube, und sagtest: "ja" wie ich fragte, thuts weh, "aber es thut nichts." -- Hier hab ichs hingeschrieben, denn wenn so viel un¬ nütz Zeug geschrieben steht, so kann auch geschrieben stehen, daß ich Dir eine Ohrfeig gab. -- Aber die große schöne Versöhnungsstille über uns, -- die Dämmerung, die immer breiter ward und größer, und der Nebel¬ vorhang vor dem Weidengang vom Feldberg herab, -- und der Feuersaum längs dem ganzen Horizont, wie werd ichs vergessen? -- erst hingen wir einander im Arm, ganz still, und dann lag ich quer über Deinen Füßen, so dacht ich Du schläfst, weil ich Dich hart ath¬ men hörte, und wollt eben auch einschlafen. -- Da fingst Du an zu reden (da hast Du's in Musik gesetzt):
Liebst du das Dunkel Thauigter Nächte Graut dir der Morgen? Starrst du ins Spätroth Seufzest beim Mahle Stößest den Becher Weg von den Lippen Liebst du nicht Jagdlust Reizet dich Ruhm nicht
Schlach-
Dir heut noch eine Ohrfeig geben drüber, — aber das war grad mein himmliſchſtes, daß Du nicht bös gewor¬ den biſt, und haſt die geſchlagne Wange ſanft an mich gelehnt, und haſt gegirrt wie eine Taube, und ſagteſt: „ja“ wie ich fragte, thuts weh, „aber es thut nichts.“ — Hier hab ichs hingeſchrieben, denn wenn ſo viel un¬ nütz Zeug geſchrieben ſteht, ſo kann auch geſchrieben ſtehen, daß ich Dir eine Ohrfeig gab. — Aber die große ſchöne Verſöhnungsſtille über uns, — die Dämmerung, die immer breiter ward und größer, und der Nebel¬ vorhang vor dem Weidengang vom Feldberg herab, — und der Feuerſaum längs dem ganzen Horizont, wie werd ichs vergeſſen? — erſt hingen wir einander im Arm, ganz ſtill, und dann lag ich quer über Deinen Füßen, ſo dacht ich Du ſchläfſt, weil ich Dich hart ath¬ men hörte, und wollt eben auch einſchlafen. — Da fingſt Du an zu reden (da haſt Du's in Muſik geſetzt):
Liebſt du das Dunkel Thauigter Nächte Graut dir der Morgen? Starrſt du ins Spätroth Seufzeſt beim Mahle Stößeſt den Becher Weg von den Lippen Liebſt du nicht Jagdluſt Reizet dich Ruhm nicht
Schlach-
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Dir heut noch eine Ohrfeig geben drüber, — aber das
war grad mein himmliſchſtes, daß Du nicht bös gewor¬
den biſt, und haſt die geſchlagne Wange ſanft an mich
gelehnt, und haſt gegirrt wie eine Taube, und ſagteſt:
„ja“ wie ich fragte, thuts weh, „aber es thut nichts.“
— Hier hab ichs hingeſchrieben, denn wenn ſo viel un¬
nütz Zeug geſchrieben ſteht, ſo kann auch geſchrieben
ſtehen, daß ich Dir eine Ohrfeig gab. — Aber die große
ſchöne Verſöhnungsſtille über uns, — die Dämmerung,
die immer breiter ward und größer, und der Nebel¬
vorhang vor dem Weidengang vom Feldberg herab,
— und der Feuerſaum längs dem ganzen Horizont,
wie werd ichs vergeſſen? — erſt hingen wir einander
im Arm, ganz ſtill, und dann lag ich quer über Deinen
Füßen, ſo dacht ich Du ſchläfſt, weil ich Dich hart ath¬
men hörte, und wollt eben auch einſchlafen. — Da fingſt
Du an zu reden (da haſt Du's in Muſik geſetzt):
Liebſt du das Dunkel
Thauigter Nächte
Graut dir der Morgen?
Starrſt du ins Spätroth
Seufzeſt beim Mahle
Stößeſt den Becher
Weg von den Lippen
Liebſt du nicht Jagdluſt
Reizet dich Ruhm nicht
Schlach-
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/208>, abgerufen am 24.11.2024.
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