gegen ihren Wahrnehmungsgeist, der Dirs dann doch wieder über dem Kopf wegnimmt, denn mitten in Dei¬ ner Desolationslitanei sprühst Du Feuer, wo kommt es her? -- haben Dich die Erdgeister angehaucht? -- fällt Dirs vom Himmel? -- schlürfst Du's mit der Luft in Dich? -- ich weiß es nicht, soll ich Dich mahnen, soll ich Dich stillschweigend gewähren lassen? -- und ver¬ trauen auf den, der Dirs ins Gesicht geschrieben hat? ich weiß es wieder nicht. -- Ich möchte wohl, aber dann wird mir zuweilen so bange, wenn ich, wie in Deinem letzten Brief, das Vermögen in Dir gewahr werde, wie das lässig in sich verschränkt keinen Mucks thut, als ob der Schlaf es in Banden halte, und wenn's sich regt, dann ists wie im Traum, nur Du selber schläfst um so fester, nach solchen Explosionen! -- Ob ich recht thue, Dir so was zu sagen? -- das quält mich auch, man soll den nicht wecken, der während dem Gewitter schläft! -- Du kommst mir nun immer vor, als entlüden sich elek¬ trische Wolken über Deinem verschlafenen Haupt in die träge Luft, der Blitz fährt Dir in die gesunkne Wimper, erhellt Deinen eignen Traum, durchkreuzt ihn mit Be¬ geisterung, die Du laut aussprichst, ohne zu wissen was Du sagst, und schläfst weiter. -- Ja so ists. Denn Deine Neugierde müßte aufs Höchste gespannt sein auf alles,
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gegen ihren Wahrnehmungsgeiſt, der Dirs dann doch wieder über dem Kopf wegnimmt, denn mitten in Dei¬ ner Deſolationslitanei ſprühſt Du Feuer, wo kommt es her? — haben Dich die Erdgeiſter angehaucht? — fällt Dirs vom Himmel? — ſchlürfſt Du's mit der Luft in Dich? — ich weiß es nicht, ſoll ich Dich mahnen, ſoll ich Dich ſtillſchweigend gewähren laſſen? — und ver¬ trauen auf den, der Dirs ins Geſicht geſchrieben hat? ich weiß es wieder nicht. — Ich möchte wohl, aber dann wird mir zuweilen ſo bange, wenn ich, wie in Deinem letzten Brief, das Vermögen in Dir gewahr werde, wie das läſſig in ſich verſchränkt keinen Mucks thut, als ob der Schlaf es in Banden halte, und wenn's ſich regt, dann iſts wie im Traum, nur Du ſelber ſchläfſt um ſo feſter, nach ſolchen Exploſionen! — Ob ich recht thue, Dir ſo was zu ſagen? — das quält mich auch, man ſoll den nicht wecken, der während dem Gewitter ſchläft! — Du kommſt mir nun immer vor, als entlüden ſich elek¬ triſche Wolken über Deinem verſchlafenen Haupt in die träge Luft, der Blitz fährt Dir in die geſunkne Wimper, erhellt Deinen eignen Traum, durchkreuzt ihn mit Be¬ geiſterung, die Du laut ausſprichſt, ohne zu wiſſen was Du ſagſt, und ſchläfſt weiter. — Ja ſo iſts. Denn Deine Neugierde müßte aufs Höchſte geſpannt ſein auf alles,
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gegen ihren Wahrnehmungsgeiſt, der Dirs dann doch
wieder über dem Kopf wegnimmt, denn mitten in Dei¬
ner Deſolationslitanei ſprühſt Du Feuer, wo kommt es
her? — haben Dich die Erdgeiſter angehaucht? — fällt
Dirs vom Himmel? — ſchlürfſt Du's mit der Luft in
Dich? — ich weiß es nicht, ſoll ich Dich mahnen, ſoll
ich Dich ſtillſchweigend gewähren laſſen? — und ver¬
trauen auf den, der Dirs ins Geſicht geſchrieben hat?
ich weiß es wieder nicht. — Ich möchte wohl, aber dann
wird mir zuweilen ſo bange, wenn ich, wie in Deinem
letzten Brief, das Vermögen in Dir gewahr werde, wie
das läſſig in ſich verſchränkt keinen Mucks thut, als ob
der Schlaf es in Banden halte, und wenn's ſich regt,
dann iſts wie im Traum, nur Du ſelber ſchläfſt um ſo
feſter, nach ſolchen Exploſionen! — Ob ich recht thue,
Dir ſo was zu ſagen? — das quält mich auch, man
ſoll den nicht wecken, der während dem Gewitter ſchläft! —
Du kommſt mir nun immer vor, als entlüden ſich elek¬
triſche Wolken über Deinem verſchlafenen Haupt in die
träge Luft, der Blitz fährt Dir in die geſunkne Wimper,
erhellt Deinen eignen Traum, durchkreuzt ihn mit Be¬
geiſterung, die Du laut ausſprichſt, ohne zu wiſſen was
Du ſagſt, und ſchläfſt weiter. — Ja ſo iſts. Denn Deine
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/193>, abgerufen am 24.11.2024.
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