am Sonntag von Frankfurt bis Hanau im Wa¬ gen zusammen geredet haben; -- wer von uns bei¬ den zuerst sterben wird. Jetzt bin ich schon acht Tag hier, unser Gespräch klingt noch immer nach in mir. "Es giebt ja noch Raum außer dieser klei¬ nen Tags- und Weltgeschichte, in dem die Seel ih¬ ren Durst, selbst etwas zu sein, löschen dürfe," sag¬ test Du. -- Da hab ich aber gefühlt, und fühls eben wieder und immer: wenn Du nicht wärst, was wär mir die ganze Welt? -- kein Urtheil, kein Mensch ver¬ mag über mich, aber Du! -- auch bin ich gestorben schon jetzt, wenn Du mich nicht auferstehen heißest und willst mit mir leben immerfort; ich fühls recht, mein Leben ist blos aufgewacht, weil Du mir riefst, und wird sterben müssen, wenn es nicht in Dir kann fort¬ gedeihen. -- Frei sein willst Du, hast Du gesagt? -- ich will nicht frei sein, ich will Wurzel fassen in Dir -- eine Waldrose, die im eignen Duft sich erquicke, will die der Sonne sich schon öffnen und der Boden löst sich von ihrer Wurzel, dann ists aus. -- Ja mein Le¬ ben ist unsicher; ohne Deine Liebe, in die es einge¬ pflanzt ist, wirds gewiß nicht aufblühen und mir ists eben so durch den Kopf gefahren, als ob Du mich ver¬ gessen könntest, es ist aber vielleicht nur weils Wetter
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am Sonntag von Frankfurt bis Hanau im Wa¬ gen zuſammen geredet haben; — wer von uns bei¬ den zuerſt ſterben wird. Jetzt bin ich ſchon acht Tag hier, unſer Geſpräch klingt noch immer nach in mir. „Es giebt ja noch Raum außer dieſer klei¬ nen Tags- und Weltgeſchichte, in dem die Seel ih¬ ren Durſt, ſelbſt etwas zu ſein, löſchen dürfe,“ ſag¬ teſt Du. — Da hab ich aber gefühlt, und fühls eben wieder und immer: wenn Du nicht wärſt, was wär mir die ganze Welt? — kein Urtheil, kein Menſch ver¬ mag über mich, aber Du! — auch bin ich geſtorben ſchon jetzt, wenn Du mich nicht auferſtehen heißeſt und willſt mit mir leben immerfort; ich fühls recht, mein Leben iſt blos aufgewacht, weil Du mir riefſt, und wird ſterben müſſen, wenn es nicht in Dir kann fort¬ gedeihen. — Frei ſein willſt Du, haſt Du geſagt? — ich will nicht frei ſein, ich will Wurzel faſſen in Dir — eine Waldroſe, die im eignen Duft ſich erquicke, will die der Sonne ſich ſchon öffnen und der Boden löſt ſich von ihrer Wurzel, dann iſts aus. — Ja mein Le¬ ben iſt unſicher; ohne Deine Liebe, in die es einge¬ pflanzt iſt, wirds gewiß nicht aufblühen und mir iſts eben ſo durch den Kopf gefahren, als ob Du mich ver¬ geſſen könnteſt, es iſt aber vielleicht nur weils Wetter
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am Sonntag von Frankfurt bis Hanau im Wa¬
gen zuſammen geredet haben; — wer von uns bei¬
den zuerſt ſterben wird. Jetzt bin ich ſchon acht
Tag hier, unſer Geſpräch klingt noch immer nach
in mir. „Es giebt ja noch Raum außer dieſer klei¬
nen Tags- und Weltgeſchichte, in dem die Seel ih¬
ren Durſt, ſelbſt etwas zu ſein, löſchen dürfe,“ ſag¬
teſt Du. — Da hab ich aber gefühlt, und fühls eben
wieder und immer: wenn Du nicht wärſt, was wär
mir die ganze Welt? — kein Urtheil, kein Menſch ver¬
mag über mich, aber Du! — auch bin ich geſtorben
ſchon jetzt, wenn Du mich nicht auferſtehen heißeſt und
willſt mit mir leben immerfort; ich fühls recht, mein
Leben iſt blos aufgewacht, weil Du mir riefſt, und
wird ſterben müſſen, wenn es nicht in Dir kann fort¬
gedeihen. — Frei ſein willſt Du, haſt Du geſagt? —
ich will nicht frei ſein, ich will Wurzel faſſen in Dir —
eine Waldroſe, die im eignen Duft ſich erquicke, will
die der Sonne ſich ſchon öffnen und der Boden löſt
ſich von ihrer Wurzel, dann iſts aus. — Ja mein Le¬
ben iſt unſicher; ohne Deine Liebe, in die es einge¬
pflanzt iſt, wirds gewiß nicht aufblühen und mir iſts
eben ſo durch den Kopf gefahren, als ob Du mich ver¬
geſſen könnteſt, es iſt aber vielleicht nur weils Wetter
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/19>, abgerufen am 29.11.2024.
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