alles -- wie am Feiertag, und der reinliche Kies mir unter den Füßen klirrt schüchtern, -- Alles voll Schauer und Harren, daß Er komme, Der, auf den auch Ich harre, oder war er schon hier? -- und hat es früher so geordnet für mich, daß ich merke, Er sei's gewesen, dem die sonnebelasteten Äste sich gebeugt, und die Welle nachmurmelt zu meinen Füßen. Ich wollts be¬ singen, abers Lüftchen, das nach ihm sucht im Gebüsch, kehrt wieder und hat ihn nicht gefunden und schweigt, und regt sich nicht mehr, so muß ich auch stumm sein.
An die Bettine.
Dein Brief macht mir Freude, es ist ein gesundes, munteres Leben darin, das ich immer lieb in Dir ge¬ habt habe. Du führst eine Sprache, die man Styl nen¬ nen könnte, wenn sie nicht gegen allen herkömmlichen Takt war. Poesie ist immer echter Styl, da sie nur in harmonischen Wellen dem Geist entströmt, was dessen unwürdig ist, dürfte gar nicht gedacht werden, oder viel¬ mehr darf alles Ereigniß den Geist nur poetisch berüh¬ ren, sonst leidet er Abbruch, wie ich das heute Morgen
alles — wie am Feiertag, und der reinliche Kies mir unter den Füßen klirrt ſchüchtern, — Alles voll Schauer und Harren, daß Er komme, Der, auf den auch Ich harre, oder war er ſchon hier? — und hat es früher ſo geordnet für mich, daß ich merke, Er ſei's geweſen, dem die ſonnebelaſteten Äſte ſich gebeugt, und die Welle nachmurmelt zu meinen Füßen. Ich wollts be¬ ſingen, abers Lüftchen, das nach ihm ſucht im Gebüſch, kehrt wieder und hat ihn nicht gefunden und ſchweigt, und regt ſich nicht mehr, ſo muß ich auch ſtumm ſein.
An die Bettine.
Dein Brief macht mir Freude, es iſt ein geſundes, munteres Leben darin, das ich immer lieb in Dir ge¬ habt habe. Du führſt eine Sprache, die man Styl nen¬ nen könnte, wenn ſie nicht gegen allen herkömmlichen Takt war. Poeſie iſt immer echter Styl, da ſie nur in harmoniſchen Wellen dem Geiſt entſtrömt, was deſſen unwürdig iſt, dürfte gar nicht gedacht werden, oder viel¬ mehr darf alles Ereigniß den Geiſt nur poetiſch berüh¬ ren, ſonſt leidet er Abbruch, wie ich das heute Morgen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0179"n="163"/>
alles — wie am Feiertag, und der reinliche Kies mir<lb/>
unter den Füßen klirrt ſchüchtern, — Alles voll Schauer<lb/>
und Harren, daß Er komme, <hirendition="#g">Der</hi>, auf den auch Ich<lb/>
harre, oder war er ſchon hier? — und hat es früher<lb/>ſo geordnet für mich, daß ich merke, Er ſei's geweſen,<lb/>
dem die ſonnebelaſteten Äſte ſich gebeugt, und die<lb/>
Welle nachmurmelt zu meinen Füßen. Ich wollts be¬<lb/>ſingen, abers Lüftchen, das nach ihm ſucht im Gebüſch,<lb/>
kehrt wieder und hat ihn nicht gefunden und ſchweigt,<lb/>
und regt ſich nicht mehr, ſo muß ich auch ſtumm ſein.</p><lb/></div><divn="2"><head>An die Bettine.<lb/></head><p>Dein Brief macht mir Freude, es iſt ein geſundes,<lb/>
munteres Leben darin, das ich immer lieb in Dir ge¬<lb/>
habt habe. Du führſt eine Sprache, die man Styl nen¬<lb/>
nen könnte, wenn ſie nicht gegen allen herkömmlichen<lb/>
Takt war. Poeſie iſt immer echter Styl, da ſie nur in<lb/>
harmoniſchen Wellen dem Geiſt entſtrömt, was deſſen<lb/>
unwürdig iſt, dürfte gar nicht gedacht werden, oder viel¬<lb/>
mehr darf alles Ereigniß den Geiſt nur poetiſch berüh¬<lb/>
ren, ſonſt leidet er Abbruch, wie ich das heute Morgen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[163/0179]
alles — wie am Feiertag, und der reinliche Kies mir
unter den Füßen klirrt ſchüchtern, — Alles voll Schauer
und Harren, daß Er komme, Der, auf den auch Ich
harre, oder war er ſchon hier? — und hat es früher
ſo geordnet für mich, daß ich merke, Er ſei's geweſen,
dem die ſonnebelaſteten Äſte ſich gebeugt, und die
Welle nachmurmelt zu meinen Füßen. Ich wollts be¬
ſingen, abers Lüftchen, das nach ihm ſucht im Gebüſch,
kehrt wieder und hat ihn nicht gefunden und ſchweigt,
und regt ſich nicht mehr, ſo muß ich auch ſtumm ſein.
An die Bettine.
Dein Brief macht mir Freude, es iſt ein geſundes,
munteres Leben darin, das ich immer lieb in Dir ge¬
habt habe. Du führſt eine Sprache, die man Styl nen¬
nen könnte, wenn ſie nicht gegen allen herkömmlichen
Takt war. Poeſie iſt immer echter Styl, da ſie nur in
harmoniſchen Wellen dem Geiſt entſtrömt, was deſſen
unwürdig iſt, dürfte gar nicht gedacht werden, oder viel¬
mehr darf alles Ereigniß den Geiſt nur poetiſch berüh¬
ren, ſonſt leidet er Abbruch, wie ich das heute Morgen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/179>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.