Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
An die Günderode.

Der Plaudergeist in meiner Brust hat immer fort
geschwäzt mit Dir, durch den ganzen holperigen Wald
bis auf den Trages, wo Alles schon schlief, sie wachten
auf und sagten, es wäre schon 1 Uhr vorbei, auf dem
Land blasen sie Abends die Zeit aus, wie eine Kerz,
die man sparen will. Wie ich erzählte, daß Du mit¬
gefahren warst bis Hanau, da hätten sie Dich All gern
hier haben wollen, ein Jeder für sich allein, da wär
ich doch um Dich gekommen. Durch Dich feuert der
Geist wie die Sonn durchs frische Laub feuert, und mir
gehts wie dem Keim, der in der Sonn brütet, wenn
ich an Dich denken will, es wärmt mich und ich werd
freudig und stolz und streck meine Blätter aus, und oft
bin ich unruhig und kann nicht auf einem Platz blei¬
ben, ich muß fort ins Feld, in den Wald; -- in freier
Luft kann ich alles denken, was im Zimmer unmöglich
war, da schwärmen die Gedanken über die Berg und
ich seh ihnen nach.

1
An die Günderode.

Der Plaudergeiſt in meiner Bruſt hat immer fort
geſchwäzt mit Dir, durch den ganzen holperigen Wald
bis auf den Trages, wo Alles ſchon ſchlief, ſie wachten
auf und ſagten, es wäre ſchon 1 Uhr vorbei, auf dem
Land blaſen ſie Abends die Zeit aus, wie eine Kerz,
die man ſparen will. Wie ich erzählte, daß Du mit¬
gefahren warſt bis Hanau, da hätten ſie Dich All gern
hier haben wollen, ein Jeder für ſich allein, da wär
ich doch um Dich gekommen. Durch Dich feuert der
Geiſt wie die Sonn durchs friſche Laub feuert, und mir
gehts wie dem Keim, der in der Sonn brütet, wenn
ich an Dich denken will, es wärmt mich und ich werd
freudig und ſtolz und ſtreck meine Blätter aus, und oft
bin ich unruhig und kann nicht auf einem Platz blei¬
ben, ich muß fort ins Feld, in den Wald; — in freier
Luft kann ich alles denken, was im Zimmer unmöglich
war, da ſchwärmen die Gedanken über die Berg und
ich ſeh ihnen nach.

1
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0017" n="[1]"/>
        <div n="2">
          <head>An die Günderode.<lb/></head>
          <p>Der Plaudergei&#x017F;t in meiner Bru&#x017F;t hat immer fort<lb/>
ge&#x017F;chwäzt mit Dir, durch den ganzen holperigen Wald<lb/>
bis auf den Trages, wo Alles &#x017F;chon &#x017F;chlief, &#x017F;ie wachten<lb/>
auf und &#x017F;agten, es wäre &#x017F;chon 1 Uhr vorbei, auf dem<lb/>
Land bla&#x017F;en &#x017F;ie Abends die Zeit aus, wie eine Kerz,<lb/>
die man &#x017F;paren will. Wie ich erzählte, daß Du mit¬<lb/>
gefahren war&#x017F;t bis Hanau, da hätten &#x017F;ie Dich All gern<lb/>
hier haben wollen, ein Jeder für &#x017F;ich allein, da wär<lb/>
ich doch um Dich gekommen. Durch Dich feuert der<lb/>
Gei&#x017F;t wie die Sonn durchs fri&#x017F;che Laub feuert, und mir<lb/>
gehts wie dem Keim, der in der Sonn brütet, wenn<lb/>
ich an Dich denken will, es wärmt mich und ich werd<lb/>
freudig und &#x017F;tolz und &#x017F;treck meine Blätter aus, und oft<lb/>
bin ich unruhig und kann nicht auf einem Platz blei¬<lb/>
ben, ich muß fort ins Feld, in den Wald; &#x2014; in freier<lb/>
Luft kann ich alles denken, was im Zimmer unmöglich<lb/>
war, da &#x017F;chwärmen die Gedanken über die Berg und<lb/>
ich &#x017F;eh ihnen nach.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">1<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1]/0017] An die Günderode. Der Plaudergeiſt in meiner Bruſt hat immer fort geſchwäzt mit Dir, durch den ganzen holperigen Wald bis auf den Trages, wo Alles ſchon ſchlief, ſie wachten auf und ſagten, es wäre ſchon 1 Uhr vorbei, auf dem Land blaſen ſie Abends die Zeit aus, wie eine Kerz, die man ſparen will. Wie ich erzählte, daß Du mit¬ gefahren warſt bis Hanau, da hätten ſie Dich All gern hier haben wollen, ein Jeder für ſich allein, da wär ich doch um Dich gekommen. Durch Dich feuert der Geiſt wie die Sonn durchs friſche Laub feuert, und mir gehts wie dem Keim, der in der Sonn brütet, wenn ich an Dich denken will, es wärmt mich und ich werd freudig und ſtolz und ſtreck meine Blätter aus, und oft bin ich unruhig und kann nicht auf einem Platz blei¬ ben, ich muß fort ins Feld, in den Wald; — in freier Luft kann ich alles denken, was im Zimmer unmöglich war, da ſchwärmen die Gedanken über die Berg und ich ſeh ihnen nach. 1

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/17
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/17>, abgerufen am 22.12.2024.