-- Aber ich hab Dir ja noch nicht erzählt, was heut noch vorgefallen ist. Um zwölf Uhr sind wir hinunter, blos ich und die Tonie zur Kurprinzessin, um Abschied von ihr zu nehmen, die Tonie hatte ihr auf den Tisch im Vorsaal all die schönen Früchte aufgestellt und die Blumen dazwischen, sie nahm sehr freundlich von allen und sagte so viel herzlich gutes zur Tonie, daß ich zum erstenmal empfand, als wenn es wahr wär, was ich bei andern nie glaub, wenn sie höflich sind. Du frägst: wenn Du nun auch eifersüchtig sein wolltest auf die Kurprinzeß. Ei warum bist du's nicht? -- Das ist eben, was mir leid ist, wenn ich Dir heut sagte, sie wollt mich mitnehmen und ganz bei sich behalten, da würdest Du am End ganz kalt schreiben: Liebe Bettine, es thut mir zwar leid, daß unser Umgang hierdurch unterbrochen wird, aber ich rathe Dir sehr, laß Dich dadurch nicht abhalten. -- Und ich würde das aber nicht thun, selbst wenn ich mir denk, daß Du mir so kalt antworten könntest und könntest es leicht verschmer¬ zen, obschon mir die Kurprinzeß am liebsten ist von al¬ len, die ich gesehen hab, denn außer der Großmama und Dir hab ich nie Frauen gesehen, die mir edel vor¬ kamen, denn ich häng innerlich mit Dir zusammen, das weiß ich, und der Dämon hält mich auch fest bei Dir;
— Aber ich hab Dir ja noch nicht erzählt, was heut noch vorgefallen iſt. Um zwölf Uhr ſind wir hinunter, blos ich und die Tonie zur Kurprinzeſſin, um Abſchied von ihr zu nehmen, die Tonie hatte ihr auf den Tiſch im Vorſaal all die ſchönen Früchte aufgeſtellt und die Blumen dazwiſchen, ſie nahm ſehr freundlich von allen und ſagte ſo viel herzlich gutes zur Tonie, daß ich zum erſtenmal empfand, als wenn es wahr wär, was ich bei andern nie glaub, wenn ſie höflich ſind. Du frägſt: wenn Du nun auch eiferſüchtig ſein wollteſt auf die Kurprinzeß. Ei warum biſt du's nicht? — Das iſt eben, was mir leid iſt, wenn ich Dir heut ſagte, ſie wollt mich mitnehmen und ganz bei ſich behalten, da würdeſt Du am End ganz kalt ſchreiben: Liebe Bettine, es thut mir zwar leid, daß unſer Umgang hierdurch unterbrochen wird, aber ich rathe Dir ſehr, laß Dich dadurch nicht abhalten. — Und ich würde das aber nicht thun, ſelbſt wenn ich mir denk, daß Du mir ſo kalt antworten könnteſt und könnteſt es leicht verſchmer¬ zen, obſchon mir die Kurprinzeß am liebſten iſt von al¬ len, die ich geſehen hab, denn außer der Großmama und Dir hab ich nie Frauen geſehen, die mir edel vor¬ kamen, denn ich häng innerlich mit Dir zuſammen, das weiß ich, und der Dämon hält mich auch feſt bei Dir;
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— Aber ich hab Dir ja noch nicht erzählt, was heut
noch vorgefallen iſt. Um zwölf Uhr ſind wir hinunter,
blos ich und die Tonie zur Kurprinzeſſin, um Abſchied
von ihr zu nehmen, die Tonie hatte ihr auf den Tiſch
im Vorſaal all die ſchönen Früchte aufgeſtellt und die
Blumen dazwiſchen, ſie nahm ſehr freundlich von allen
und ſagte ſo viel herzlich gutes zur Tonie, daß ich
zum erſtenmal empfand, als wenn es wahr wär, was
ich bei andern nie glaub, wenn ſie höflich ſind. Du
frägſt: wenn Du nun auch eiferſüchtig ſein wollteſt auf
die Kurprinzeß. Ei warum biſt du's nicht? — Das iſt
eben, was mir leid iſt, wenn ich Dir heut ſagte, ſie
wollt mich mitnehmen und ganz bei ſich behalten, da
würdeſt Du am End ganz kalt ſchreiben: Liebe Bettine,
es thut mir zwar leid, daß unſer Umgang hierdurch
unterbrochen wird, aber ich rathe Dir ſehr, laß Dich
dadurch nicht abhalten. — Und ich würde das aber
nicht thun, ſelbſt wenn ich mir denk, daß Du mir ſo
kalt antworten könnteſt und könnteſt es leicht verſchmer¬
zen, obſchon mir die Kurprinzeß am liebſten iſt von al¬
len, die ich geſehen hab, denn außer der Großmama
und Dir hab ich nie Frauen geſehen, die mir edel vor¬
kamen, denn ich häng innerlich mit Dir zuſammen, das
weiß ich, und der Dämon hält mich auch feſt bei Dir;
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/135>, abgerufen am 30.11.2024.
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