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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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blieben war, denn alles war in den Bädern und meine
Stimme schallte laut am Gewölb; und da hört ich sie
rufen: La voila! -- und: wieder eine Tollheit, so er¬
hitzt ins Wasser zu springen. -- Wollt ich nicht von
allen Seiten schreien hören, so mußt ich wieder singen:
"Laß o Jupiter mit leichten Füßen mich hingleiten dem
schnellfüßigen Tage zuvor, der mich sieggekrönt am
Abend begrüße mit der Unsterblichkeit süß hallendem
Ruf." -- Da kam die Lisett als Gesandtschaft von
den andern, was war die verwundert, als sie die Klei¬
der unter Wasser sah, und die Schuh auf der untersten
Treppe, zwei volle Becher. -- Ich sah ihr die Be¬
stürzung an, sie glaubte ich sei toll geworden, sie reichte
mir verstummt ein Zettelchen, darauf stand: "Wohlan
Füllenbändiger, opfere einen feisten Stier der Rossebe¬
zähmerin Pallas Athene und ihren goldgewürkten Zü¬
gel wirf schnell um den jungfräulichen Hals." -- Ich
frag wer ihr den Zettel gab, sie sagt der Badpeter,
ich frag den Badpeter, der sagt sein Sohn Lipps, ich
frag den Lipps, der sagt am Röhrbrünnchen ein Herr
in Schlappschuhen, eine Zigarre im Mund. -- Was
hatte er an, wie sah er aus? -- Weißer Mantel,
graue Sammetmütze. -- Ich hielt fürs beste zu schwei¬
gen und niemand was vom Zettel zu sagen, den Zettel

blieben war, denn alles war in den Bädern und meine
Stimme ſchallte laut am Gewölb; und da hört ich ſie
rufen: La voila! — und: wieder eine Tollheit, ſo er¬
hitzt ins Waſſer zu ſpringen. — Wollt ich nicht von
allen Seiten ſchreien hören, ſo mußt ich wieder ſingen:
„Laß o Jupiter mit leichten Füßen mich hingleiten dem
ſchnellfüßigen Tage zuvor, der mich ſieggekrönt am
Abend begrüße mit der Unſterblichkeit ſüß hallendem
Ruf.“ — Da kam die Liſett als Geſandtſchaft von
den andern, was war die verwundert, als ſie die Klei¬
der unter Waſſer ſah, und die Schuh auf der unterſten
Treppe, zwei volle Becher. — Ich ſah ihr die Be¬
ſtürzung an, ſie glaubte ich ſei toll geworden, ſie reichte
mir verſtummt ein Zettelchen, darauf ſtand: „Wohlan
Füllenbändiger, opfere einen feiſten Stier der Roſſebe¬
zähmerin Pallas Athene und ihren goldgewürkten Zü¬
gel wirf ſchnell um den jungfräulichen Hals.“ — Ich
frag wer ihr den Zettel gab, ſie ſagt der Badpeter,
ich frag den Badpeter, der ſagt ſein Sohn Lipps, ich
frag den Lipps, der ſagt am Röhrbrünnchen ein Herr
in Schlappſchuhen, eine Zigarre im Mund. — Was
hatte er an, wie ſah er aus? — Weißer Mantel,
graue Sammetmütze. — Ich hielt fürs beſte zu ſchwei¬
gen und niemand was vom Zettel zu ſagen, den Zettel

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[116/0132] blieben war, denn alles war in den Bädern und meine Stimme ſchallte laut am Gewölb; und da hört ich ſie rufen: La voila! — und: wieder eine Tollheit, ſo er¬ hitzt ins Waſſer zu ſpringen. — Wollt ich nicht von allen Seiten ſchreien hören, ſo mußt ich wieder ſingen: „Laß o Jupiter mit leichten Füßen mich hingleiten dem ſchnellfüßigen Tage zuvor, der mich ſieggekrönt am Abend begrüße mit der Unſterblichkeit ſüß hallendem Ruf.“ — Da kam die Liſett als Geſandtſchaft von den andern, was war die verwundert, als ſie die Klei¬ der unter Waſſer ſah, und die Schuh auf der unterſten Treppe, zwei volle Becher. — Ich ſah ihr die Be¬ ſtürzung an, ſie glaubte ich ſei toll geworden, ſie reichte mir verſtummt ein Zettelchen, darauf ſtand: „Wohlan Füllenbändiger, opfere einen feiſten Stier der Roſſebe¬ zähmerin Pallas Athene und ihren goldgewürkten Zü¬ gel wirf ſchnell um den jungfräulichen Hals.“ — Ich frag wer ihr den Zettel gab, ſie ſagt der Badpeter, ich frag den Badpeter, der ſagt ſein Sohn Lipps, ich frag den Lipps, der ſagt am Röhrbrünnchen ein Herr in Schlappſchuhen, eine Zigarre im Mund. — Was hatte er an, wie ſah er aus? — Weißer Mantel, graue Sammetmütze. — Ich hielt fürs beſte zu ſchwei¬ gen und niemand was vom Zettel zu ſagen, den Zettel

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/132>, abgerufen am 12.12.2024.