Hekate. Zähle nicht die Stunden, bei dir ist keine Zeit. Siehe zur Erde! -- die Schlange, die ängstlich sich windet, -- fester beißt sie sich ein, vergeblich möcht in ihrem engen Kreis sie dich gefangen halten, vergeblich ist ihr Widerstand; -- des Unglaubens Herrschaft, der Barbarei und der Nacht sinkt dahin.
(Sie verschwindet.)
Immortalita. O Zukunft wirst du ihr gleichen? -- jener seligen fernen Vergangenheit, wo ich mit Göttern in ewiger Klarheit wohnte. Ich lächelte sie Alle an, und ihre Stirnen verklärten mein Lächeln wie kein Nektar sie verklären konnte, und Hebe dankte ihre Jugend mir, und immer blühender Aphrodite ihre Reize. Aber durch der Zeiten Finsterniß getrennt von mir, noch ehe mein Hauch ihnen Dauer verliehen, stürz¬ ten von ihren Thronen die seligen Götter, und gingen zurück in die Lebenselemente; Jupiter in des Urhimmels Kräfte, Eros in die Herzen der Menschen, Minerva in die Sinne der Weisen, die Musen in der Dichter Ge¬ sänge; und ich Unseligste von Allen wand nicht des unverwelklichen Lorbeers um die Stirne dem Helden, dem Dichter. Verbannt in dies Reich der Nacht, der Schatten Land, dies düstere Jenseit. muß ich der Zu¬ kunft nun entgegen leben.
Hekate. Zähle nicht die Stunden, bei dir iſt keine Zeit. Siehe zur Erde! — die Schlange, die ängſtlich ſich windet, — feſter beißt ſie ſich ein, vergeblich möcht in ihrem engen Kreis ſie dich gefangen halten, vergeblich iſt ihr Widerſtand; — des Unglaubens Herrſchaft, der Barbarei und der Nacht ſinkt dahin.
(Sie verſchwindet.)
Immortalita. O Zukunft wirſt du ihr gleichen? — jener ſeligen fernen Vergangenheit, wo ich mit Göttern in ewiger Klarheit wohnte. Ich lächelte ſie Alle an, und ihre Stirnen verklärten mein Lächeln wie kein Nektar ſie verklären konnte, und Hebe dankte ihre Jugend mir, und immer blühender Aphrodite ihre Reize. Aber durch der Zeiten Finſterniß getrennt von mir, noch ehe mein Hauch ihnen Dauer verliehen, ſtürz¬ ten von ihren Thronen die ſeligen Götter, und gingen zurück in die Lebenselemente; Jupiter in des Urhimmels Kräfte, Eros in die Herzen der Menſchen, Minerva in die Sinne der Weiſen, die Muſen in der Dichter Ge¬ ſänge; und ich Unſeligſte von Allen wand nicht des unverwelklichen Lorbeers um die Stirne dem Helden, dem Dichter. Verbannt in dies Reich der Nacht, der Schatten Land, dies düſtere Jenſeit. muß ich der Zu¬ kunft nun entgegen leben.
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Hekate. Zähle nicht die Stunden, bei dir iſt keine
Zeit. Siehe zur Erde! — die Schlange, die ängſtlich ſich
windet, — feſter beißt ſie ſich ein, vergeblich möcht in
ihrem engen Kreis ſie dich gefangen halten, vergeblich
iſt ihr Widerſtand; — des Unglaubens Herrſchaft, der
Barbarei und der Nacht ſinkt dahin.
(Sie verſchwindet.)
Immortalita. O Zukunft wirſt du ihr gleichen?
— jener ſeligen fernen Vergangenheit, wo ich mit
Göttern in ewiger Klarheit wohnte. Ich lächelte ſie
Alle an, und ihre Stirnen verklärten mein Lächeln wie
kein Nektar ſie verklären konnte, und Hebe dankte
ihre Jugend mir, und immer blühender Aphrodite ihre
Reize. Aber durch der Zeiten Finſterniß getrennt von
mir, noch ehe mein Hauch ihnen Dauer verliehen, ſtürz¬
ten von ihren Thronen die ſeligen Götter, und gingen
zurück in die Lebenselemente; Jupiter in des Urhimmels
Kräfte, Eros in die Herzen der Menſchen, Minerva in
die Sinne der Weiſen, die Muſen in der Dichter Ge¬
ſänge; und ich Unſeligſte von Allen wand nicht des
unverwelklichen Lorbeers um die Stirne dem Helden,
dem Dichter. Verbannt in dies Reich der Nacht, der
Schatten Land, dies düſtere Jenſeit. muß ich der Zu¬
kunft nun entgegen leben.
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/114>, abgerufen am 28.11.2024.
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