[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.lige, kindliche Natur als Sprache für den Geist ge- Wär' der Geist selbstständig, vielleicht führte die Blühen ist Geist, es ist Schönheit, es ist Kunst, Komm mit Freund! scheue nicht den feuchten Abend- lige, kindliche Natur als Sprache für den Geiſt ge- Wär' der Geiſt ſelbſtſtändig, vielleicht führte die Blühen iſt Geiſt, es iſt Schönheit, es iſt Kunſt, Komm mit Freund! ſcheue nicht den feuchten Abend- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0077" n="67"/> lige, kindliche Natur als Sprache für den Geiſt ge-<lb/> ſchaffen.</p><lb/> <p>Wär' der Geiſt ſelbſtſtändig, vielleicht führte die<lb/> Liebe eine andre Sprache. — Die Natur lenkt und reicht<lb/> dar was der Geiſt bedarf; ſie lehrt, ſie erzählt, ſie er-<lb/> findet, ſie tröſtet, ſie beſchützt und vertritt ſeine Unmün-<lb/> digkeit, vielleicht wenn ſie den Geiſt aus der Kindheit<lb/> herausgeleitet hat, lenkt ſie ihn nicht mehr, ſie läßt ihn<lb/> dann ſelbſtſtändig walten, vielleicht iſt das jenſeitige<lb/> Leben der Frühling des Geiſtes, ſo wie <hi rendition="#g">dieſes</hi> ſeine<lb/> Kindheit iſt. Denn wir ſehnen uns ja nach dem Früh-<lb/> ling, nach der Jugend bis zum letzten Augenblick, und<lb/> dieſes Erdenleben iſt nur ein Vorbilden für das Jugend-<lb/> leben des Geiſtes, ſie entläßt ihn aus der Kindheit, wie<lb/> das Saamenkorn den Keim entläßt in's Ätherleben.</p><lb/> <p>Blühen iſt Geiſt, es iſt Schönheit, es iſt Kunſt,<lb/> und ſein Duftausſtrömen iſt abermals Streben in ein<lb/> höheres Element.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Komm mit Freund! ſcheue nicht den feuchten Abend-<lb/> thau, <hi rendition="#g">ich</hi> bin ein Kind und <hi rendition="#g">Du</hi> biſt ein Kind, wir lie-<lb/> gen gern unter freiem Himmel, und ſehen den gemäch-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0077]
lige, kindliche Natur als Sprache für den Geiſt ge-
ſchaffen.
Wär' der Geiſt ſelbſtſtändig, vielleicht führte die
Liebe eine andre Sprache. — Die Natur lenkt und reicht
dar was der Geiſt bedarf; ſie lehrt, ſie erzählt, ſie er-
findet, ſie tröſtet, ſie beſchützt und vertritt ſeine Unmün-
digkeit, vielleicht wenn ſie den Geiſt aus der Kindheit
herausgeleitet hat, lenkt ſie ihn nicht mehr, ſie läßt ihn
dann ſelbſtſtändig walten, vielleicht iſt das jenſeitige
Leben der Frühling des Geiſtes, ſo wie dieſes ſeine
Kindheit iſt. Denn wir ſehnen uns ja nach dem Früh-
ling, nach der Jugend bis zum letzten Augenblick, und
dieſes Erdenleben iſt nur ein Vorbilden für das Jugend-
leben des Geiſtes, ſie entläßt ihn aus der Kindheit, wie
das Saamenkorn den Keim entläßt in's Ätherleben.
Blühen iſt Geiſt, es iſt Schönheit, es iſt Kunſt,
und ſein Duftausſtrömen iſt abermals Streben in ein
höheres Element.
Komm mit Freund! ſcheue nicht den feuchten Abend-
thau, ich bin ein Kind und Du biſt ein Kind, wir lie-
gen gern unter freiem Himmel, und ſehen den gemäch-
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