[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.gewiß! sonst hätte ich den Baum nicht sogleich verstan- Sag' sind das Abentheuer? -- und würdig, daß ich Und soll ich Dir noch mehr erzählen von diesen gewiß! ſonſt hätte ich den Baum nicht ſogleich verſtan- Sag' ſind das Abentheuer? — und würdig, daß ich Und ſoll ich Dir noch mehr erzählen von dieſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0060" n="50"/> gewiß! ſonſt hätte ich den Baum nicht ſogleich verſtan-<lb/> den da ich erwachte. Weil eben die reife Frucht ſich<lb/> von ſeinen Zweigen gelöſt hatte und im fallen auf<lb/> meine Bruſt ihr Saft mich netzte; dies ſchöne dunkle<lb/> überreife Blut der Maulbeere, ich kannte ſie nicht, ich<lb/> hatte ſie nie geſehen, aber mit Zutrauen verzehrten ſie<lb/> meine Lippen wie Liebende den erſten Kuß verzehren.<lb/> Und es giebt Küſſe von denen fühl' ich, ſie ſchmecken<lb/> wie Maulbeeren.</p><lb/> <p>Sag' ſind das Abentheuer? — und würdig, daß ich<lb/> ſie Dir erzähle?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Und ſoll ich Dir noch mehr erzählen von dieſen<lb/> einfachen Ereigniſſen, die ſo gewöhnlich ſind wie der<lb/> Athem, der die Bruſt hebt? und doch fanden ſie auf<lb/> der reinen, noch unbeſchriebenen Tafel der Erinnerung<lb/> einen unverlöſchbaren Eindruck. Sieh', wie dem Kind'<lb/> in den Windeln die ganze ſinnliche Natur zur Nah-<lb/> rung ſeiner Kräfte gedeiht, bis es mannbar wird<lb/> und mit ſeinen Gliedern das Pferd regiert und das<lb/> Schwert, ſo gedeiht auch das Empfinden der Geiſtigkeit<lb/> des Naturlebens zur Nahrung des Geiſtes. Nicht jetzt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0060]
gewiß! ſonſt hätte ich den Baum nicht ſogleich verſtan-
den da ich erwachte. Weil eben die reife Frucht ſich
von ſeinen Zweigen gelöſt hatte und im fallen auf
meine Bruſt ihr Saft mich netzte; dies ſchöne dunkle
überreife Blut der Maulbeere, ich kannte ſie nicht, ich
hatte ſie nie geſehen, aber mit Zutrauen verzehrten ſie
meine Lippen wie Liebende den erſten Kuß verzehren.
Und es giebt Küſſe von denen fühl' ich, ſie ſchmecken
wie Maulbeeren.
Sag' ſind das Abentheuer? — und würdig, daß ich
ſie Dir erzähle?
Und ſoll ich Dir noch mehr erzählen von dieſen
einfachen Ereigniſſen, die ſo gewöhnlich ſind wie der
Athem, der die Bruſt hebt? und doch fanden ſie auf
der reinen, noch unbeſchriebenen Tafel der Erinnerung
einen unverlöſchbaren Eindruck. Sieh', wie dem Kind'
in den Windeln die ganze ſinnliche Natur zur Nah-
rung ſeiner Kräfte gedeiht, bis es mannbar wird
und mit ſeinen Gliedern das Pferd regiert und das
Schwert, ſo gedeiht auch das Empfinden der Geiſtigkeit
des Naturlebens zur Nahrung des Geiſtes. Nicht jetzt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |