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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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rinnen meiner Kindheit, wie eine verzagte verschüchterte
Heerde, zusammen gerottet in dem innersten feuerfesten
Gewölb ihres Tempels, Litaneien singend um Abwen-
dung der Gefahr. Das kam mir so lustig vor unter
meinem Laubdach, in dem der Wind raste und der Don-
ner wie ein brüllender Löwe die Litanei sammt dem
Geläut verschlang; an diesem Ort hätte keines von je-
nen mit mir ausgehalten das machte mich stark gegen
das einzige schreckenvolle gegen die Angst, ich fühlte
mich nicht verlassen in der allumfassenden Natur. Der
herabströmende Regen verdarb ja nicht die Blumen auf
ihrem feinen Stengel, was sollte er mir schaden, ich
hätte mich schämen müssen, vor dem Vertrauen der klei-
nen Vögel, hätt' ich mich gefürchtet.


So hab ich allmählig Zuversicht gewonnen und
war vertraulich mit der Natur, und hab' zum Scherz
manche Prüfung bestanden, Sturm und Gewitter zog
mich hinaus und das machte mich freudig; die heiße
Sonne scheute ich nicht, ich legte mich in's Gras unter
die schwärmenden Bienen mit Blüthenzweigen im Mund
und glaubte fest sie würden meine Lippen nicht stechen,

rinnen meiner Kindheit, wie eine verzagte verſchüchterte
Heerde, zuſammen gerottet in dem innerſten feuerfeſten
Gewölb ihres Tempels, Litaneien ſingend um Abwen-
dung der Gefahr. Das kam mir ſo luſtig vor unter
meinem Laubdach, in dem der Wind raſte und der Don-
ner wie ein brüllender Löwe die Litanei ſammt dem
Geläut verſchlang; an dieſem Ort hätte keines von je-
nen mit mir ausgehalten das machte mich ſtark gegen
das einzige ſchreckenvolle gegen die Angſt, ich fühlte
mich nicht verlaſſen in der allumfaſſenden Natur. Der
herabſtrömende Regen verdarb ja nicht die Blumen auf
ihrem feinen Stengel, was ſollte er mir ſchaden, ich
hätte mich ſchämen müſſen, vor dem Vertrauen der klei-
nen Vögel, hätt' ich mich gefürchtet.


So hab ich allmählig Zuverſicht gewonnen und
war vertraulich mit der Natur, und hab' zum Scherz
manche Prüfung beſtanden, Sturm und Gewitter zog
mich hinaus und das machte mich freudig; die heiße
Sonne ſcheute ich nicht, ich legte mich in's Gras unter
die ſchwärmenden Bienen mit Blüthenzweigen im Mund
und glaubte feſt ſie würden meine Lippen nicht ſtechen,

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[46/0056] rinnen meiner Kindheit, wie eine verzagte verſchüchterte Heerde, zuſammen gerottet in dem innerſten feuerfeſten Gewölb ihres Tempels, Litaneien ſingend um Abwen- dung der Gefahr. Das kam mir ſo luſtig vor unter meinem Laubdach, in dem der Wind raſte und der Don- ner wie ein brüllender Löwe die Litanei ſammt dem Geläut verſchlang; an dieſem Ort hätte keines von je- nen mit mir ausgehalten das machte mich ſtark gegen das einzige ſchreckenvolle gegen die Angſt, ich fühlte mich nicht verlaſſen in der allumfaſſenden Natur. Der herabſtrömende Regen verdarb ja nicht die Blumen auf ihrem feinen Stengel, was ſollte er mir ſchaden, ich hätte mich ſchämen müſſen, vor dem Vertrauen der klei- nen Vögel, hätt' ich mich gefürchtet. So hab ich allmählig Zuverſicht gewonnen und war vertraulich mit der Natur, und hab' zum Scherz manche Prüfung beſtanden, Sturm und Gewitter zog mich hinaus und das machte mich freudig; die heiße Sonne ſcheute ich nicht, ich legte mich in's Gras unter die ſchwärmenden Bienen mit Blüthenzweigen im Mund und glaubte feſt ſie würden meine Lippen nicht ſtechen,

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/56>, abgerufen am 25.11.2024.