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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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-- In demselben Augenblick fiel mir Goethe ein, wie er
damals am Rand des Berges gestanden, den Mantel un-
ter den Armen hervor zusammen geworfen, ich an seiner
Brust. -- Das Erfindungsfieber ergriff mich, oft mußt'
ich mich zerstreuen, um nur nicht mich ganz überlassen
zu dürfen dem Gebrause der Imagination und den Er-
schütterungen der Begeistrung. Nachdem ich die Nächte
nicht geschlafen und am Tag nichts genossen war meine
Idee gereinigt vom Überflüssigen und entschieden für's
Wesentliche.

Ein verklärtes Erzeugniß meiner Liebe,
eine Apotheose meiner Begeistrung und sei-
nes Ruhms;
so nannte es Goethe, wie er es zum er-
stenmal sah.

Goethe in halber Nische auf dem Thron sitzend,
sein Haupt über die Nische, welche oben nicht geschlos-
sen sondern abgeschnitten ist, erhaben, wie der Mond
sich über den Bergesrand herauf hebt. Mit nackter
Brust und Armen. Den Mantel, der am Hals zuge-
knüpft ist, über die Schultern zurück unter den Armen
wieder hervor im Schooße zusammen geworfen, die
linke Hand, welche damals nach den Gewittern deutete,
hebt sich jetzt über der Leier ruhend, die auf dem lin-
ken Knie steht; die rechte Hand, welche meine Blumen

— In demſelben Augenblick fiel mir Goethe ein, wie er
damals am Rand des Berges geſtanden, den Mantel un-
ter den Armen hervor zuſammen geworfen, ich an ſeiner
Bruſt. — Das Erfindungsfieber ergriff mich, oft mußt'
ich mich zerſtreuen, um nur nicht mich ganz überlaſſen
zu dürfen dem Gebrauſe der Imagination und den Er-
ſchütterungen der Begeiſtrung. Nachdem ich die Nächte
nicht geſchlafen und am Tag nichts genoſſen war meine
Idee gereinigt vom Überflüſſigen und entſchieden für's
Weſentliche.

Ein verklärtes Erzeugniß meiner Liebe,
eine Apotheoſe meiner Begeiſtrung und ſei-
nes Ruhms;
ſo nannte es Goethe, wie er es zum er-
ſtenmal ſah.

Goethe in halber Niſche auf dem Thron ſitzend,
ſein Haupt über die Niſche, welche oben nicht geſchloſ-
ſen ſondern abgeſchnitten iſt, erhaben, wie der Mond
ſich über den Bergesrand herauf hebt. Mit nackter
Bruſt und Armen. Den Mantel, der am Hals zuge-
knüpft iſt, über die Schultern zurück unter den Armen
wieder hervor im Schooße zuſammen geworfen, die
linke Hand, welche damals nach den Gewittern deutete,
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[237/0247] — In demſelben Augenblick fiel mir Goethe ein, wie er damals am Rand des Berges geſtanden, den Mantel un- ter den Armen hervor zuſammen geworfen, ich an ſeiner Bruſt. — Das Erfindungsfieber ergriff mich, oft mußt' ich mich zerſtreuen, um nur nicht mich ganz überlaſſen zu dürfen dem Gebrauſe der Imagination und den Er- ſchütterungen der Begeiſtrung. Nachdem ich die Nächte nicht geſchlafen und am Tag nichts genoſſen war meine Idee gereinigt vom Überflüſſigen und entſchieden für's Weſentliche. Ein verklärtes Erzeugniß meiner Liebe, eine Apotheoſe meiner Begeiſtrung und ſei- nes Ruhms; ſo nannte es Goethe, wie er es zum er- ſtenmal ſah. Goethe in halber Niſche auf dem Thron ſitzend, ſein Haupt über die Niſche, welche oben nicht geſchloſ- ſen ſondern abgeſchnitten iſt, erhaben, wie der Mond ſich über den Bergesrand herauf hebt. Mit nackter Bruſt und Armen. Den Mantel, der am Hals zuge- knüpft iſt, über die Schultern zurück unter den Armen wieder hervor im Schooße zuſammen geworfen, die linke Hand, welche damals nach den Gewittern deutete, hebt ſich jetzt über der Leier ruhend, die auf dem lin- ken Knie ſteht; die rechte Hand, welche meine Blumen

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/247>, abgerufen am 04.12.2024.