[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.mir die unwiederbringliche Zeit vorwärts." -- So schön Mein Freund, ich sage Dir gute Nacht. Weine Gestern hab' ich noch viel an Goethe gedacht, nein mir die unwiederbringliche Zeit vorwärts.“ — So ſchön Mein Freund, ich ſage Dir gute Nacht. Weine Geſtern hab' ich noch viel an Goethe gedacht, nein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0236" n="226"/> mir die unwiederbringliche Zeit vorwärts.“ — So ſchön<lb/> fing er die Bewegung ſeines Herzens in ſüßen Worten<lb/> ein, der heilige unwiderſprechliche Dichter. —</p><lb/> <p>Mein Freund, ich ſage Dir gute Nacht. Weine<lb/> mit mir einen Augenblick — ſchon iſt Mitternacht vor-<lb/> über, die Mitternacht, die ihn weggenommen hat.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Geſtern hab' ich noch viel an Goethe gedacht, nein<lb/> nicht gedacht: mit ihm verkehrt. Schmerz iſt bei mir,<lb/> nicht Empfinden, es iſt Denken, ich werde nicht berührt,<lb/> ich werde erregt. Ich fühle mich nicht ſchmerzlich be-<lb/> handelt, ich handle ſelbſt ſchmerzlich. — Das hat alſo<lb/> weh gethan, wie ich geſtern mit ihm war. — Ich hab'<lb/> auch von ihm geträumt. — Er führte mich längs dem<lb/> Ufer eines Fluſſes ſchweigend und ruhig und bedeutſam,<lb/> ich weiß auch, daß er ſprach einzelne Worte, aber nicht<lb/> was. Die Dämmerung ſchwärmte wie vom Wind ge-<lb/> jagte zerriſſene Nebelwolken, ich ſah das zitternde Blin-<lb/> ken der Sterne im Waſſer, mein gleichmäßiger Schritt<lb/> an ſeiner Hand machte mir das Bewegte, Irrende in der<lb/> Natur um ſo fühlbarer, das rührte mich, und rührt<lb/> mich jetzt während ich ſchreibe. Was iſt Rührung? —<lb/> iſt das nicht göttliche Gewalt, die eingeht durch meine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0236]
mir die unwiederbringliche Zeit vorwärts.“ — So ſchön
fing er die Bewegung ſeines Herzens in ſüßen Worten
ein, der heilige unwiderſprechliche Dichter. —
Mein Freund, ich ſage Dir gute Nacht. Weine
mit mir einen Augenblick — ſchon iſt Mitternacht vor-
über, die Mitternacht, die ihn weggenommen hat.
Geſtern hab' ich noch viel an Goethe gedacht, nein
nicht gedacht: mit ihm verkehrt. Schmerz iſt bei mir,
nicht Empfinden, es iſt Denken, ich werde nicht berührt,
ich werde erregt. Ich fühle mich nicht ſchmerzlich be-
handelt, ich handle ſelbſt ſchmerzlich. — Das hat alſo
weh gethan, wie ich geſtern mit ihm war. — Ich hab'
auch von ihm geträumt. — Er führte mich längs dem
Ufer eines Fluſſes ſchweigend und ruhig und bedeutſam,
ich weiß auch, daß er ſprach einzelne Worte, aber nicht
was. Die Dämmerung ſchwärmte wie vom Wind ge-
jagte zerriſſene Nebelwolken, ich ſah das zitternde Blin-
ken der Sterne im Waſſer, mein gleichmäßiger Schritt
an ſeiner Hand machte mir das Bewegte, Irrende in der
Natur um ſo fühlbarer, das rührte mich, und rührt
mich jetzt während ich ſchreibe. Was iſt Rührung? —
iſt das nicht göttliche Gewalt, die eingeht durch meine
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