[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.ich so selig war, wie freute es Dich, daß Du mich hat- ich ſo ſelig war, wie freute es Dich, daß Du mich hat- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0224" n="214"/> ich ſo ſelig war, wie freute es Dich, daß Du mich hat-<lb/> teſt, über Dir ſchwebend mich trugſt, wie freute ich mich,<lb/> und dann ſchwang ich mich hinüber auf die rechte Schul-<lb/> ter um die linke nicht zu ermüden. Du ließt mich durch die<lb/> erleuchteten Fenſter ſehen, eine Reihe friedlicher Abende<lb/> von Alt und Jung, bei Lampenſchein oder bei hellem Kü-<lb/> chenfeuer, auch der kleine Hund und das Kätzchen waren da-<lb/> bei. Du ſagteſt: „iſt das nicht eine allerliebſte Bildergal-<lb/> lerie?“ — ſo kamen wir von einer Wohnung zur andern<lb/> aus den finſtern Straßen hervor unter die hohen Bäume,<lb/> ich reichte an die Äſte, da rauſchten die Vögel auf,<lb/> da freuten wir uns, wir beide! — Kinder ich und Du.<lb/> Und nun? — Du ein Geiſt aufgefahren zu den Him-<lb/> meln, und ich? — unerleuchtet, unerfüllt, unerwartet,<lb/> unverſtanden, ungeliebt, ja ſie könnten mich fragen:<lb/> wer biſt du und was willſt du? und wenn ich Ant-<lb/> wort gäbe würden ſie ſagen: wir verſtehen dich nicht.<lb/> Du aber erkannteſt mich und öffneteſt mir die Arme<lb/> und das Herz und jede Frage war gelöſt und jeder<lb/> Schmerz beſchwichtigt. — Dort im Park zu Weimar<lb/> gingen wir Hand in Hand unter den dichtbelaubten<lb/> Bäumen, das Mondlicht fiel ein, Du gabſt mir viele<lb/> ſüße Namen, es klingt noch in meinen Ohren: lieb<lb/> Herz! mein artig Kind! wie war ich erfreut zu wiſſen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0224]
ich ſo ſelig war, wie freute es Dich, daß Du mich hat-
teſt, über Dir ſchwebend mich trugſt, wie freute ich mich,
und dann ſchwang ich mich hinüber auf die rechte Schul-
ter um die linke nicht zu ermüden. Du ließt mich durch die
erleuchteten Fenſter ſehen, eine Reihe friedlicher Abende
von Alt und Jung, bei Lampenſchein oder bei hellem Kü-
chenfeuer, auch der kleine Hund und das Kätzchen waren da-
bei. Du ſagteſt: „iſt das nicht eine allerliebſte Bildergal-
lerie?“ — ſo kamen wir von einer Wohnung zur andern
aus den finſtern Straßen hervor unter die hohen Bäume,
ich reichte an die Äſte, da rauſchten die Vögel auf,
da freuten wir uns, wir beide! — Kinder ich und Du.
Und nun? — Du ein Geiſt aufgefahren zu den Him-
meln, und ich? — unerleuchtet, unerfüllt, unerwartet,
unverſtanden, ungeliebt, ja ſie könnten mich fragen:
wer biſt du und was willſt du? und wenn ich Ant-
wort gäbe würden ſie ſagen: wir verſtehen dich nicht.
Du aber erkannteſt mich und öffneteſt mir die Arme
und das Herz und jede Frage war gelöſt und jeder
Schmerz beſchwichtigt. — Dort im Park zu Weimar
gingen wir Hand in Hand unter den dichtbelaubten
Bäumen, das Mondlicht fiel ein, Du gabſt mir viele
ſüße Namen, es klingt noch in meinen Ohren: lieb
Herz! mein artig Kind! wie war ich erfreut zu wiſſen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |