[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.den, die meine Geheimnisse aufnimmt und mich wärmt; Heute erzähle ich Dir wie Du mich in dunkler Nacht den, die meine Geheimniſſe aufnimmt und mich wärmt; Heute erzähle ich Dir wie Du mich in dunkler Nacht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0223" n="213"/> den, die meine Geheimniſſe aufnimmt und mich wärmt;<lb/> denn: vor Dir ſtehen giebt ſchauerliche Kälte; und die<lb/> Hände muß ich ringen, daß ich Deiner ſo verinnigt zu<lb/> denken wage. Nein! — nicht Dich rufen! — nicht die<lb/> Hände nach Dir ausſtrecken, in dieſer ſeltſamen ſchauer-<lb/> lichen Stunde nach Dir forſchen über den Sternen, hin-<lb/> aufſehen, Deinen Namen rufen? — ich wag' es nicht!<lb/> — O ich fürchte mich! — beſſer beſcheiden den Blick<lb/> ſenken auf das Grab was Dich deckt; Blumen ſam-<lb/> meln, ſie dir hinſtreuen; ja die ſüßen Blumen der Er-<lb/> innerung alle wollen wir ſammeln, ſie duften ſo geiſtig,<lb/> mag ſie einer bewahren zu Deinem und meinem Geden-<lb/> ken, oder mag ſie der Zufall verwehen, einmal will ich die<lb/> ſüßen Geſchichten der Vergangenheit noch durchgehen.</p><lb/> <p>Heute erzähle ich Dir wie Du mich in dunkler Nacht<lb/> unbekannte Wege führteſt, das war in Weimar auf dem<lb/> Markt als wir an eine Treppe kamen und Du zuerſt<lb/> nieder ſtiegſt und als ich unſicher, zu folgen verſuchte,<lb/> mich in Deinen Mantel gehüllt dahin trugſt; Herr! iſt<lb/> es wahr? — haſt mich in beiden Armen ſchwebend ge-<lb/> tragen, wie ſchön warſt Du da, wie groß und edel, wie<lb/> leuchtete Dein durchdringender Blick dunkel im Glanz<lb/> der Sterne mich an. Da oben mit beiden Armen Dich<lb/> umſchlingend wie war ich ſelig! wie lächelteſt Du, daß<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0223]
den, die meine Geheimniſſe aufnimmt und mich wärmt;
denn: vor Dir ſtehen giebt ſchauerliche Kälte; und die
Hände muß ich ringen, daß ich Deiner ſo verinnigt zu
denken wage. Nein! — nicht Dich rufen! — nicht die
Hände nach Dir ausſtrecken, in dieſer ſeltſamen ſchauer-
lichen Stunde nach Dir forſchen über den Sternen, hin-
aufſehen, Deinen Namen rufen? — ich wag' es nicht!
— O ich fürchte mich! — beſſer beſcheiden den Blick
ſenken auf das Grab was Dich deckt; Blumen ſam-
meln, ſie dir hinſtreuen; ja die ſüßen Blumen der Er-
innerung alle wollen wir ſammeln, ſie duften ſo geiſtig,
mag ſie einer bewahren zu Deinem und meinem Geden-
ken, oder mag ſie der Zufall verwehen, einmal will ich die
ſüßen Geſchichten der Vergangenheit noch durchgehen.
Heute erzähle ich Dir wie Du mich in dunkler Nacht
unbekannte Wege führteſt, das war in Weimar auf dem
Markt als wir an eine Treppe kamen und Du zuerſt
nieder ſtiegſt und als ich unſicher, zu folgen verſuchte,
mich in Deinen Mantel gehüllt dahin trugſt; Herr! iſt
es wahr? — haſt mich in beiden Armen ſchwebend ge-
tragen, wie ſchön warſt Du da, wie groß und edel, wie
leuchtete Dein durchdringender Blick dunkel im Glanz
der Sterne mich an. Da oben mit beiden Armen Dich
umſchlingend wie war ich ſelig! wie lächelteſt Du, daß
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