[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.regt, wo's gleich elektrisch schauert durch den Geist, wo regt, wo's gleich elektriſch ſchauert durch den Geiſt, wo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0221" n="211"/> regt, wo's gleich elektriſch ſchauert durch den Geiſt, wo<lb/> gleich Schlummer befällt das äußere Leben, und keine<lb/> Erkenntniß mehr von den Anſprüchen der äußeren Welt.<lb/> — Wer hat je mein Herz gefragt? — wer hat ſich ge-<lb/> neigt zur Blume, um ihre Farbe zu erkennen und ihren<lb/> Duft zu athmen? — wem hätte der Klang meiner<lb/> Stimme (von der Du ſagteſt: Du fühleſt was Echo<lb/> fühlen müſſe, wenn die Stimme eines Liebenden an ih-<lb/> rer Bruſt wiederhalle) eine Ahndung gegeben, welche<lb/> Geheimniſſe kraft Deiner dichteriſchen Segnungen ſie<lb/> auszuſprechen vermöge. O Goethe! Du allein haſt den<lb/> Schemel Deiner Füße mir hingerückt, und mir erlaubt<lb/> in Deiner Nähe meine Begeiſtrung auszuſtrömen. —<lb/> Was jammere ich denn? — daß es ſo ſtill iſt um mich?<lb/> — daß ich ſo einſam bin? — nun wohl! — in dieſer<lb/> einſamen Weite, wenn es ein Wiederhall meiner Ge-<lb/> fühle giebt, kannſt nur Du es ſein; wenn eine Tröſtung<lb/> mir zuweht aus freier Luft, ſo iſt es der Athem Deines<lb/> Geiſtes. Wer würde auch verſtehen was wir hier mit-<lb/> einander ſprechen, wer würde ſich feierlich fügen dem<lb/> Geſpräch Deines Geiſtes mit mir. — Goethe! — Es<lb/> iſt nicht mehr ſüß, unſer Zuſammenſein! es iſt kein Ko-<lb/> ſen, kein Scherzen; die Grazien räumen nicht mehr um<lb/> Dich her auf und ordnen jede Liebeslaune, jede Spiele-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0221]
regt, wo's gleich elektriſch ſchauert durch den Geiſt, wo
gleich Schlummer befällt das äußere Leben, und keine
Erkenntniß mehr von den Anſprüchen der äußeren Welt.
— Wer hat je mein Herz gefragt? — wer hat ſich ge-
neigt zur Blume, um ihre Farbe zu erkennen und ihren
Duft zu athmen? — wem hätte der Klang meiner
Stimme (von der Du ſagteſt: Du fühleſt was Echo
fühlen müſſe, wenn die Stimme eines Liebenden an ih-
rer Bruſt wiederhalle) eine Ahndung gegeben, welche
Geheimniſſe kraft Deiner dichteriſchen Segnungen ſie
auszuſprechen vermöge. O Goethe! Du allein haſt den
Schemel Deiner Füße mir hingerückt, und mir erlaubt
in Deiner Nähe meine Begeiſtrung auszuſtrömen. —
Was jammere ich denn? — daß es ſo ſtill iſt um mich?
— daß ich ſo einſam bin? — nun wohl! — in dieſer
einſamen Weite, wenn es ein Wiederhall meiner Ge-
fühle giebt, kannſt nur Du es ſein; wenn eine Tröſtung
mir zuweht aus freier Luft, ſo iſt es der Athem Deines
Geiſtes. Wer würde auch verſtehen was wir hier mit-
einander ſprechen, wer würde ſich feierlich fügen dem
Geſpräch Deines Geiſtes mit mir. — Goethe! — Es
iſt nicht mehr ſüß, unſer Zuſammenſein! es iſt kein Ko-
ſen, kein Scherzen; die Grazien räumen nicht mehr um
Dich her auf und ordnen jede Liebeslaune, jede Spiele-
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