[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Auf diesem Hügel überseh ich meine Welt! Und könnt' ich Paradiese überschauen, Ich sehnte mich zurück nach jenen Auen Wo Deines Daches Zinne meinem Blick sich stellt, Denn der allein umgrenzet meine Welt. Gereimt und ungereimt sag' ich Dir dasselbe, und Wär' ich Dir, was die ganze Natur dem Mond Auf dieſem Hügel überſeh ich meine Welt! Und könnt' ich Paradieſe überſchauen, Ich ſehnte mich zurück nach jenen Auen Wo Deines Daches Zinne meinem Blick ſich ſtellt, Denn der allein umgrenzet meine Welt. Gereimt und ungereimt ſag' ich Dir daſſelbe, und Wär' ich Dir, was die ganze Natur dem Mond <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0201" n="191"/> </l> <lg n="3"> <l>Auf dieſem Hügel überſeh ich meine Welt!</l><lb/> <l>Und könnt' ich Paradieſe überſchauen,</l><lb/> <l>Ich ſehnte mich zurück nach jenen Auen</l><lb/> <l>Wo Deines Daches Zinne meinem Blick ſich ſtellt,</l><lb/> <l>Denn der allein umgrenzet meine Welt.</l> </lg> </lg><lb/> <p>Gereimt und ungereimt ſag' ich Dir daſſelbe, und<lb/> Du ermüdeſt nicht mich anzuhören. Ich ſitze hier auf<lb/> der Bank in der Dämmerung wo der ſinkende Tag vom<lb/> aufgehenden Mond noch das Licht borgt', und freue<lb/> mich meine Welt im Zwielicht zu überſchauen. Vor<lb/> wenig Minuten lag alles noch im Sonnenglanz, da<lb/> war ich unruhig ob ich bleiben oder gehen ſolle. Jetzt,<lb/> ſeit der Mond geſtiegen iſt weiß ich, daß ich bleibe, <hi rendition="#g">in<lb/> ſeinem Licht erkenn ich meine Welt</hi>, ſeine Strah-<lb/> len ziehen mich in ihren Zauberkreis, und was ich auch<lb/> Unglaubliches für wahr halte, das verneint er nicht wie<lb/> das Sonnenlicht. Er ſchmiegt ſich ſchmeichelnd in den<lb/> Schooß der Thäler, und ich fühle deutlich wie ſie ihn<lb/> liebt, die Natur, und wie er ihr geneigt iſt, der Mond.</p><lb/> <p>Wär' ich Dir, was die ganze Natur dem Mond<lb/> iſt, der Leben erregend in ihren Pulſen ſpielt, der leiſe<lb/> Lüfte als Boten ausſendet, der die ſamenbeflockten<lb/> Schwingen des Abendwindes niederbannt in's thauige<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [191/0201]
Auf dieſem Hügel überſeh ich meine Welt!
Und könnt' ich Paradieſe überſchauen,
Ich ſehnte mich zurück nach jenen Auen
Wo Deines Daches Zinne meinem Blick ſich ſtellt,
Denn der allein umgrenzet meine Welt.
Gereimt und ungereimt ſag' ich Dir daſſelbe, und
Du ermüdeſt nicht mich anzuhören. Ich ſitze hier auf
der Bank in der Dämmerung wo der ſinkende Tag vom
aufgehenden Mond noch das Licht borgt', und freue
mich meine Welt im Zwielicht zu überſchauen. Vor
wenig Minuten lag alles noch im Sonnenglanz, da
war ich unruhig ob ich bleiben oder gehen ſolle. Jetzt,
ſeit der Mond geſtiegen iſt weiß ich, daß ich bleibe, in
ſeinem Licht erkenn ich meine Welt, ſeine Strah-
len ziehen mich in ihren Zauberkreis, und was ich auch
Unglaubliches für wahr halte, das verneint er nicht wie
das Sonnenlicht. Er ſchmiegt ſich ſchmeichelnd in den
Schooß der Thäler, und ich fühle deutlich wie ſie ihn
liebt, die Natur, und wie er ihr geneigt iſt, der Mond.
Wär' ich Dir, was die ganze Natur dem Mond
iſt, der Leben erregend in ihren Pulſen ſpielt, der leiſe
Lüfte als Boten ausſendet, der die ſamenbeflockten
Schwingen des Abendwindes niederbannt in's thauige
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