nicht zu viel? -- ich hab's versucht, wie ein Maulwurf mich durch's eigne Herz gewühlt, und habe gehofft ei- nen Schatz zu entdecken, der im Dunkeln leuchte, den wollte ich Dir herauf bringen, aber vergeblich! -- Es sind keine gewaltigen Dinge, die ich Dir zu sagen habe, es ist Nichts als nur lieblich zu gestehen, und unwider- stehlich dieses Nichts. Liebkosungen bestehen ja in der Mittheilung. -- Wenn Du am Bach ruhst unter duf- tigen Kräutern und die Libelle mit ihren krystallnen Augen läßt sich auf Dir nieder, sie fächelt Deine Lip- pen mit ihren Flügeln, wirst Du ihre böse? -- Wenn ein kleiner Käfer an Deinem Gewand hinaufklettert und endlich sich im Busen verirrt, nennst Du das allzu keck? -- das kleine Thierchen so unbekannt mit dem schlagenden Herzen unter seinen Füßchen? -- und ich! bekannt mit diesem erhöhten Takt Deiner Gefühle, bin ich zu tadeln, daß ich mich Dir an's Herz dränge? -- Siehst Du! das ist alles was ich Dir zu sagen habe. -- Der Abendwind eilt flüchtig über die Gräser bis zu mir herab, die ich am Fuß des Hügels sitze und daran denke, wie ich Dir diese Folianten ausfüllen soll.
nicht zu viel? — ich hab's verſucht, wie ein Maulwurf mich durch's eigne Herz gewühlt, und habe gehofft ei- nen Schatz zu entdecken, der im Dunkeln leuchte, den wollte ich Dir herauf bringen, aber vergeblich! — Es ſind keine gewaltigen Dinge, die ich Dir zu ſagen habe, es iſt Nichts als nur lieblich zu geſtehen, und unwider- ſtehlich dieſes Nichts. Liebkoſungen beſtehen ja in der Mittheilung. — Wenn Du am Bach ruhſt unter duf- tigen Kräutern und die Libelle mit ihren kryſtallnen Augen läßt ſich auf Dir nieder, ſie fächelt Deine Lip- pen mit ihren Flügeln, wirſt Du ihre böſe? — Wenn ein kleiner Käfer an Deinem Gewand hinaufklettert und endlich ſich im Buſen verirrt, nennſt Du das allzu keck? — das kleine Thierchen ſo unbekannt mit dem ſchlagenden Herzen unter ſeinen Füßchen? — und ich! bekannt mit dieſem erhöhten Takt Deiner Gefühle, bin ich zu tadeln, daß ich mich Dir an's Herz dränge? — Siehſt Du! das iſt alles was ich Dir zu ſagen habe. — Der Abendwind eilt flüchtig über die Gräſer bis zu mir herab, die ich am Fuß des Hügels ſitze und daran denke, wie ich Dir dieſe Folianten ausfüllen ſoll.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0196"n="186"/>
nicht zu viel? — ich hab's verſucht, wie ein Maulwurf<lb/>
mich durch's eigne Herz gewühlt, und habe gehofft ei-<lb/>
nen Schatz zu entdecken, der im Dunkeln leuchte, den<lb/>
wollte ich Dir herauf bringen, aber vergeblich! — Es<lb/>ſind keine gewaltigen Dinge, die ich Dir zu ſagen habe,<lb/>
es iſt Nichts als nur lieblich zu geſtehen, und unwider-<lb/>ſtehlich dieſes Nichts. Liebkoſungen beſtehen ja in der<lb/>
Mittheilung. — Wenn Du am Bach ruhſt unter duf-<lb/>
tigen Kräutern und die Libelle mit ihren kryſtallnen<lb/>
Augen läßt ſich auf Dir nieder, ſie fächelt Deine Lip-<lb/>
pen mit ihren Flügeln, wirſt Du ihre böſe? — Wenn<lb/>
ein kleiner Käfer an Deinem Gewand hinaufklettert<lb/>
und endlich ſich im Buſen verirrt, nennſt Du das allzu<lb/>
keck? — das kleine Thierchen ſo unbekannt mit dem<lb/>ſchlagenden Herzen unter ſeinen Füßchen? — und ich!<lb/>
bekannt mit dieſem erhöhten Takt Deiner Gefühle, bin<lb/>
ich zu tadeln, daß ich mich Dir an's Herz dränge? —<lb/>
Siehſt Du! das iſt alles was ich Dir zu ſagen habe. —<lb/>
Der Abendwind eilt flüchtig über die Gräſer bis zu mir<lb/>
herab, die ich am Fuß des Hügels ſitze und daran denke,<lb/>
wie ich Dir dieſe Folianten ausfüllen ſoll.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[186/0196]
nicht zu viel? — ich hab's verſucht, wie ein Maulwurf
mich durch's eigne Herz gewühlt, und habe gehofft ei-
nen Schatz zu entdecken, der im Dunkeln leuchte, den
wollte ich Dir herauf bringen, aber vergeblich! — Es
ſind keine gewaltigen Dinge, die ich Dir zu ſagen habe,
es iſt Nichts als nur lieblich zu geſtehen, und unwider-
ſtehlich dieſes Nichts. Liebkoſungen beſtehen ja in der
Mittheilung. — Wenn Du am Bach ruhſt unter duf-
tigen Kräutern und die Libelle mit ihren kryſtallnen
Augen läßt ſich auf Dir nieder, ſie fächelt Deine Lip-
pen mit ihren Flügeln, wirſt Du ihre böſe? — Wenn
ein kleiner Käfer an Deinem Gewand hinaufklettert
und endlich ſich im Buſen verirrt, nennſt Du das allzu
keck? — das kleine Thierchen ſo unbekannt mit dem
ſchlagenden Herzen unter ſeinen Füßchen? — und ich!
bekannt mit dieſem erhöhten Takt Deiner Gefühle, bin
ich zu tadeln, daß ich mich Dir an's Herz dränge? —
Siehſt Du! das iſt alles was ich Dir zu ſagen habe. —
Der Abendwind eilt flüchtig über die Gräſer bis zu mir
herab, die ich am Fuß des Hügels ſitze und daran denke,
wie ich Dir dieſe Folianten ausfüllen ſoll.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/196>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.