Freund! sie ist nicht erfunden diese innere Welt, sie beruht auf Wissen und Geheimniß, sie beruht auf höherem Glauben; die Liebe ist der Weltgeist dieses Inneren, sie ist die Seele der Natur.
Gedanken sind in der geistigen Welt, was Empfin- dung in der sinnlichen Welt ist; es ist Sinnenlust mei- nes Geistes, der mich an Dich fesselt, daß ich Dich denke; es bewegt mich tief, daß Du bist, in diese sinnliche Welt geboren bist. Daß Deine sinnliche Erscheinung Zeugniß giebt von der Ahndung, von der Offenbarung, die ich von Dir habe.
Liebe ist Erkenntniß; ich kann Dich nur genießen im Denken, das Dich verstehen, empfinden lernt; wenn ich Dich aber einmal ganz verstehe, gehörst Du dann mein? -- kannst Du irgend wem gehören, der Dich nicht verstände? ist Verstehen nicht süßes, sinnliches Übergehen in den Geliebten? -- eine einzige Grenze ist; sie trennt das Endliche vom Unendlichen; Verstehn hebt die Grenze auf; zwei die einander verstehen, sind ineinander unend- lich; -- Verstehen ist lieben; was wir nicht lieben, das verstehen wir nicht; was wir nicht verstehen, ist nicht für uns da.
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Freund! ſie iſt nicht erfunden dieſe innere Welt, ſie beruht auf Wiſſen und Geheimniß, ſie beruht auf höherem Glauben; die Liebe iſt der Weltgeiſt dieſes Inneren, ſie iſt die Seele der Natur.
Gedanken ſind in der geiſtigen Welt, was Empfin- dung in der ſinnlichen Welt iſt; es iſt Sinnenluſt mei- nes Geiſtes, der mich an Dich feſſelt, daß ich Dich denke; es bewegt mich tief, daß Du biſt, in dieſe ſinnliche Welt geboren biſt. Daß Deine ſinnliche Erſcheinung Zeugniß giebt von der Ahndung, von der Offenbarung, die ich von Dir habe.
Liebe iſt Erkenntniß; ich kann Dich nur genießen im Denken, das Dich verſtehen, empfinden lernt; wenn ich Dich aber einmal ganz verſtehe, gehörſt Du dann mein? — kannſt Du irgend wem gehören, der Dich nicht verſtände? iſt Verſtehen nicht ſüßes, ſinnliches Übergehen in den Geliebten? — eine einzige Grenze iſt; ſie trennt das Endliche vom Unendlichen; Verſtehn hebt die Grenze auf; zwei die einander verſtehen, ſind ineinander unend- lich; — Verſtehen iſt lieben; was wir nicht lieben, das verſtehen wir nicht; was wir nicht verſtehen, iſt nicht für uns da.
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Freund! ſie iſt nicht erfunden dieſe innere Welt,
ſie beruht auf Wiſſen und Geheimniß, ſie beruht auf
höherem Glauben; die Liebe iſt der Weltgeiſt dieſes
Inneren, ſie iſt die Seele der Natur.
Gedanken ſind in der geiſtigen Welt, was Empfin-
dung in der ſinnlichen Welt iſt; es iſt Sinnenluſt mei-
nes Geiſtes, der mich an Dich feſſelt, daß ich Dich denke;
es bewegt mich tief, daß Du biſt, in dieſe ſinnliche Welt
geboren biſt. Daß Deine ſinnliche Erſcheinung Zeugniß
giebt von der Ahndung, von der Offenbarung, die ich
von Dir habe.
Liebe iſt Erkenntniß; ich kann Dich nur genießen
im Denken, das Dich verſtehen, empfinden lernt; wenn
ich Dich aber einmal ganz verſtehe, gehörſt Du dann
mein? — kannſt Du irgend wem gehören, der Dich nicht
verſtände? iſt Verſtehen nicht ſüßes, ſinnliches Übergehen
in den Geliebten? — eine einzige Grenze iſt; ſie trennt
das Endliche vom Unendlichen; Verſtehn hebt die Grenze
auf; zwei die einander verſtehen, ſind ineinander unend-
lich; — Verſtehen iſt lieben; was wir nicht lieben, das
verſtehen wir nicht; was wir nicht verſtehen, iſt nicht
für uns da.
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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/19>, abgerufen am 16.07.2024.
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