[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.des Reiters und des Pferdes haben sich tief in mein des Reiters und des Pferdes haben ſich tief in mein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="132"/> des Reiters und des Pferdes haben ſich tief in mein<lb/> Gehirn geprägt, und der arme Angſterfüllte eilt hervor<lb/> und ſchwingt ſich am ſchwachen Kinderarm herein in die<lb/> rettenden Wände, aber kaum, — da iſt der Reiter ſchon<lb/> wieder, er ſprengt an mich heran, ich rühr' mich nicht<lb/> vom Fenſter, er verlangt Waſſer, — ich eile in die<lb/> Küche es ihm zu holen, nachdem er getrunken und nach-<lb/> dem ich ihn die Straße hinabreiten geſehen erſt, mache<lb/> ich meinen Laden zu, und nun ſehe ich mich nach mei-<lb/><choice><sic>mer</sic><corr>ner</corr></choice> geretteten Beute um. Hätte ſich der Rothmantel<lb/> auf ſeinem Pferde in die Steigbügel geſtellt, ſo hätte<lb/> er meinen Geretteten entdeckt, dieſer küßte mir zitternd<lb/> die Hände, und ſagte mit leiſer Stimme: <hi rendition="#aq">„o mon dieu,<lb/> mon dieu!“</hi> ich lachte vor Freuden, aber dann brach ich<lb/> in Thränen aus, denn es rührte mich, der Retter eines<lb/> Menſchen geworden zu ſein, ſo ohne mich zu beſinnen,<lb/> ſo ohne zu wiſſen wie. — Und Du auch! — rührt es<lb/> Dich nicht? — freut es Dich nicht, daß es mir gelun-<lb/> gen iſt? — mehr als alle Schmeichelreden, die ich Dir<lb/> ſagen könnte? — <hi rendition="#aq">„Sauvez-moi! cachez-moi!“</hi> ſagte er,<lb/><hi rendition="#aq">„mon père et ma mère prieront pour vous!“</hi> ich faßte<lb/> ihn bei der Hand und führte ihn ſchweigend leiſe über<lb/> den Hof nach dem Holzſtall: dort unterſuchte ich ſeine<lb/> Wunde, das Blut abwaſchen konnte ich nicht, ich hatte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0142]
des Reiters und des Pferdes haben ſich tief in mein
Gehirn geprägt, und der arme Angſterfüllte eilt hervor
und ſchwingt ſich am ſchwachen Kinderarm herein in die
rettenden Wände, aber kaum, — da iſt der Reiter ſchon
wieder, er ſprengt an mich heran, ich rühr' mich nicht
vom Fenſter, er verlangt Waſſer, — ich eile in die
Küche es ihm zu holen, nachdem er getrunken und nach-
dem ich ihn die Straße hinabreiten geſehen erſt, mache
ich meinen Laden zu, und nun ſehe ich mich nach mei-
ner geretteten Beute um. Hätte ſich der Rothmantel
auf ſeinem Pferde in die Steigbügel geſtellt, ſo hätte
er meinen Geretteten entdeckt, dieſer küßte mir zitternd
die Hände, und ſagte mit leiſer Stimme: „o mon dieu,
mon dieu!“ ich lachte vor Freuden, aber dann brach ich
in Thränen aus, denn es rührte mich, der Retter eines
Menſchen geworden zu ſein, ſo ohne mich zu beſinnen,
ſo ohne zu wiſſen wie. — Und Du auch! — rührt es
Dich nicht? — freut es Dich nicht, daß es mir gelun-
gen iſt? — mehr als alle Schmeichelreden, die ich Dir
ſagen könnte? — „Sauvez-moi! cachez-moi!“ ſagte er,
„mon père et ma mère prieront pour vous!“ ich faßte
ihn bei der Hand und führte ihn ſchweigend leiſe über
den Hof nach dem Holzſtall: dort unterſuchte ich ſeine
Wunde, das Blut abwaſchen konnte ich nicht, ich hatte
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