[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.gessen worden, rollte ich bis zum Ufer, stellte sie da auf geſſen worden, rollte ich bis zum Ufer, ſtellte ſie da auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0132" n="122"/> geſſen worden, rollte ich bis zum Ufer, ſtellte ſie da auf<lb/> und ſetzte mich hinein, und ſah dem Eisgang zu; es<lb/> war mir eine behagliche, befriedigende Empfindung, ſo<lb/> als eingerahmtes Bild der erhabenen Winternatur in's<lb/> Antlitz zu ſchauen. Es war, als habe ich einer gehei-<lb/> men Anforderung Genüge geleiſtet. — Im Hinaufklet-<lb/> tern fand ich eben ſo kleine Lücken und Steine unter<lb/> Händen und Füßen, wie ich ſie brauchte. — Von nun<lb/> an konnte kein Wetter, kein Zufall mich abhalten, ich<lb/> überwand alle Schwierigkeiten; ohne zu wiſſen wie<lb/> fand ich mich an meiner Geiſtermauer, an der ich je-<lb/> den Abend hinabkletterte und in meiner Wanne ſitzend<lb/> dem Treiben der Eisſchollen zuſah. Eine ſtieß an's<lb/> Ufer, ich ſträubte mich nicht mehr gegen die dämoniſchen<lb/> Eingebungen, zuverſichtlich ſprang ich drauf und ließ<lb/> mich eine Weile forttreiben. Dann ſprang ich auf die<lb/> nächſte, bis ich endlich in der Mitte des Stromes da-<lb/> hin ſegelte. — Es war eine wunderbare Nacht! wa-<lb/> rum? — jeder Naturmoment iſt wunderbar, iſt unge-<lb/> heuer, wo er in ſeiner Freiheit waltet über den Men-<lb/> ſchengeiſt, ich habe mich ihm preis gegeben, und ſo<lb/> wirkte er als höchſtes Ereigniß. — Am fernen Horizont<lb/> ſchimmerte ein dunkles Roth, ein trübes Gelb, und mil-<lb/> derte die Finſterniß zur Dämmerung, das Licht, gefeſ-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0132]
geſſen worden, rollte ich bis zum Ufer, ſtellte ſie da auf
und ſetzte mich hinein, und ſah dem Eisgang zu; es
war mir eine behagliche, befriedigende Empfindung, ſo
als eingerahmtes Bild der erhabenen Winternatur in's
Antlitz zu ſchauen. Es war, als habe ich einer gehei-
men Anforderung Genüge geleiſtet. — Im Hinaufklet-
tern fand ich eben ſo kleine Lücken und Steine unter
Händen und Füßen, wie ich ſie brauchte. — Von nun
an konnte kein Wetter, kein Zufall mich abhalten, ich
überwand alle Schwierigkeiten; ohne zu wiſſen wie
fand ich mich an meiner Geiſtermauer, an der ich je-
den Abend hinabkletterte und in meiner Wanne ſitzend
dem Treiben der Eisſchollen zuſah. Eine ſtieß an's
Ufer, ich ſträubte mich nicht mehr gegen die dämoniſchen
Eingebungen, zuverſichtlich ſprang ich drauf und ließ
mich eine Weile forttreiben. Dann ſprang ich auf die
nächſte, bis ich endlich in der Mitte des Stromes da-
hin ſegelte. — Es war eine wunderbare Nacht! wa-
rum? — jeder Naturmoment iſt wunderbar, iſt unge-
heuer, wo er in ſeiner Freiheit waltet über den Men-
ſchengeiſt, ich habe mich ihm preis gegeben, und ſo
wirkte er als höchſtes Ereigniß. — Am fernen Horizont
ſchimmerte ein dunkles Roth, ein trübes Gelb, und mil-
derte die Finſterniß zur Dämmerung, das Licht, gefeſ-
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