[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Ich vergleiche Dich mit Recht jener freundlichen, Du bist kalt und freundlich und klar und ruhig, Ich vergleiche Dich mit Recht jener freundlichen, Du biſt kalt und freundlich und klar und ruhig, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0126" n="116"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Ich vergleiche Dich mit Recht jener freundlichen,<lb/> kalten Winternacht, in der ſich die Geiſter meiner be-<lb/> mächtigten, in Dir leuchtet mir nicht die Sonne, in Dir<lb/> funkeln mir tauſend Sterne, und alles Kleinliche, was<lb/> der Tag beleuchtet, ſchmilzt mir unberührt in ſeinen<lb/> vieleckigen Widerwärtigkeiten in erhabenen Maſſen zu-<lb/> ſammen.</p><lb/> <p>Du biſt kalt und freundlich und klar und ruhig,<lb/> wie die helle Winternacht; Deine Anziehungskraft liegt<lb/> in der idealiſchen Reinheit, mit der Du die hingebende<lb/> Liebe aufnimmſt und ausſprichſt, Du biſt wie der Reif<lb/> jener Winternacht, der die Bäume und Sträucher mit<lb/> allen kleinen Zweigen, Sproſſen und Knoſpen zukünfti-<lb/> ger Blüthe mit weicher Silberdecke umkleidet. Wie<lb/> jene Nacht, wechſelnd mit Mond- und Sternenlicht, ſo<lb/> beleuchteſt Du Dein Begreifen und Belehren in tauſend<lb/> ſich durchkreuzenden Lichtern, und deckſt mit milder Däm-<lb/> merung und verſchmilzſt im Schatten; die aufgeregten<lb/> Gefühle übergießeſt Du mit idealiſchen Formen, jede<lb/> Stimmung wird durch Dein liebendes Verſtehen indivi-<lb/> dueller und reizender, und durch Dein ſanftes Beſchwich-<lb/> tigen wird die heftige Leidenſchaft zum Genie.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0126]
Ich vergleiche Dich mit Recht jener freundlichen,
kalten Winternacht, in der ſich die Geiſter meiner be-
mächtigten, in Dir leuchtet mir nicht die Sonne, in Dir
funkeln mir tauſend Sterne, und alles Kleinliche, was
der Tag beleuchtet, ſchmilzt mir unberührt in ſeinen
vieleckigen Widerwärtigkeiten in erhabenen Maſſen zu-
ſammen.
Du biſt kalt und freundlich und klar und ruhig,
wie die helle Winternacht; Deine Anziehungskraft liegt
in der idealiſchen Reinheit, mit der Du die hingebende
Liebe aufnimmſt und ausſprichſt, Du biſt wie der Reif
jener Winternacht, der die Bäume und Sträucher mit
allen kleinen Zweigen, Sproſſen und Knoſpen zukünfti-
ger Blüthe mit weicher Silberdecke umkleidet. Wie
jene Nacht, wechſelnd mit Mond- und Sternenlicht, ſo
beleuchteſt Du Dein Begreifen und Belehren in tauſend
ſich durchkreuzenden Lichtern, und deckſt mit milder Däm-
merung und verſchmilzſt im Schatten; die aufgeregten
Gefühle übergießeſt Du mit idealiſchen Formen, jede
Stimmung wird durch Dein liebendes Verſtehen indivi-
dueller und reizender, und durch Dein ſanftes Beſchwich-
tigen wird die heftige Leidenſchaft zum Genie.
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