[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.der Umarmung der idealischen Liebe, die Sünde spiegelt Du saugst göttliche Freiheit aus dem Blick der Liebe, Es giebt ein wildes Naturleben, daß durch alle Wer die Tugend übt aus eigner Weisheit, der ist Ich habe oft mit dem Genius gespielt in der Nacht, So sprach der Dämon heute Nacht mit mir, da der Umarmung der idealiſchen Liebe, die Sünde ſpiegelt Du ſaugſt göttliche Freiheit aus dem Blick der Liebe, Es giebt ein wildes Naturleben, daß durch alle Wer die Tugend übt aus eigner Weisheit, der iſt Ich habe oft mit dem Genius geſpielt in der Nacht, So ſprach der Dämon heute Nacht mit mir, da <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0118" n="108"/> der Umarmung der idealiſchen Liebe, die Sünde ſpiegelt<lb/> ſich nicht im Aug' des Geliebten.</p><lb/> <p>Du ſaugſt göttliche Freiheit aus dem Blick der Liebe,<lb/> der Blick des Genius ſtrahlt göttliche Freiheit. —</p><lb/> <p>Es giebt ein wildes Naturleben, daß durch alle<lb/> Abgründe ſchweift, den göttlichen Genius nicht kennt,<lb/> aber ihn nicht verläugnet. Es giebt ein zahmes, culti-<lb/> virtes Tugendleben, das ihn von ſich ausſchließt.</p><lb/> <p>Wer die Tugend übt aus eigner Weisheit, der iſt<lb/> ein Sklave ſeiner kurzſichtigen Bildungsanſtalt. — Wer<lb/> dem Genius vertraut, der athmet göttliche Freiheit;<lb/> deſſen Fähigkeiten ſind zertheilt in alle Regionen, und<lb/> er wird ſich überall wiederfinden im göttlichen Element.</p><lb/> <p>Ich habe oft mit dem Genius geſpielt in der Nacht,<lb/> ſtatt zu ſchlafen, und ich war müde, und er weckte mich<lb/> zu vertraulichen Geſprächen und ließ mich nicht ſchlafen.</p><lb/> <p>So ſprach der Dämon heute Nacht mit mir, da<lb/> ich verſuchte Dir deutlich zu machen, in welchen wun-<lb/> derlichen Mittheilungen ich in dieſen Kinderjahren be-<lb/> griffen war; es ſetzte Gedanken in mir ab, ich erwog<lb/> ſie nicht, ich glaubte an ſie, ſie waren wohl andrer<lb/> Art, aber das Eigene hatten ſie, wie auch noch jetzt,<lb/> daß ich ſie nicht als Selbſtgedachtes, ſondern als Mit-<lb/> getheiltes empfinde.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0118]
der Umarmung der idealiſchen Liebe, die Sünde ſpiegelt
ſich nicht im Aug' des Geliebten.
Du ſaugſt göttliche Freiheit aus dem Blick der Liebe,
der Blick des Genius ſtrahlt göttliche Freiheit. —
Es giebt ein wildes Naturleben, daß durch alle
Abgründe ſchweift, den göttlichen Genius nicht kennt,
aber ihn nicht verläugnet. Es giebt ein zahmes, culti-
virtes Tugendleben, das ihn von ſich ausſchließt.
Wer die Tugend übt aus eigner Weisheit, der iſt
ein Sklave ſeiner kurzſichtigen Bildungsanſtalt. — Wer
dem Genius vertraut, der athmet göttliche Freiheit;
deſſen Fähigkeiten ſind zertheilt in alle Regionen, und
er wird ſich überall wiederfinden im göttlichen Element.
Ich habe oft mit dem Genius geſpielt in der Nacht,
ſtatt zu ſchlafen, und ich war müde, und er weckte mich
zu vertraulichen Geſprächen und ließ mich nicht ſchlafen.
So ſprach der Dämon heute Nacht mit mir, da
ich verſuchte Dir deutlich zu machen, in welchen wun-
derlichen Mittheilungen ich in dieſen Kinderjahren be-
griffen war; es ſetzte Gedanken in mir ab, ich erwog
ſie nicht, ich glaubte an ſie, ſie waren wohl andrer
Art, aber das Eigene hatten ſie, wie auch noch jetzt,
daß ich ſie nicht als Selbſtgedachtes, ſondern als Mit-
getheiltes empfinde.
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